Prolog

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Ich bin Jason.

Ich bin so, wie jeder andere 15-jährige ist. Zumindest fast.

Ich bin fast komplett blind seitdem ich 12 bin.

Sonst bin ich wie alle anderen.

Nur, dass sie nicht nur wissen wer sie sind, sondern es auch sehen.


Es ist kalt draußen. Mein Blindenstock streicht über den weichen Neuschnee, von dem immer weiter Nachschub vom Himmel fällt. Ich laufe nicht oft allein durch die Straße, denn meine Eltern hassen das. Ich kann es allerdings auch nicht leiden allein zu sein. Natürlich übertreiben es die meisten Leute mit ihrer Fürsorge und fühlen sich verpflichtet stets auf mich aufzupassen. Ich bin kein kleines Kind mehr und habe auch keine geistige Behinderung. Ich komme gut zurecht. Es ist kalt und ich vergrabe mein Gesicht in meinem Schal, der meinen Hals warm hält. Ich kann mir vorstellen, wie sich Wölkchen in der Luft abzeichnen wenn ich ausatme. Sehen kann ich es jedoch nicht.

Ich habe ein Problem alleine draußen herumzulaufen, denn ich weiß zwar, dass ich gerade zwei Straßen von der Schule entfernt bin, jedoch aber nicht, ob ich gleich in Hundescheiße trete oder auf einer Bananenschale ausrutsche, außer ich ertaste sie rechtzeitig mit meinem Blindenstock, was mir aber oft genug nicht gelingt. Richtig zu schreiben ist mir schon lange nicht mehr möglich, abgesehen von einem Computer mit Buchstaben der Blindenschrift. Lesen kann ich ausschließlich Blindenschrift. Die Schule ist für mich alles andere als leicht, auch in einer Klasse, die sich um die Integration von uns Ein-bisschen-anderen kümmert. Leider heiße ich auch noch Cole mit Nachnamen, was sich glücklicherweise auf Mole reimt. Für die meisten bin ich einfach nur der blinde Maulwurf der gerade mal zwischen hell und dunkel unterscheiden kann.

Mole, der sein eigenes Gesicht nicht mehr kennt.

Meine SonneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt