Als Shias Wecker träumezerstörend laut klingelte, befand Asura sich kurz vor dem Ende des ersten Buches. Seine Augen waren geweitet, fokussiert auf das Buch und umrandet von dunklen Ringen. All seine Sinne steckten im Buch fest.
»Asura?«, fragte sie und suchte mit ihrer Hand nach dem Wecker. Schließlich fand sie ihn und knallte ihn an die andere Wand, wodurch sein nervenzermürbendes Piepen endlich ein Ende fand. Asura zuckte überaus erschrocken zusammen, woraufhin sie nur etwas erheitert lachte und, nachdem sie aus ihrer Deckenhülle gekrochen kam, über seine Schulter blickte. »Oh, du bist gleich fertig.« Sie klopfte ihm fürsorglich auf die Schulter. »Ich hol dir mal lieber Taschentücher. Das Ende bricht Herzen.«
»Passt schon«, sagte er und schloss das Buch mit einem allzu lauten Knall zu. »Bin durch.« Daraufhin hockte sich Shia vor ihn hin und musterte ihn äußerst kritisch. Keine einzige Träne. Sie nickte begeistert.
»Nicht schlecht.« Sie half ihm hoch, wobei seine Hand eine Sekunde zu lang in ihrer blieb, ehe sie sich losließen. »Bist du nicht traurig?«, fragte Shia und sah selbst traurig auf das Buch hinab, welches sie tagelang zum Weinen gebracht hatte. Sie war sehr nah am Wasser gebaut.
»Doch. Aber wenn du tot bist kann dein Herz so ziemlich nichts mehr zerbrechen.«
Sie musste schlucken, warf ihm einen kurzen Blick zu, ehe sie nervös mit den Fingern rang und einen Blick zur Tür warf. »Soll ich dir etwas zu essen hochbringen oder so?«
»Nope. Ich essen nichts.«
»Oh. Gar nichts?«, fragte sie verwirrt und er nickte langsam.
»Denkst du wirklich, Geister essen was?«, lachte er dann spöttisch und sie schlug ihm ruppig gegen die Schulter.
»Lach mich nicht aus!«, sagte sie laut. »Ich mach mir nur Sorgen«, schob sie dann zerknirscht nach, mochte es ursprünglich nicht, so grob und laut zu sein.
»Musst du nicht. Ich bin schon lange allein unterwegs. Allein die Tatsache, dass ich heute auf einem flauschigen Teppich, unter einer warmen Decke liegen durfte und mit einem guten Buch in der Hand, sind mehr, als ich erwartet hätte. Vielleicht auch mehr, als ich verdient habe. Außerdem kann mir ohnehin nichts mehr passieren.« Er zuckte unbekümmert die Schultern.
»Na gut«, sagte sie. »Warte mal, was meinst du mit verdient?« Ihre Augen wurden riesengroß und sie wich einige Schritte zurück.
»Keine Angst, hab schon keinen umgebracht«, versuchte er sie zu beruhigen und kam wieder näher.
»U-umgebracht?«, rief sie entsetzt und er konnte ein amüsiertes Lachen nicht länger unterdrücken.
»Ich mach nur Spaß!« Shia rieb sich über ihre Oberarme, denn sie hatte das Fenster über Nacht offen gelassen und nun, außerhalb des wärmenden Kokons ihres Bettes, begann sie allmählich zu zittern und eine Gänsehaut bildete sich auf ihren Armen.
»Über sowas macht man keinen Spaß.«
»Weiß ich doch.« Er verdrehte die Augen und ließ sich gleich einer Marionette, der die Fäden durchgeschnitten wurden, auf Shias Bett fallen. Als Shia sich umdrehte verschränkte sie die Arme und zog verärgert ihre Augenbrauen zusammen.
»Asura...«, warnte sie streng und er schaute unschuldig aus dem weichen Bett auf, erinnerte an einen Hund, der sich be jeder Gelegenheit auf's Bett stahl.
»Was? Ich dachte du meinst wenn du nicht drauf bist? Ist gut, ich bin ja schon weg. Schau mich nicht so an! Gott, du machst einem ja Angst mit diesem Blick!«
»Ich hatte dich doch schon gewarnt. Kannst du bitte kurz rausgehen? Ich würde mich gerne umziehen, also...« Shia machte eine vage Handbewegung zur Tür hin.
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Asura
Teen FictionEines Tages taucht in Shias trostlosem Leben ein merkwürdiger Junge auf und sie beginnt, all ihre Zeit mit ihm zu verbringen, er ist immerzu bei ihr, gleich einem Schatten. Bald schon prägt sie eine noch viel tiefere Bindung als das und sie muss rea...