Kapitel 8

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Tarrin Pov.

In diesem Moment höre ich, wie jemand ins Haus kommt. Das knirschende Geräusch eines Schlüssels, der im Schloss herumgedreht wird, reißt mich aus meinen Gedanken. Ich trinke hastig die letzten Schlücke Kaffee und entsorge den Müll, dann trete ich in den Flur. "Mom, ich muss...", beginne ich, doch mitten im Satz halte ich inne. Es ist nicht meine Mum, die dort lächelnd vor mir steht und sich die verschneiten Schuhe auf der Fußmatte abputzt. Es ist Louis. "Louis... Hi, ähm, ich meine... Wie kamst du- also ähm, woher hast du den Schlüssel?", stottere ich. "Deinen Mum hat uns einen Besuch abgestatten. Und ich hab die Gelegenheit genutzt, ihr den Haustürschlüssel abzuschwatzen, damit ich mit die Mathe lernen kann", sagt er. Ein Grinsen schleicht sich auf seine Lippen. Ich erwidere es. "Schade nur, dass ich ausgerechnet in Mathe auf einer 3+ stehe." "Wer behauptet denn, dass du mir helfen sollst. Oder ist das Superhirn zu stolz, um sich von einem Durchschnittstyp wie mir etwas erklären zu lassen." Jedem anderen hätte ich die Bemerkung über das stolze Superhirn übel genommen, aber aus Louis' Mund klingt es so ganz und gar überhaupt nicht böse, dass ich lachen muss. "Nein, ist es sich nicht. Aber um ehrlich zu sein hat das Superhirn keine Lust auf Mathe", sage ich. Louis verzieht sein Gesicht zu einem gespielten Schmollmund, deshalb füge ich schnell hinzu:"Aber mit hochkommen können Sie trotzdem, Mister Tomlinson" Ohne eine Antwort abzuwarten drehe ich mich um und poltere, gefolgt von ihm, die Treppe hinauf. Wir steuern mein Zimmer an. Davor jedoch bedeute ich ihm mit einer Handbewegung, dass wir uns leise verhalten müssen. "Gabriel schläft", erkäre ich ihm im Flüsterton. Er nickt verständnissvoll, dann öffnet er die Tür.

Augenblicklich runzelt er die Stirn. "Hey, wo sind denn deine Prinzessinnenbilder hin?" Ich grinse. "Von denen musste ich mich leider trennen." In diesem Moment entdeckt er etwas, denn in seinen grün-blauen Augen funkelt Amüsement. Ich folge seinem Blick und stöhne auf. Der Versuch, mich an ihm vorbeizuschieben und vor ihm die engelsgleich lächelnde Puppe auf dem Fensterbrett zu erreichen, scheitert. Schon hält er Phine in der Hand. Es ist unverkennbar, dass ich das seidig glänzende Haar erst kürzlich gekämmt habe. Beschämt schlage ich mir die Hand vor die Stirn. "Man Lou, es ist nicht so, wie du denkst" "Was denke ich denn?", erwidert er. "Dass ich noch mit Puppen spiele?", vermute ich. "Nun ja. Dieser winterliche Mantel und die gefütterten Stiefelchen deuten mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit auf einen Kleidungswechsel hin, der frühestens Anfang diesen Monats stattgefunden hat. Und auch diese Haarpracht wird ausreichend gepflegt, wie ich sehe. Also, Miss Weatherall, was haben Sie zu ihrer Verteidigung zu sagen?" Er schiebt sich seine imaginäre Brille zurück auf die Nase, was mir ein peinliches Kichern entlockt. "Ich erhebe Einspruch, hohes Gericht! Die passenden Klammotten habe ich der kleinen Tochter einer Freundin von Misses Weatherall, meiner Mutter, zu verdanken. Und das Kämmen der Haare hat mit großer Langweile am vergangen Sonntag zu tun gehabt!" Ich versuche, ebenso ernst zu sein und mir die gleiche, geschwollene Redensart anzueignen- doch es gelingt mir nur halb so gut wie ihm. Er legt ein weiteres Mal die Stirn in Falten, diesmal in eine angestrengte Überlegung vertieft. "Nun gut, Miss, Sie haben das hohe Gericht überzeugt. Hiermit ist die Verhandlung geschlossen!" Ein gluckerndes Lachen keimt in mir auf und ich muss mir Mühe geben, es zu unterdrücken. Doch auch in Louis Gesicht liegt ein angestrengter Gesichtsausdruck, er kämpft genauso damit wie ich. Schließlich halten wir es nicht mehr aus und prusten los. Erst als Gabriels Weinen unseren ungewollten Ausbruch übertönt, gelingt es sowohl ihm als auch mir, uns zusammenzureißen. Ich eile zu ihm. Er hat sich aufgesetzt und dicke Tränen schimmern in den moorig grün-braunen Augen und auf den geröteten Wangen. "Entschuldigung, wir wollten dich nicht wecken!", flüstere ich ihm sanft zu und fahre ihm durch das dichte Haar. Aber auch meine einlullenden Worte besänftigen meinen Bruder kein kleines bisschen. Louis tritt neben mich und trotz dass ich ihn davon abhalten will, schiebt er mich einfach weg und beginnt, leise auf Gabriel einzureden. Statt eines erwarteten Wutausbruchs beobachte ich, dass er sich tatsächlich beruhigt. Ein letztes Schniefen, eine letzte Träne; Dann verstummt er. Louis, der die ganze Zeit geduldig vor meinem Bett gekniet hat, erhebt sich und streckt Gabriel seine Hand entgegen. Ich werde Zeuge davon, wie mein Bruder tatsächlich die Geste erwidert und Hand in Hand mit Louis verlässt. Überwältigt folge ich den beiden, damit mir keine Sekunde dieser faszinierenden Snzenarie entgeht. Louis führt Gabriel in dessen Zimmer, wo sich mein Bruder erneut auf dem Bett niederlässt und begleitet von Louis Worten seinen Schlaf fortsetzt. Auf Zehenspitzen verlässt er den Raum und schließt so leise wie möglich die Tür hinter sich. "Lou, das war Wahnsinn", stoße ich aus. Er lächelt mich warm an und ich spüre, dass dieses Lächeln etwas in mir auslöst. Etwas Großes, etwas Unbekanntes. "Der Wahnsinn, Prinzessin", korrigiert er mich. Dann hebt er seine Hand, zögert kurz und berührt dann doch mit seinem Daumen meine Wange. Ich zucke nicht zurück, sondern genieße die Berührung. An den Stellen, an denen sein Finger mein gerötetes Gesicht berührt, fühlt sich meine Haut heiß und kribbelig an. "Lou...", beginne ich, obwohl ich nicht einmal weiß, was ich sagen will. Ich wollte nur diese uns umgebenede peinliche Stille brechen. Er bedeutet mir mit einer unscheinbaren Geste, einfach still zu sein. Ich gehorche. Ich schaue ihm in die Augen. Darin liegt ein intensives Leuchten, dass ich nicht deuten kann. Sein Blick wandert über meine Nase bis hin zu meinen Lippen, dort bleibt er hängen. Die Luft um uns herum scheint zu brennen und im nächsten Moment...

You and I (Niall Horan FF)Where stories live. Discover now