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Heute

Alle zusammen reihen sie sich hintereinander auf und warten auf irgendein Zeichen, damit sie gemeinsam mit ihrem Partner, den nur die wenigsten von ihnen wahrhaftig kennen, die Treppe runter marschieren können. Dann tanzen sie für zwei Minuten Wiener Walzer, weil das hier heute ihr Abschlussball ist. Man kann Wilma die Begeisterung förmlich ansehen, die sie neben ihrem zugeteilten Ballpartner empfindet.

Selbst wenn sie gelächelt hätte, würde ich ihr das nicht abkaufen. Mir zu zeigen, was sie wirklich fühlt, das übernimmt der blaue Nebel schon für mich. Den letzten Tanz zu vollziehen, bevor man in getrennten Richtungen an irgendwelche Universitäten verschwindet, hat Tradition, die Wilma nicht einfach so brechen kann. Mit der Aufmerksamkeit kommt sie genauso wenig zurecht wie viele andere in der Schlange auch, einschließlich mir.

Trotzdem bin ich die Einzige, die abseits zwischen den Treppengeländern hindurch gafft, um mit anzusehen, wie sich meine Mitschüler gleich zum Affenmachen. Mich hat niemand nach einem Date gefragt. Ich bleibe über. Selbst wenn es nicht so wäre, meine Ehre scheucht mich auf keinen Fall dort runter. Deshalb habe ich auch dem heulenden Jungen eine Klasse unter mir mitgeteilt, er würde schon noch früh genug die besten zwei Minuten seines Lebens erleben.

Immer dann, wenn Menschen so dicht aufeinander hocken, vermischen sich die Farben ihres Nebels und es erscheint beinahe unmöglich die richtige Zuordnung auf die Reihe zu bekommen. Einer der vielen weiteren Gründe, warum ich mich lieber mit wenigen Menschen in einem Raum aufhalte.

Die Musik setzt ein – ein rhythmischer Walzer, zu dem ältere Menschen bei Nullgeburtstagen gerne in einer Reihe schunkeln, wenn sie zum Tanzen zu träge sind. Die Lichterkette, die der Schulleiter wohl seinem Weihnachtsbaum vom letzten Jahr entwendet hat, wurde so an der Decke festmontiert, als sei unsere Schule unbedacht. Ein Blick auf das Himmelszelt, an dem mir tausende Sterne entgegen funkeln, verursacht bei mir kein Freiheitsgefühl. Die Beklemmung und der Ekel erreicht sein Ultimatum beim Anblick der Litfaßsäulen. Welcher Verbrecher ist der Ansicht, die Säule mit lila Licht zu erleuchten, verleihe der Schule eine ästhetische Atmosphäre? Die große Lichtkugel, scheinbar die Sonne repräsentierend, verursacht in mir eher einen kosmischen Brechreiz. Mich und der Mond verbindet dagegen etwas viel Tieferes.

Ich schleiche mich unauffällig zur hinteren Seite der Treppe hinunter. Achtsam streifen meine Hände das Geländer entlang, darauf bedacht, das angeknotete, weiße Samttuch mit den selbstgebastelten Masken der Siebtklässler nicht zu demolieren. Viele stolze Eltern sind erwartungsvoll aufgestanden, um ihr Kind zwei Minuten lang tanzen zu sehen. Obwohl ich meine Mutter gebeten habe, arbeiten zu gehen, steht sie jetzt trotzdem jubelnd in der ersten Reihe. Sie arbeitet mindestens genauso gerne wie ich und dafür liebe ich sie. Warum muss es an diesem Tag anders sein?

The wrong colour | Leseprobe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt