Kapitel 25:

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Ich kann wieder mal nicht einschlafen. Diese schlaflosen Nächte rauben mir noch bald den Verstand und diesen brauche ich noch. Als ich mich im Bett erhebe und zum Fenster nach draußen in den schneebedeckten Wald schaue, komme ich auf meine alte Idee zurück. Ich ziehe meine Kleider an und ziehe meine Winterjacke über. Dann öffne ich das Fenster und klettere an der Mauer hoch aufs Dach. Es ist leichter als gedacht, denn bei dieser eisigen Kälte kann man nichts waghalsigeres tun. Als ich über das Dach ging, versuche ich mein Gleichgewicht zu halten und mich langsam hinzusetzten. Mir ist die Nässe inzwischen komplett egal. Ich erblicke im Horizont das Meer, ich höre das Rauschen und das Schlagen des Wassers gegen die Felsen und Klippen. Dann kommen wieder die Erinnerung von jener Nacht; seine Lippen auf meine, sein Körper über meinem. Ich zittere bei dem Gedanken. Plötzlich erschrecke ich. Hinter mir kommt Bucky übers Dach und setzt sich neben mich. 

„Machst du das oft?" 

Ich schüttele den Kopf und er muss kurz lachen. 

„Was ist daran so witzig?", frage ich.

„Du erstaunst mich immer wieder, Skyeward." 

Ich schaue wieder zum Horizont und es wird immer kälter, je länger ich hier sitze. 

„Weißt du etwas über dein altes Leben?", frage ich ihn ohne nachzudenken, wie es ihm bei dieser Frage überhaupt geht.

Er schaut mich seltsam an und legt seine Stirn in Falten. „Ja. Ich erinnere mich an meinen Freund... Steve. Ich erinnere mich sogar etwas an meine Eltern..."

Durch seine Worte kommen selbst in mir Erinnerungen hoch, die ich schon fast wieder vergessen habe.


Flashback

Seine langen Haare wehen ihm ins Gesicht und er beißt die Zähne zusammen, wenn er seinen Arm soweit austrecke, wie möglich, aber unsere Fingerspitzen sind nicht nahe genug. Ich erschrecke, als die Stange – an der er sich festhält – etwas nach unten rutscht. Ich komme zum Entschluss, dass ich ebenfalls aus der Wand nach draußen klettern muss, um ihn zu retten.

„Was machst du da?", schreit er mich an, doch ich gebe ihm keine Antwort.

Ich rede nicht mit ihm und das, glaub ich, ist das Beste. Ich halte meine Hand an einer eiskalten Stange fest, welche neben der kaputten Mauer steht, fest und ich somit seine Hand erfassen kann. Gerade in diesem Moment reißt seine Stange komplett ab und ich bekomme sie noch gerade an seinem Handgelenk zu fassen, sodass er in der kalten Luft herumwedelt. Er ist schwer, aber ich kann ihn noch halten und ihn hochziehen.

Als ich ihn mit einem Schwung nach oben werfe, klettert er an der Kante des Waggons hoch, doch da bekomme ich plötzlich keinen Halt mehr und rutsche von der Stange ab gerade in die Tiefe. Doch, als er ebenfalls mein Handgelenk ergreift, schaue ich erschrocken zu ihm hoch. Und ich könnte schwören, dass er leicht lächelt, als er mich hochzieht.

Als wir beide an der Kante des Waggons sitzen, schaut er nach unten in die Tiefe und schüttelt seinen Kopf. Verwirrung steht in seinem Gesicht geschrieben und ich kann nicht verstehen, was gerade in seinem Kopf vorgeht.

Flashback ende


„Skye? Skye?" Er schaut mich verwirrt an. „Ich habe gefragt, ob du dich erinnerst." 

Ich nicke, aber es sieht nicht gerade überzeugend aus. „An so gut wie alles." Dann kommt eine Frage in mir hoch, und ich bin zu neugierig, um sie vor Bucky zu verheimlichen.

„Bucky, ich ehm... habe eine Frage." 

„Schieß los." 

Ich atme kurz ein und wieder aus. „Wie hat Hydra dich gefunden? Ich meine... damals..." 

Er stockt und ich spüre, wie unangenehm diese Frage für ihn ist. Seine Laune, die gerade noch so gut war, schießt direkt auf null. 

„Es war in den Bergen. Kälte trieb über uns. Wir hatten den Auftrag, Hydras Zug zu vernichten. Aber es ging schief..." 

Er redet, als hätte er es vor kurzem erlebt und weiß noch jedes Detail ganz genau. 

„Bucky...", murmele ich. „So wie bei dem Training?" 

Er runzelt die Stirn und versteht nicht ganz, was ich meine. 

„Als wir beide noch zu Hydra gehörten und in dieser Glaszelle ein Trainings zusammen gemacht hatten." 

Sein Gesicht entspannt sich. „Genauso." 

Ich sinke den Blick und ich fühle mich schuldig. Ich zucke zusammen. Es ist nicht die Angst, es ist die verdammte Kälte. Ich bekomme Gänsehaut, die sich über meinen ganzen Körper ausbreitet. Auch mein Kopf wird von Gänsehaut überzogen und ich hasse das Gefühl. 

Er sieht mich an und weiß, dass es die Kälte ist. Dann rutscht er augenblicklich zu mir hinüber, sodass wir uns berühren und legt seinen Metallarm über meine Schulter. Ich sinke zu ihm, sodass ich meinen Kopf auf seinen Oberkörper lege und ich mich an seiner Körperwärme wärme. Und so bleiben wir.

The Assassin: Last ResistanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt