"Freust du dich auch schon so sehr auf die Kanutour wie ich?", quitscht Sarah mir ins Ohr als sie mir vorm Eingang der Schule in die Arme springt. Wie kann man so früh morgens schon so aufgedreht sein? Und vor allem wie kann man sich so sehr auf eine Kanutour mit der Klasse freuen? Es ist gerade mal 15 Grad hier draußen und der Himmel ist mit Wolken bedeckt. Wahrscheinlich freut sie sich sowieso nur darüber, dass Herr Wagner mit fährt. Ich muss schon zu geben, er sieht wirklich gut aus, aber ich würde niemals einen Lehrer so sehr anhimmeln wie sie es tut. Das ist schon echt albern, meiner Meinung nach. Weil, mal ganz ehrlich, Herr Wagner ist 28 und wir sind gerade mal 17. Na gut, ich bin 19, weil ich ein Jahr in Amerika war und daher diese Klasse wiederholen muss. Trotzdem sind das, bei ihr zumindest über 10 Jahre Unterschied.
"Joa geht", antworte ich als und umarme sie ebenfalls.
"Wieso hast du eigentlich immer so eine scheiß Laune? Freu dich doch mal darüber, dass wir keinen Unterricht haben und uns dafür draußen an der frischen Luft bewegen können", fängt Sarah an über meine miese Laune zu meckern. Ja wir sind schon sehr unterschiedlich, aber wie sagt man so schön 'Gegensätze ziehen sich an'. Sarah ist immer gut gelaunt und hat zu allem eine sehr optimistische Ansicht, ihr Gesicht ziert ein Dauergrinsen und auf andere wirkt sie sehr aufgedreht und verrückt, was sie auch ist.
Ich hingegen bin eher pessimistisch eingestellt. Natürlich kann ich auch lachen und bin keinesfalls depressiv, aber ich stelle alles in Frage und bin nicht so naiv wie Sarah. Durch meine direkte Art bin ich auch nicht sehr beliebt in der Klasse aber ich werde mich auf jeden Fall für niemanden verändern.
"Lass uns einfach gehen", sage ich genervt und ziehe sie hinter mir in Richtung Haupteingang der Schule. Es sind schon viele da, aber noch bei weitem nicht alle. Auch Herr Wagner ist noch nicht an zu treffen. Dafür sind Frau Jung und Herr Brusius schon da, bei denen wir uns anmelden, dass wir da sind.
Zusammen stellen wir uns an den Rand der Masse und reden über alles Mögliche. Besser gesagt Sarah redet über alles Mögliche und ich höre ihr dabei mit halbem Ohr zu.
"Na Mädels, freut ihr euch schon?", höre ich plötzlich eine Stimme hinter mir und drehe mich zu Herr Wagner um. An Sarah's Gesichtsausdruck kann ich schon sehen, dass sie kurz vorm Umkippen ist. Und das alles nur wegen diesem Lehrer. Genervt verdrehe ich die Augen und antworte auf seine Frage mit:"Es geht."
"Na das nenne ich mal Begeisterung", lacht er. "Aber jetzt los. Wir müssen zum Bus", fügt er noch hinzu und scheucht uns in Richtung Straße, wo schon ein großer aber ziemlich alter Bus auf uns wartet. Zum Glück müssen wir nur eine halbe Stunde in diesem abgeranzten Bus fahren.
"Guten Morgen liebe Schülerinnen und Schüler. Ich hoffe ihr freut euch alle schon auf unseren Ausflug mit den Kanus. In 20 Minuten werden wir ankommen und werden uns in Ruhe vor dem Eingang des Kanuverleihs treffen. Dort werden wir dann sehen wie viele Kanus wir brauchen. In einem Boot fahren immer zwei Leute, also überlegt euch schon mal mit wem ihr fahren wollt, damit es kein Chaos gibt." Und schon ist Herr Brusius' Stimme wieder verstummt und seine kleine Ansage beendet.
Gerade will ich mich zu meiner besten Freundin umdrehen, um ihr einen vielsagenden Blick zu zu werfen. Wir haben zwar nicht abgemacht, dass wir in ein Kanu gehen aber für mich war es von vorn herein klar. Doch Sarah hat anscheinend andere Pläne, denn sie spricht gerade mit Lara darüber, wir lustig es mit ihr in einem Boot wird. Ist das jetzt ihr ernst? Ich dachte wir sind Freunde.
Beleidigt drehe ich mich von ihr weg und schaue den Rest der Fahrt aus dem Fenster auf die vorbeiziehende Landschaft.
"Alle stellen sich jetzt bitte mit ihrem Partner zusammen, damit wir durch zählen können wie viele Kanus wir brauchen", ruft Frau Jung in die Runde, als wir aus dem Bus ausgestiegen sind. Aus der wüsten Masse von Schülern bilden sich langsam einzelne Paare. Ich stehe immer noch alleine am Rand und schaue verärgert zu Sarah rüber, die sich gerade lachend mit Lara unterhält. Verräterin.
"Sieht so aus als würden wir uns ein Kanu teilen", höre ich eine Stimme hinter mir und drehe mich zu meinem grinsenden Herr Wagner um. Wow, das hat mir ja gerade noch gefehlt. Da hätte ich auch gleich zu Hause bleiben können.
"Sieht wohl so aus", antworte ich und versuche dabei nicht mal meinen Missmutig zu verstecken, was ihn ziemlich zum schmunzeln bringt.
"Da freut sich aber jemand", lacht er und sieht mir dabei genau in die Augen. Ich zucke nur genervt mit den Schultern.
"Weißt du eigentlich wie viele Mädchen aus deiner Klasse sich freuen würden mit mir in einem Boot zu sitzen?", flüstert er so nah an meinem Ohr, dass ich seinen Atem spüren konnte und im nächsten Moment ist er auch schon wieder weg.
Irritiert schaue ich mich um und schaue in die Gesichter meiner Mitschüler, die diese Aktion teilweise mitbekommen haben. Die Jungs interessiert es nicht wirklich aber unter den Mädchen gibt es einige die mich geschockt oder ziemlich böse mustern, darunter auch Sarah. Geschieht ihr recht.
Nach der Einweisung wie man richtig zu fahren hat und was man alles beachten muss, werden die ersten Kanus ins Wasser gelassen. Frau Jung und Herr Brusius werden ganz vorne als erstes fahren, um uns den Weg zu zeigen. Ich und Herr Wagner werden das Schlusslicht bilden und darauf achten, dass niemand zurück bleibt.
Der Platz wird immer leerer, bis nur noch wir beide und der Mann vom Verleih hier stehen. Zu dritt lassen wir auch unser Kanu ins Wasser und steigen ein. Ich sitze vorne, was mir allerdings überhaupt nicht passt, da ich die ganze Zeit seine Blicke in meinem Rücken spüre. Am liebsten würde ich mich umdrehen und ihn anzicken, dass er gefälligst wo anders hinschauen soll, aber er ist schließlich immer noch mein Lehrer und das wäre dann nicht sehr vorteilhaft.
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Wenn aus Hass Liebe wird [Lehrer×Schülerin]
RomanceEs muss ein verdammt komisches Gefühl sein, wenn man herausfindet, dass man jemanden, den man Jahre lang gehasst, oder zumindest sehr wenig mochte, vielleicht doch nicht mehr so abstoßend findet. Dass man denjenigen sogar in sein Herz schließt und s...