Kapitel 5 - Neuerungen

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Einen ersten aufmunternden Ausblick bekam ich, kurz bevor ich die Werkstatt erreichte. Die Wand zu meiner rechten wich plötzlich einem Panoramafenster, das sich vollständig von der Decke bis hin zum Boden und mehrere Meter den Gang hinunter erstreckte. Auf der anderen Seite lag der Weltraum.

Einige dunkle Schemen zogen stellenweise hell beleuchtet durch mein Blickfeld. Das mussten andere Schiffe sein, doch es war zu dunkel und sie waren zu weit weg, als dass ich genaueres hätte erkennen können.

Hinter diesen finsteren Schemen wiederum lag etwas, das mich faszinierte. Eine dunkle Scheibe, unregelmäßig mit hellen Lichterketten besetzt, hing scheinbar regungslos in der Ferne. Die Erde. Die Sterne dahinter waren klar zu sehen, und nachdem ich mich an die Dunkelheit gewöhnt hatte, strahlten sie viel heller und waren in viel größerer Zahl zu sehen als ich es von der Erde gewohnt war.

Eine Weile lang blieb ich gebannt stehen. Dann riss mich eine Durchsage aus meiner Bewunderung. "Achtung! Austritt aus Umbra* steht kurz bevor. Sichtschutzblenden werden nun automatisch geschlossen." In dem Augenblick, in dem die Sonne gleißend hell hinter der Erde hervor kam, verfinsterte sich das Fenster und ich stand vor einer kahlen Wand.

Neben mir surrten Servomotoren. "Immer wieder beeindruckend, was?", fragte der Mann, dessen Anwesenheit ich bis dahin noch gar nicht bemerkt hatte. "Ich bin Leon. Leon Perry", stellte er sich vor und streckte mir eine mechanische Hand entgegen. Es war seine eigene, und sie sah bei weitem nicht so fortgeschritten aus wie meine. Einzelne Kabel waren zu sehen, und bei jeder Bewegung war ein leises Surren zu hören.

Ich ergriff seine Hand, und er schüttelte kräftig, bevor er wieder losließ. "Ich hatte mich schon gefragt, wie Sie mit meinen Schmuckstücken zurecht kommen. Sieht ja bis jetzt ganz gut aus." "Sie haben meine Arme entworfen?", fragte ich neugierig. Leon lachte. "Um Himmels Willen, nein! Das wäre weit über mein Talent hinausgegangen. Ich habe die fertigen Pläne bekommen und sie entsprechend gebaut. Dann habe ich Ihrem Arzt, Doktor Thompson, dabei geholfen, Arme und Beine richtig zu installieren und zu verkabeln. Was sagen Sie zu dem Ergebnis?"

"Es ist nicht ganz das, was ich erwartet hatte", sagte ich langsam. "Sagen Sie einfach, dass Sie es furchtbar finden, zur Hälfte aus Metall zu bestehen. Das würde wohl jeder sagen. Dennoch bin ich mir sicher, dass Sie sich irgendwann daran gewöhnen." Ich nickte zustimmend, meine widersprüchlichen Gefühle verbergend. Je mehr ich darüber nachdachte, desto weniger schlimm erschien mir mein Schicksal. Ich war stärker und schneller als zuvor, es war unwahrscheinlich, dass diese Kraft nachlassen würde, und sollte ich ernsthafte Schäden davontragen, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass ich das mit Ersatzteilen würde ausgleichen können. Der einzige wirkliche Haken, den ich entdecken konnte, war der, dass ich mich in der Hand von Menschen befand, über deren moralischen Werte ich nichts wusste. Doch selbst das sorgte zunächst einmal dafür, dass ich lebendig ins All gekommen war und schon bald weiter von der Erde weg fliegen würde, als ich es mir früher jemals hatte träumen können.

Leon wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht umher, um mich wieder aus meinen Gedanken zu reißen. "Syndikat an Messner! Jemand zu Hause?", fragte er drängend. "Ja? Was? Entschuldigung", stammelte ich. Der Mechaniker seufzte. "Ob Thompson schon die Waffendatenbank aktiviert hat, habe ich gefragt." "Ja, hat er", antwortete ich.

"Natürlich musste er mir meine Aufgabe abnehmen. Der Jungspund ist so ungefragt hilfreich, dass er gar nicht merkt, wie sehr er mir damit manchmal in die Quere kommt." "Was meinen Sie damit?", bohrte ich nach. "Dass meine Ausführungen etwas sinnvoller hätten ablaufen können, wenn ich die Datenbank aktiviert hätte. Die habe ich nämlich entworfen. Sie ermöglicht Ihnen nicht nur, Informationen über jede Schusswaffe jederzeit abzurufen, sie versetzt Sie außerdem in die Lage, zu diesen Waffen zu werden, vorausgesetzt, Ihre Arme liefern genug Material. Probieren Sie es aus, nennen Sie ein Kaliber, einen Munitionstyp und einen Feuermodus", forderte er mich dann auf. "Aber richten Sie Ihren Arm bitte weder auf mich noch auf die Außenhülle."

AbbadonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt