Kapitel 6

30 7 0
                                    

Völlig verdutzt verharrte sie einen Moment regungslos, bis sie ebenfalls die Arme um ihn schlang. Sie konnte gar nicht anders, als seine sanfte Umarmung zu erwidern. Es fühlte sich so richtig an, in seinen Armen zu liegen, ihre Arme um ihn zu schlingen, beinahe so, als wären sie eins. Als wäre sie selbst endlich ganz. Sie spürte, wie sie selbst immer kälter und kälter wurde, wie ihr jegliche Wärme entzogen wurde...

»Wenn ich könnte, würde ich dir alles geben«, wisperte sie, nicht wissend, woher diese plötzliche Gefühlsregung kam, nur wissend, dass sie es ernst meinte. Sie würde ihm alles geben. Ihr Leben. Ihre Seele. Ihr ganzes Sein.

»Nein«, sagte er leise und drückte sie noch fester, sodass sie schon fast nicht mehr atmen konnte. »Sag das nicht.«

»A-asura du zerdrückst mich«, keuchte sie, doch er ließ einfach nicht locker, als würde er sie gar nicht hören. »Was meinst du damit? Warum soll ich das nicht sagen?«

Er zögerte lang, bevor er antwortete, sie dachte fast, sie würde gar keine Antwort mehr bekommen. Seine Finger krallten sich in ihren Hoodie am Rücken und an der Taille, als wollte er sich festhalten. Noch viel leiser als zuvor flüsterte er: »Weil ich sonst auf dumme Ideen komme.«

»W-was denn für dumme Ideen?«, stotterte sie leise, doch er vergrub nur sein Gesicht in ihrer Halsbeuge, atmete den sanften Duft ihrer Haut ein.

»Das willst du gar nicht wissen«, wisperte er und ein Schauer überlief sie, als dabei sein kalter Atem über ihre Haut strich. Innerhalb weniger Sekunde schon vergaß sie seine Worte, vergaß alles um sich herum, das einzig Wichtige war nur noch sein Körper, der sich gegen den ihren presste, seine Haut an ihrer, dieses unglaubliche Gefühl von tiefer Nähe.

»Wir sollten gehen«, sagte Asura mit einem Mal, sah sie ernst an. »Du bist ganz kalt.«

Sie zuckte zusammen, als seine eiskalte Hand sich gedankenlos in ihren warmen Nacken legte. »B-bist du dir sicher?«, fragte sie noch einmal eindrücklich. Asura nickte, sein Blick fiel für den Bruchteil einer Sekunde auf ihre Lippen, dann wieder in ihre Augen. Shia nahm seine Hand von ihrem Nacken, irgendwann wurde es ihr dann wohl doch zu kalt. Stattdessen ließ sie seine Hand einfach wieder in seine gleiten und lächelte ihn aufmunternd an, nicht dass er noch dachte, dass sie etwas gegen ihn hatte. Oder gegen seine Berührungen...

Sein Blick blieb monoton auf ihrem, während er seine Finger mit ihren verschränkte und ihr Herz einen Hüpfer machte. »Sicher«, bestätigte er und erwiderte dann endlich ihr Lächeln. »Gehen wir.«


Zurück im Hotel angekommen setzte Shia sich aufs Bett und suchte bereits nach einer Bahnverbindung nach Hause. Dann kam der Anruf. Erschrocken zuckte sie zurück, auf ihrem Display stand Mama und es wollte einfach nicht aufhören zu klingeln. Verdammt. Hatten sie mitbekommen, dass sie weg war? Aber das konnte doch gar nicht sein, sie sollten erst übermorgen nach Hause kommen. Außer Firo hatte sie angerufen und ihnen gesagt, dass sie verschwunden ist. Aber hätte er sie nicht vorher versucht zu erreichen? Oder wollte er es ihr einfach heimzahlen? Sie dachte so lange darüber nach, dass das Klingeln letztendlich verstummte und sie nur noch mit klopfendem Herzen zurückblieb, nervös auf ihrer Unterlippe kaute und die Mitteilung über den verpassten Anruf anstarrte.

»Was ist?«, fragte Asura, als er vom Balkon wieder ins Zimmer trat und ihren besorgten Gesichtsausdruck sah.

»Meine Mutter hat angerufen«, sagte sie leise, starrte immer noch auf den Bildschirm. »Ich... Ich sollte zurück rufen, oder? Wer weiß schon was ist? Vielleicht sind sie zu Hause. Vielleicht kommen sie früher, oder vielleicht hat Firo ihr wieder irgendeinen Mist erzählt«, redete sie panisch los und lief im Kreis herum.

AsuraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt