Ängstlich schaute ich in sein Gesicht. Es sind zu viele, zu viele Menschen die auf meinen Auftritt warteten. Ich würde versagen. Verzweifelt sank ich auf die Knie. ,,Was ist anders am Tanzen? Singen konntest du vor doppelt so vielen Menschen." Seine Stimme klang sanft in meinem Ohr wieder. So viele Wochen hatten wir zusammen verbracht und doch kam ich nicht über die Schönheit seiner Stimme hinweg. Schulterzuckent ließ ich meinen Kopf gegen sein Knie sinken. Tanzen war halt anders. Man konnte das nicht mit singen vergleichen, ich jedenfalls nicht.
,,Komm in einer Minute bist du dran. Ich habe schon verstanden das es dir schwer fällt, aber du kannst jetzt keinen Rückzieher machen! Tu es für mich. Tanz!" Er hob mein Kinn hoch und beugte sich zu mir herunter. Ich hatte das nicht kommen sehen. Hatte nicht damit gerechnet und war jetzt völlig überrascht. Kurz bevor sich unsere Lippen trafen lächelte er mich schelmisch an. Und dann geschah es. Völlig unvorbereitet überschmemmten mich Gefühle von denen ich nichts gewusst hatte. Wann waren sie entstanden? Gerade eben?
Der Kuss dauerte eine Ewigkeit und länger. Alles andere verschwand aus meinem Kopf. Da war nur noch er. Seine weichen Lippen, das Stoppelkinn, seine zarten Hände die auf meinen Wangen ruhten. Er musste den Kopf zu mir hinunter beugen, da ich auf der Erde kauerte. Am liebsten wäre ich für immer in dieser Position verharrt. Doch viel zu schnell löste er sich von mir. Lange sah ich zu ihm auf. In meinem Kopf schrien tausende von Fragen, doch ich ignorierte sie. Diesen Moment durfte man nicht zerstören.
Mein Name wurde aufgerufen. Ich hörte ihn nur gedämpft. Mein letzter Blick, bevor ich auf die Bühne ging, galt ihm. Er lächelte. Voller Liebe.
Und dann begann das Lied. Mein Lied. Seit zwei Monaten übte ich hierfür. Das war meine Chance den Menschen zu zeigen das ich immer noch lebte. Einige meiner früherer Fans waren da. Hielten Plakate hoch und grölten meinen Namen. Ich lächelte kurz in die Menge, konzentrierte mich dann aber auf einen konzentrierten sehnsüchtigen Blick und begann meinen Tanz. Alles um mich herum verschwamm, wie beim singen. Da war nur noch ich und mein Körper und der Kuss. Ich spürte ihn noch so deutlich auf den Lippen! Mit Leichtigkeit vollführte ich Drehungen, Sprünge und kompliziert Schritte. Es war alles so unglaublich einfach. Das harte Training hatte sich ausgezahlt, die Schmerzen, Krämpfe und wunden Füße hatte mich zur Perfektion dieses Tanzes gebracht.
Und dann, mit dem letzten Ton des Liedes schoss es durch meinen Körper. Ein Schmerz- nein eine Erkenntnis, eine Erleuchtung. Ich liebte ihn! Ich liebte ihn mehr als mich selbst. Mehr als alles auf der Welt. Seit er mich aufgenommen hatte, liebte ich ihn.
Nach drei schnellen Verbeugungen eilte ich von der Bühne. Das Publikum jubelte lautstark. Er stand an der Treppe und wartete auf mich. Gerade wollte er etwas sagen, doch ich schnitt ihm das Wort ab und küsste ihn. So leidenschaftlich und gefühlvoll wie ich nur konnte. Am Ende rangen wir beide nach Atem. Hektisch sah ich mich um. Ob hier jemand einen Zettel hatte? Ich entdeckte einen Notizblock und einen Stift. Eilig kritzelte ich ein paar Worte darauf und gab ihm den Zettel.
Als ich tanzte erkannte ich etwas. Ich liebe dich!
Er starrte mich an fasste mich an der Hand und küsste mich noch einmal. ,,Ich liebe dich auch. Du warst heute die wundervollste Tänzerin von allen."
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Schmerz ist ein wandelbares Gefühl.
Romansa,,TANZ! TANZ!", rief er und ich gehorchte. Meine Füße bluteten, mein ganzer Körper krampfte sich immer wieder zusammen und Tränen liefen mir über die Wangen. Aber ich tanzte weiter bis er zufrieden nickte. Nach der fünfzehnten Wiederholung des Liede...