Der Palast der Lügen - Band 2

Pfaublaue Livree

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          Instinktiv rückte ich von der Tür ab. Das konnte kein Zufall sein. Wir hatten ein Problem.

Als der Inspektor mir nicht gleich folgte, trat ich wieder vor, packte ihn am Ellenbogen und schloss die Tür vor seiner Nase. Verwirrung war eine Untertreibung für das, was durch sein Gesicht wanderte, doch er protestierte nicht.
„Liege ich richtig in der Annahme, dass ihr beide sie kennt?", fragte er stattdessen, eine langen Blick zu dem offenen Notizbuch auf seinem Schreibtisch werfend.

„Ich nicht", gab ich zurück und faltete die Hände vor meinem Oberteil, „Aber er." Von allem, womit ich in dem Zimmer gerechnet hatte, war sie nicht dabei gewesen.
Um vollkommen ehrlich zu sein, hätte ich nie erwartet, sie jemals kennen zu lernen.

Ein kleiner Funke Erleichterung breitete sich in meiner Brust aus, als mir bewusstwurde, dass das Geheimnis meiner Doppelgängerin weiterhin eines bleiben würde. Die Tür zum Krieg schloss sich wieder. Für den Moment war Clevem sicher.

Eine längere Pause erstreckte sich zwischen uns, in der der Inspektor mich geduldig ansah. Als ich fortwährend auf meine Hände starrte, bohrte er nach. „Irgendein Interesse daran, mich in den Fortschritt meiner eigenen Ermittlungen einzuweihen?"

Meine Wangen plusterten sich auf. Er hatte wirklich eine Art an sich, die mir trotz all seiner Höflichkeit gegen den Strich ging. Leider änderte das nichts daran, dass er eine Antwort verdiente. „Ich dachte, sie hätte einen Fischhändler geheiratet."

Seine Brauen schoben sich zusammen und er gab dem Bedürfnis nach, sein Notizbuch aufzuschlagen. „Nein. Ihr Name ist zwar Minetel, aber ihr Mann ist aus dem Vanna-Adel in Piliee. Hat sogar Anspruch auf den Thron. Wenn auch nur einen sehr geringen."

Anspruch auf den Thron? Thronfolge wurde in Chroniken dokumentiert! War sie deshalb unten im Archiv gewesen? Änderungen an der Thronfolge? Dann steckte sie auch hinter dem Einbruch in Piliee. Was wiederum bedeutete, dass sie in Kontakt mit meiner Doppelgängerin stand. Hatte sie sie angeheuert?

Wieder entstand eine längere Pause, doch dieses Mal sprach ich, bevor der Inspektor es nicht mehr aushielt. „Caridad wollte sie heiraten, bevor sich ihr Nachname in Minetel änderte. Der Primus erlaubte es damals nicht."

Ein Herzschlag, dann noch einer. Inspektor Hedox räusperte sich. „Das soll vorkommen", murmelte er rau, mit einem flüchtigen Blick zu mir.

Von mir aus konnte er ruhig mal ein, zwei Wochen mit Constantin und seinem Hofstaat verbringen. Danach war der Primal Palast ein Urlaub. Bis jetzt hatten wir erst eine Leiche und dessen Identität war sicher von mehreren Männern bestätigt worden. Leider half mir das nicht sonderlich in diesem Fall.

Die Stille zwischen uns zog sich, jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, bis Caridad wieder aus dem Zimmer kam. Er sah aufgebracht aus. Aufgebrachter, als ich ihn bei der Verkündung seiner eigenen Hinrichtung gesehen hatte. „Jemand versucht ihr, den Mord anzuhängen", erklärte er, die Tür hinter sich zuwerfend. Hedox und ich tauschten einen Blick, doch er sprach bereits weiter: „Sie sagt, sie hat vor knapp einer Woche einen Brief bekommen, in dem stand, dass der Primus gedenke ihren Mann aus dem Familienbaum der Vanna zu schneiden."

Jetzt sahen wir beide ihn an, ich bemüht diese Information in mein Gesamtbild einzufügen, das von einem farbenblinden Maler erdacht worden war. „Vor einer Woche? Das war knapp nach dem Überfall auf das Archiv." Ohhh, das ging in eine Richtung, die mir nicht gefiel.

Der Inspektor ging an mir vorbei und lehnte sich kurz aus der Tür, ein paar Worte zu einer weiter entfernten Wache rufend. Seine Anweisungen waren knapp: Durchsucht Lady Minetels Zimmer. Findet den Brief. Schließlich kehrte er zu uns und der Konversation zurück. „Sie ist ins Archiv gelaufen, weil sie nachsehen wollte, ob es stimmt?"