Die dunklen Geheimnisse der Familie Moreno - Part I

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Als June erwachte, hatte sie furchtbare Kopfschmerzen. Es fühlte sich an, als würden kleine Wichtel in ihrem Kopf herumfliegen und mit Hammer und Nägel gegen ihre Schädeldecke schlagen.

Noch ein wenig benommen richtete das Mädchen sich auf. Hatte sie geschlafen? Was war passiert? Verschwommen kamen die Erinnerungen zurück an das, was gewesen war. Da war diese Spieluhr gewesen, dann ein schwarzer Blitz und unsägliche Schmerzen.

June hatte die wage Vermutung, eventuell sogar eine Nahtod-Erfahrung gemacht zu haben. Das, was vor ihrem inneren Auge abgelaufen war, kam dem sehr nahe, was Betroffene darüber  berichtet hatten.

June hatte ihr Leben an sich vorbeiziehen sehen. Von klein auf bis zu ihrem jetzigen Zeitpunkt.

June hatte ihren Vater wiedergesehen. Ariano hatte sie im Arm gehalten und war die Stufen eines Gebäudes hochgegangen. June konnte noch nicht laufen, hatte aber schon viele schwarze Büschel auf dem Kopf gehabt. Sie hatte gesehen, wie ihr Vater sie hochgenommen und sie geküsst hatte. Wie er über ihren Kopf zärtlich strich und wie June ihm mit ungeschickten Fingern und einem Lachen die Brille von der Nase geschoben hatte. Ariano hatte genauso ausgesehen, wie auf den Zeichnungen von Kimberley. Ein ziemlich großer, sehr schlanker Mann mit niedlichen Lachfalten im Gesicht. Die Augen rehbraun und liebevoll in seinem markanten Gesicht gebettet. Er hatte weißblonde Strähnen auf dem Kopf, die ihm ausgewachsen waren. Der schwarze Ansatz auf seinem Scheitel zeigte dieselbe Haarfarbe, die auch June besaß. 

June fühlte eine innerliche Wärme, wenn sie an die Begegnung mit Ariano dachte.  Sie waren sich in ihrer geistigen Eingebung auf einer Wiese begegnet. Es war ruhig, nur der Wind war durch die Bäume geweht und irgendwo in der Ferne hatte ein Bach geplätschert. Ariano war kein normaler Mensch gewesen. Aber auch kein Geist. Er hatte seinen Körper und sah gesund und vital aus. Doch als June nach ihm greifen wollte, griff sie ins Leere. Ihre Hand glitt in ihm hindurch wie bei einer Wolke.

„Meine liebste June.", hatte er in einer sanften Tonlage gesagt. In einer so sanften und liebevollen Tonlage, wie June es noch nie bei einem Mann gehört hatte. 

„Ich bin so stolz auf dich! Dein Leben ist noch nicht zu Ende. Ich bin immer bei dir, auch wenn du mich nicht sehen kannst. Es geht nicht darum, welchen Blutstatus du hast oder als was du geboren wurdest. Es geht auch nicht mehr darum, wer die Jahrgangsbeste ist oder wer das meiste Geld hat. Es kommt eine Gefahr auf euch zu. Ihr müsst stark sein und ihr müsst zusammenhalten. Was vor allem wichtig ist, das ist die Liebe. Die Menschen, die du liebst. Und die Menschen die dich lieben. Sei lieb zu allem um dich herum. Sei lieb zu den Tieren und auch zu den Pflanzen. Schenke ihnen deine Sonne, die in deinem Herzen strahlt."

Das waren seine Worte gewesen, bevor er verschwunden war.

Und dann hatte sie ihre Mutter gehört. Und Severus. June war aufgewacht und hatte ihre besorgten Gesichter gesehen. In diesem Moment meinte June, sie hätte verstanden, worauf es im Leben wirklich ankam. Jetzt aber fühlte sie sich ausgelaugt. Sie hatte Durst. Ihr Mund und ihr Hals war ganz ausgetrocknet. Vorsichtig reckte sie die Beine vom Bett herunter und berührte mit ihren nackten Füßen die kalten Holzdielen. Auf dem Nachttisch stand ein Glas Wasser, welches sie in einem Zug austrank, bevor sie sich dazu entschied, aufzustehen. Als sie das Gleichgewicht gefunden hatte, tapste sie zur Tür und öffnete sie.

June trug ein graues T-Shirt und ihre weiße Schlafanzughose. Jemand musste sie umgezogen haben. Im Hausflur war es kühl. Doch June tapste zu den Treppenstufen. Sie hörte Stimmen. Und sie kamen aus der Küche.

Molly hatte die Tür also nicht vor Lauschern geschützt. Sie war doch sonst nicht so unvorsichtig. War sie vielleicht gerade gar nicht hier? Leise auf Zehenspitzen schlich sie hin und legte ihr Ohr an das Holz. Sie hörte die Stimme ihrer Mutter Kimberley:

SERENDIPIA - der Tanz zwischen Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt