I know it may not be - Erwachte Hoffnung

7 - Das Zuhause-Gefühl

Am Abend schicke ich ihm eine Freundschaftsanfrage auf Facebook. Zum ersten Mal schaue ich mir sein Profil näher an und entdecke dabei, dass er eine Freundin hat. Das hätte ich mir zwar auch schon denken können, aber die Hoffnung, dass er Single ist, hat immer überwogen. Nun habe ich es Schwarz auf Weiß, dass er in einer Beziehung ist. Und das auch schon seit fast 4 Jahren. Es fühlt sich komisch an, einerseits freue ich mich für ihn, andererseits tut es weh. Ich meine, was hab ich denn erwartet? Für mich wäre er doch so oder so nicht zu haben.
Ab jetzt sind erst mal Ferien und vielleicht schaffe ich es, mich emotional etwas von dem ganzen Gefühlschaos der letzten Wochen zu entfernen. Ich muss ohnehin damit rechnen, dass ich ihn nicht mehr sehen werde, da ist Ablenkung sicher nicht falsch.

Dass es mit der Ablenkung gar nicht mal so einfach werden soll, zeigt mir jedoch seine Annahme meiner Freundschaftsanfrage diesen Sonntagmorgen. Erneut gehe ich auf sein Profil und kann nun wesentlich mehr sehen als zuvor. Also scrolle ich durch seine Statuseinträge und muss hier und da wirklich lachen. Auch Bilder seiner Freundin sind dabei, die ich mir natürlich genauer ansehe. Sie wirkt ganz nett und wenn ich das richtig verstehe, haben die beiden sich durch Fußball kennengelernt. Ich weiß bereits, dass er Trainer ist und auch selbst spielt, aber ich wusste nicht, dass er unter anderem der Trainer seiner Freundin ist. Naja und genau genommen geht mich das auch gar nichts an. Dennoch interessiere ich mich für seine Vergangenheit und kann nicht aufhören, immer weiter in seinem Profil zu lesen. Hier und da sehe ich Kommentare von Schülern und auch von anderen Lehrern der Schule. Bis ich auf einen Post von ihm stoße, der mir reine Gänsehaut verpasst.

Am 30. Sep. 2011 um 14:58
Denn da alle Liebenden innerlich noch Kind,
und da die, die reinen Herzens handeln unsere
größten Helden sind,
rett' ich die Welt mit deiner Liebe in mir,
denn ich bin für Dich da, nein ich bin wegen Dir hier.
Da Dir die Fähigkeit zu lieben geblieben ist,
und die Kraft zu vergeben ein Bestandteil Deines
Lebens ist,
wurde ich erweckt und was tief in mir schlief,
führt nun Feder und schreibt Dir diesen Liebesbrief.

Erst beim zweiten Hinschauen bemerke ich, dass er diesen Text nicht selbst geschrieben hat, aber das ist auch gar nicht wichtig, denn er ist so aussagekräftig.
Danach schließe ich Facebook und starte mit den Vorbereitungen für meine Geburtstagsfeier, obwohl ich natürlich nicht ganz bei der Sache bin. Da ich dieses Jahr 18 geworden bin und mein Vater 50 wird, haben wir ein Wanderheim für das ganze Wochenende über seinen Geburtstag gebucht und ein guter Freund, Tyler, hat mir angeboten, mich zu unterstützen.
Die nächsten Tage verbringen wir also damit, zum Wanderheim zu fahren und schon mal Ideen zu sammeln, wie wir die Außenanlage herrichten werden und eine Playlist mit „Gute-Laune-Party-Musik" zu erstellen. Da Tyler sich mit Technik gut auskennt und von Lichtanlage bis hin zur Nebelmaschine gut ausgestattet ist, leiht er mir sein Equipment für den gesamten Zeitraum. Er ist wirklich ein Freund, auf den man sich verlassen kann und ich bin unglaublich froh, ihn in meinem Leben zu haben.

Mittwoch, 29.07.15 – verfasst um 22:25 Uhr
Die letzten Tage habe ich mich ganz gut ablenken können, doch heute hat Tyler keine Zeit und ich sitze schon den ganzen Tag an der Playlist und ein paar Spielideen. Was kann man denn gut mit 15-20 Leuten spielen? ... Klimpern habe ich auf jeden Fall schon mal aufgeschrieben und Wikinger-Schach steht auch auf dem Plan. Einfacher wäre das alles, wenn ich mich besser konzentrieren könnte, doch das ist heute beinahe unmöglich. Zudem habe ich eben eine Nachricht an Herrn Kleeven geschrieben und ich weiß nicht, ob das eine gute Idee war.
29.07.15 22:09
„Hallo Herr Kleeven, ich wollte mal nachfragen, ob wir die Bilder mit ihnen eigentlich auch bekommen..? :) lg"
Bisher hat er es noch nicht gesehen und irgendwie habe ich etwas Bedenken, dass er vielleicht gar nicht will, dass ich ihm schreibe. Immerhin bin ich nur eine –vielleicht ehemalige- Schülerin. Andererseits ist die Frage nach den Bildern nicht schlimm oder? Wir sind ja auch drauf und es gibt bestimmt mehrere von uns, die gerne das Erinnerungsbild mit ihm hätten.
Es ist gerade alles andere als leicht für mich, nicht an den Moment zu denken, an dem er mich umarmt hat. ... Und daran, wie wohl ich mich dabei gefühlt habe. Es fühlte sich an, als sei ich endlich angekommen, als würde alle Last von mir abfallen. Ich fühlte mich so unbeschwert. Es war keine lockere Umarmung, ganz im Gegenteil. Es war angenehm fest, innig... wunderschön.