»Ich habe so einige Katastrophen im Kühlschrank gesehen«, flüsterte Ivy ihrer Freundin Malia zu, als beide vor der geöffneten Türe dieses standen. »Aber DAS ist mit Abstand die schlimmste Katastrophe.«
Malia konnte nicht einmal mehr antworten, nur stumm nicken, denn in diesem winzigen Kühlschrank ihrer WG befand sich einfach ein grüner Wald. Ein grüner Wald bei Sonnenuntergang. Wenn man die Hand durchsteckte konnte man das warme Gefühl des Lichts auf seiner Haut spüren.
»Es ist ein Portal«, setzte Ivy dann irgendwann noch hinzu. »Definitiv ein Portal zu einer anderen Welt.«
»Ist bestimmt entstanden weil du letztens deine Essenreste nicht weggeschmissen und einfach wieder in den Kühlschrank getan hast«, witzelte Malia nervös, sich fragend, ob sie ihre Freundin nicht fragen sollte, ob die beiden es nicht mal probieren sollten, hindurchzugehen. Schließlich standen Prüfungen kurz bevor und wer würde da nicht gerne woanders sein - in einer anderen Welt zum Beispiel.
»Malia! Sag mal spinnst du??«, schrie Ivy und zog sie am Handgelenk weg vom Kühlschrank, als sie gerade eintreten wollte.
»Jetzt hab dich nicht so! Was soll denn schon passieren? Erfrieren werden wir schon nicht!«
»Oooooh nein!«, sagte Ivy kopfschüttelnd, ging einen großen Schritt vom Kühlschrank weg und verschränkte ihre Arme. »Vergiss es, Süße. Mich kriegst du da nicht rein!« Stolz warf sie ihre Haarpracht nach hinten und hob ihr Kinn an.
»Oh. Na dann geh ich halt alleine«, sagte Malia und machte einen Hechtsprung kopfüber hinein in den Kühlschrank. Sie landete hart auf dem Waldboden und richtete sich auf, klaubte Blätter und Erdklumpen aus ihren Haaren. Triumphierend grinsend drehte sie sich um. »Na siehste, war doch gar nicht -« Erschrocken hielt sie inne. Sie war allein, kein Fenster zurück in ihre WG schwebte magisch über dem Boden, wie sie es sich immer gedacht hatte. »Shit«, murmelte sie. »So hab ich mir das natürlich nicht vorgestellt...«
Panisch drehte sie sich mehrere Male um sich selbst, um vielleicht doch noch den Weg zurück zu finden. Vielleicht war er ja über oder unter ihr. Aber es gab keinen Ausweg mehr. Sie fing an zu laufen, zu rennen, doch der Wald schien riesig zu sein und auch nach stundenlangem Rennen fand sie keinen Ausweg. War sie jetzt in diesem Wald gefangen?
Irgendwann sah sie ein Licht in weiter Ferne und Erleichterung durchflutete sie, konnte wieder beruhigt atmen ... zumindest ein wenig beruhigter. Endlich ein Hoffnungsschimmer. Nach einigen Schreckensminuten, in welchen die Sonne komplett unterging und sie in einem nun nicht mehr ganz so schönen Wald zurückließ kam sie endlich vor einem großen Holzhaus an. Es sah sehr alt aus, doch aus den Fenstern schien ein warmes Licht. Sollte sie... sollte sie es mal versuchen? Zaghaft klopfte sie an und ein Junge machte auf. Er musterte sie von oben bis unten, ehe er sich lässig an den Türrahmen lehnte. »Willkommen bei den sieben Zwergen«, grinste er. »Was kann ich für dich tun?«
Verdutzt schaute sie zu ihm hoch. »Aber... Zwerge sind doch viel...«
»Kleiner? Tja, Süße, da hast du dich aber gewaltig geirrt!« Er warf ihr ein schelmisches Grinsen zu.
»Naja. Ähm... Sag mal... Hättet ihr noch Platz für ein hoffnungslos verirrtes, armes Mädchen?« Sie klimperte angestrengt mit ihren Wimpern.
»Ahahah«, lachte er. »Hör bloß auf mit dieser Scharade, wir würden dich auch ohne Wimpernklimpern aufnehmen.« Er hielt verdutzt inne. »Das hat sich gereimt. Ich bin ein Genius.«
Sie hob eine Augenbraue. »Wow«, sagte sie ironisch. »So genial!«
Er schmunzelte. »Du bist komisch. Aber du gefällst mir.« Er ging ein Stück von der Tür weg. »Treten Sie ein, Miss...?« Grinsend trat sie in die gemütliche Hütte ein. »Malia«, ergänzte sie ihn.
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Jenseits des Kühlschranks
Roman pour AdolescentsZwei Mädchen verirren sich in ihrem Kühlschrank in einem Wald und treffen dort auf die chaotischsten Knallköpfe, denen sie jemals in ihrem Leben begegnen werden - und vielleicht auch auf die Liebe :D