Crow lehnte sich gegen eine Wand und wartete darauf, dass Sky aus ihrem Zimmer kam.
Als sich endlich die Tür zum Raum 132 öffnete staunte Crow nicht schlecht. Sky sah gut in dem Anzug aus.
Ihre Haare hatte sie zu einem Zopf zusammengebunden und ihre hellblauen Augen leuchteten, als sie ihn sah.
,,Crow, ich hab es geschafft!", rief sie und sprang auf ihn zu, um ihm um den Hals zu fallen.
Crow lachte. ,,Ja, du hast es geschafft", stimmte er ihr zu und legte lächelnd seine Arme um sie.
Sky drückte ihr Gesicht an seine Brust und Crow konnte ihr Lächeln eher spüren, als dass er es sah.
,,Und? Wie ist dein erster Auftrag gelaufen?", fragte er und hielt Sky an den Schultern etwas von sich weg, sodass er in ihre Augen schauen konnte.
,,Naja, das Gefühl und das Wissen dass ich einen Menschen umgebracht habe ist schon sehr merkwürdig, aber irgendwie wird es von dem Gefühl des Triumphes, dass ich nun zu der Organisation gehöre überdeckt", erklärte Sky und lächelte Crow an.
Dieser lächelte zurück. ,,Es ist schön, dass du jetzt dazu gehörst. Ich werde dich nie gehen lassen", versprach Crow und drückte sie wieder an sich.
,,Ich dich auch nicht", erwiderte Sky und legte ihren Kopf auf Crows Schulter.,,Crow. Ich muss mit dir reden", meinte Granite, als Crow gerade an ihm vorbei gehen wollte.
Etwas genervt nickte Crow und bedeutete Emerald und Sky schon mal vor zu gehen. Eigentlich wollten die drei heute einen gemütlichen Nachmittag am Bach verbringen.
Crow wollte sich schon gerade auf einen der Stühle am Tisch niederlassen, doch Granite schüttelte den Kopf.
,,Nicht hier", brummte er und lief los auf sein Zimmer.
Alles in Crow zog sich zusammen. Wenn Granite etwas in seinem Zimmer bereden wollte, bedeutete da meist nichts Gutes.
Einige der Mitglieder, die ihm in sein Zimmer gefolgt waren, wurden danach nie wieder gesehen.
In Granites Zimmer angekommen schaute Crow sich erst einmal um.
Das Zimmer war größer als die der Mitglieder, er hatte neben einem Bett und dem Waschbecken auch noch einen Schrank und in der Mitte des Raums stand ein Schreibtisch, mit jeweils einem Stuhl auf beiden Seiten.
Die Wände waren in einem hellen Grün gestrichen, doch Crows einzige Aufmerksamkeit galt dem Fenster.
Granites Raum lag ein paar Stockwerke höher als die der anderen Mitglieder, an sich war das Fenster aber groß genug um notfalls daraus fliehen zu können. Crow konnte nur hoffen dass man einen Sturz überlebte.
Granite ließ sich auf dem einen Stuhl, von dem aus man die Tür sehen konnte, nieder und bedeutete Crow, sich ihm gegenüber zu setzen.
Als dieser zögerte, knurrte Granite bedrohlich: ,,Setzen. Jetzt."
Schnell beeilte sich Crow Platz zu nehmen und schaute nervös in Granites grobes Gesicht.
,,Ja, Granite?", fragte er.
,,Ich will, dass du Sky sagst, dass sie einen neuen Auftrag hat", erklärte der Anführer der Organisation.
Crow ballte seine Hände zu Fäusten und bohrte seine Fingernägel in seine Handflächen. ER war sich sicher, dass Granite ihm das nur auftrug, damit er wusste, welcher Gefahr Sky ausgesetzt war. Er hatte auch Emerald von ihrer Mission den Kronprinzen des Nachbarreiches umzubringen berichten gemusst.
,,Und der Auftrag ist?", fragte Crow weiter und konnte das Beben seiner Stimme nicht ganz verbergen.
,,Sie soll Cliff aus dem Kerker befreien", erklärte er in einem Tonfall, als würde er gerade erzählen, dass heute ein sonniger Tag war.
Crow sprang auf. ,,Das wäre glatter Selbstmord! Sie ist noch zu unerfahren dafür!", rief er außer sich.
Cliff war vor einigen Monaten geschnappt worden, als er erfolglos versucht hatte den König umzubringen und war in eine Hochsicherheits- Zelle gesteckt worden, wo er Tag und Nacht von einem halben Dutzend Wachen bewacht wurde.
Er war nur noch nicht tot, weil sie Informationen von ihm haben wollten, die er allerdings verweigerte zu geben.
Seit der König wirklich tot war, waren die Sicherheitsmaßnahmen nur noch weiter verstärkt worden.
Granite lächelte boshaft. ,,Ich bin mir sicher, dass sie das schon kann", erwiderte er.
,,Warum tust du das?", schrie Crow verzweifelt und schaute Granite mit einem solchen Hass an, dass er sehen konnte, wie kurz so etwas wie Angst in seinen Augen aufblitzte, die er aber sogleich wieder verbannte.
,,Warum ich das tue?", fragte er bedrohlich leise. ,,Weil ich sie geliebt habe."
,,Sky?"
,,Nein, Dummkopf. Deine Mutter."
Crow schnappte nach Luft und taumelte zwei Schritte zurück, seine Hand zuckte nach seinem Gürtel, doch seine Dolche hatte er draußen abgeben müssen.
,,Was?", flüsterte Crow entgeistert und starrte Granite an, der nun ebenfalls aufgestanden war.
,,Ich hätte Sienna alles geben können. Wir hätten glücklich zusammen sein können. Aber sie wollte lieber diesen Mistkerl Laurence heiraten."
Die Art wie Granite den Namen seines Vaters aussprach machte Crow unbegreiflich wütend. Er wollte einfach nur zu Granite rennen und ihm alle seine Zähne ausschlagen, doch er hielt sich zurück.
,,Wenn ich sie nicht haben darf, dann darf keiner sie haben", fuhr der Anführer fort, ,,also habe ich Laurence umgebracht. Ja, er hat den Krieg überlebt, seine Heimreise allerdings nicht."
Tränen der Wut und Verzweiflung stiegen Crow in die Augen. Granite. All die Zeit war es nur dieses Arschloch gewesen, das sein Leben zerstört hatte.
,,Ich konnte ja nicht wissen, dass Sienna sich daraufhin erhängt", schnaubte der Blonde. ,,Natürlich hätte ich dir und deiner Schwester helfen können, es gab sogar Leute, die zu eurem Haus gegangen sind, aber ich habe ihnen erzählt, dass ihr bereits bei eurer Tante in Sicherheit wärt."
Granite schien die Erinnerung daran sogar zu gefallen. Crow verzog fassungslos das Gesicht. Je mehr Granite erzählte. desto größer wurde Crows Hass und Ekel gegenüber dieses Mannes.
,,Tja, leider hast du überlebt, aber ich konnte dir ja auch noch das Leben schwer machen. Lilith war einfach zu überreden gewesen mir zu helfen und so habe ich sogar zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: ich bin Anführer der Organisation geworden und habe dir Wing genommen", redete Granite weiter, er schien gar nicht mehr aufhören zu wollen, doch Crow wollte nicht mehr zuhören.
Granite sollte leise sein, er sollte endlich die Klappe halten! Wut vernebelte Crows Gedanken, er bekam nicht mit, wie er sein Messer, das er immer in der Innenseite seines Stiefels versteckt hatte, hervorholte und auf ihn zu rannte. Wie er auf ihn ein stach, bis kein Wort mehr aus dessen Mund kommen konnte und er mit starrem Blick in einer Lache seines eigenen Blutes lag.
Die warme, klebrige Flüssigkeit und der eisenhaltige Geruch, der nun überall in der Luft hing, rissen ihn aus seiner Wut wieder heraus und er schaute auf Granites Körper zu seinen Füßen.
,,Er hatte es nicht besser verdient", meinte Crow zu sich selbst und spuckte noch mal auf den toten Körper drauf.Granites Gesicht war in Panik verzerrt und sein Mund zu einem Schrei geöffnet. Hatte er geschrien? Wenn ja, dann hatte Crow es nicht mitbekommen.
Ohne einen Blick zurück lief er durch die Tür raus und die Treppe zur Gaststube hinunter, eine blutige Spur hinter sich her ziehend, aber mit einem leichten Gefühl ums Herz.
Er hatte Rache genommen. Für Wing, für seine Eltern und für Layla.
Und als er sich auf den Weg zum Bach und somit zu Em und Sky machte, setzte er einen Entschluss: er musste Wing finden.
Wing war schon immer der Anführer der Organisation gewesen. Er musste zurück kommen.
Sky starrte ihn mit offenem Mund an, während Em immer nur wieder lachend den Kopf schüttelte, nachdem Crow seine Erzählung beendet hatte.
,,Du hast ihn umgebracht? Einfach so?", fragte Sky entgeistert.
,,Er hat mein Leben zerstört. Das war das Mindeste, was ich tun konnte", rechtfertigte sich Crow und wusch sein Messer und seine Stiefel im Bach ab.
Sky nickte langsam, dann machte sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht breit. ,,Ich konnte ihn eh nicht leiden", stellte sie fest und Crow stieg in ihr Lachen mit ein.
,,Ich finde es gut, dass du ihn umgebracht hast", stimmte Emerald Sky zu.
,,Ja, aber wir müssen trotzdem Wing finden. Er ist der einzige rechtmäßige Anführer der Organisation", entgegnete Crow und wusch dann seine Hände, an denen immer noch Granites Blut hing im Bach ab.
,,Seid ihr dabei?", wandte er sich dann an Emerald und Sky.
,,Als ob ich dich allein gehen lassen würde", schnaubte Sky und stupste Crow an.
,,Tja, dann muss ich wohl auch mitkommen, um auf euch beide aufzupassen", grinste Emerald, woraufhin sie zwei böse Blicke erntete und entschuldigend die Hände hoch.
,,Gut, dann ist es also entschieden. Morgen in der Dämmerung brechen wir auf und suchen Wing."
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Hinter der Maske
Roman d'amourCelynn wurde auf einen Maskenball im königlichen Schloss eingeladen. Dort trifft sie auf einen mysteriösen jungen Mann, der ihr nicht mehr aus dem Kopf geht. Doch was sie nicht weiß ist, dass diesen Mann viele nicht gerade harmlose Geheimnisse umgeb...