Kapitel 2 - Vorbereitung

72 5 7
                                    

Die folgenden 14 Tage vergingen ziemlich hektisch, vor allem, da wir entscheiden mussten, was ich an Gepäck mitnehmen konnte. Klingt nicht weiter dramatisch, aber da ich bedenken musste, dass ich bald Millionen von Kilometern auf mich gestellt von Zuhause entfernt leben würde und nur Platz für 90 Kilogramm abzüglich meines Körpergewichts (nicht öffentlich verfügbar, danke der Nachfrage) war, wurde es interessant.

Irgendwie klappte es trotzdem. Wir bekamen alles zusammen und hatten es bereits im Koffer verstaut, als mein Vater anmerkte, dass der Koffer wohl auch zum Maximalgewicht gezählt werden würde. Also musste der Koffer ausgeleert, gewogen und leichter wieder befüllt werden.

Das eigentliche Problem war, dass ich, wie wir feststellen mussten, keinen gültigen Pass besaß. Trotz elektronischer Datenbanken zu so ziemlich jedem Teil des Privatlebens musste der immer noch bei der Verwaltung im Büro bestellt werden. Außerdem brauchte man nur einen Pass, um den Planeten zu verlassen, auf der Erde war man den Behörden überall bekannt. Nahm man noch das Geld für den Antrag hinzu, hatte man eine Ahnung, warum die meisten Leute davon absahen, einen zu kaufen.

Ich ging alleine zur lokalen Verwaltungsstelle. Erstens war ich der Meinung, mit 18 Jahren ein wenig zu alt zu sein, um mich noch von meinen Eltern begleiten zu lassen, und zweitens kam ich selten genug aus dem Haus, abgesehen dann, wenn ich zur Schule ging. Womit ich gerade fertig geworden war. Deshalb wollte ich ein wenig Abstand gewinnen, kurzzeitig jedenfalls. Im Nachhinein hätte ich gern mehr Zeit mit meinen Eltern verbracht.

Mein Pass würde eine Woche später zur Abholung bereit sein, sagte mir die freundliche Angestellte, nachdem ich mich durch die obligatorischen Papierberge gekämpft und die ausstehende Summe überwiesen hatte. Insofern verlief also alles ganz glatt, und ganze drei Tage vor dem Aufbruch würde ich meinen brandneuen Pass mit biometrischen und genetischen Daten in der Hand halten können. Für Personen gedacht, die sich im All aufhielten, war er hitzresistent, wasserfest, strahlungssicher, vakuumbeständig und enthielt einen winzigen Funksender, der jederzeit seine Position auffindbar machte.

Am Ausgang des Verwaltungsgebäudes kam es zu einer wenig erfreulichen Begegnung. Ein heruntergekommen wirkender Mann mit zu weiter Kleidung, unsauber geschnittenen braunen Haaren und einem schon zu lange nicht mehr rasierten Bart packte mich unversehens und zog mich in eine Seitengasse. Er drückte mich an die Wand und funkelte mich mit wütenden Blick an.

"Was hast du da drin gemacht?", fuhr er mich an. "Ich habe nur einen... einen Pass beantragt", stammelte ich. "Du hast was getan?" Er schien ehrlich entsetzt. "Sag jetzt nicht, du wurdest von der MOA angenommen", sagte er und ließ mich los. Ich kam unsauber auf dem Boden auf, rutschte ungeschickt weg und landete auf meinem Steißbein. Stechender Schmerz schoss meine Wirbelsäule hoch.

Mein Angreifer beugte sich über mich. "Du solltest ganz schnell aus der Öffentlichkeit verschwinden", flüsterte er mir verschwörerisch zu. "Und Sie sollten ganz schnell eine Dusche finden", gab ich zurück und versetzte ihm einen Boxhieb genau auf die einladend große Nase. Es ist nicht so, als wäre ich damals übermäßig stark gewesen, aber ein grundlegender Selbstverteidigungskurs wurde jedem Menschen einprogrammiert.

Jedem außer ihm offenbar. Vor Schmerzen aufheulend taumelte er zurück und hielt sich eine Hand vor sein Gesicht, während er sich mit der anderen an der hinter ihm liegenden Wand abstützte. "Was sollte das denn?", fragte er entsetzt, den Blick auf die Hand gesenkt, die er wieder von seinem Gesicht genommen hatte. Rotes Blut tropfte aus seiner blutenden Nase hinein.

"Was das sollte? Sie haben mich doch angegriffen!", rief ich empört. "Ich habe dich nicht angegriffen, ich habe versucht, dir zu helfen", behauptete der andere stur. "Es gibt einiges, von dem du keine Ahnung hast. Ich weiß von Dingen, die dir die Haare zu Berge stehen lassen würden! Dinge, die nicht mit deiner schönen Auffassung der Realität übereinstimmen!" "Zum Beispiel?", fragte ich, zugleich beruhigt und genervt. Einer der Verschwörungstheoretiker, die in der Stadt ihr Unwesen trieben. Normalerweise wurden sie nicht handgreiflich, aber sie alle waren jederzeit bereit, allen, die zuhören wollten (und das schloss in ihrer Auffassung alle ein, die nicht rechtzeitig außer Sichtweite waren), mit ihren schwachsinnigen Ideen in den Wahnsinn zu treiben.

AbbadonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt