Mit schweren Knochen hatte er sich aufrichten können, den Schlüssel im Schloss umgedreht und die Tür geöffnet, um am Ende in das besorgte Gesicht des Nesthäkchen zu sehen, der ihn direkt in eine Umarmung zog. "Ich weiß, wie viel er dir bedeutet hat und es tut mir leid, dass ich nicht mehr tun konnte." Seungmin legte seinen Kopf auf Jeongins Schultern und vergoss weiterhin stumm Tränen, weil er sich zu nichts weiteren in der Lage fühlte. Eigentlich wollte er ihm ausreden, dass er kein schlechtes Gewissen haben brauchte, nur seine Stimme würde versagen. Das wusste, daher versuchte er es nicht.
Die ganze Zeit standen sie in dem schmalen Flur, lagen sich in den Armen. Während Jeongin versuchte ihn mit seinen Worten Kraft zu schenken, weil der Großteil von ihnen viel eher mit Felix beschäftigt war, kamen irgendwann Chan und Changbin wieder herein, die die bedrückte Stimmung sofort merkten. Wie konnten sie auch nicht, schließlich war Hyunjin gestorben. Ein Mensch, der die Gruppe irgendwie immer zusammengehalten hatte, auch wenn es mal Tage gab, da hatten sich einige in der Wolle gehabt. Das war vollkommen normal, dass man sich stritt, keine Frage. Aber der Schwarzhaarige war immer derjenige, der für alle da war und den anderen die verschiedenen Sichten von Dingen aufzeigte. Dafür bewunderten ihnen viele, vorneweg Seungmin. Umso mehr fühlte es sich für ihn so an, als würde die Gruppe mehr oder wenig auseinander drivten und dieser Gedanke machte ihm Angst, denn eigentlich wollte Seungmin sie alle nicht verlieren, auch wenn er sich oft allein fühlte.
"Geht's dir besser?", fragte Changbin leicht aufgebracht nach, "Hätte ich dich nicht aufgefangen, wärst du echt mies auf den Boden geknallt." Seungmin blickte ihn mit riesigen Augen an. Zwar war die Frage ziemlich unnötig gewesen, denn ihm ging es alles andere als gut, doch sein psychisches Wohlbefinden war ja so gesehen nicht gefragt gewesen. Sondern sein körperliches. Es machte ihn dennoch ein wenig zufriedener, dass wenigstens Jeongin und Changbin Interesse zeigten. Und Chan war auch noch da, der versuchte es allen recht zu machen. Also war er doch nicht ganz so allein, wie er erst dachte.
Mit einem Nicken löste Seungmin die Umarmung, stand etwas verloren im Raum und starrte zu Boden, da er niemanden in das Gesicht sehen konnte. Es war ihm schlichtweg zu unangenehm und dass er von den Dreien nun auch noch die volle Aufmerksamkeit hatte, war ihm auch nicht sonderlich recht gewesen, sodass er am liebsten flüchten wollte.
"Darf ich vielleicht kurz mit Seungmin allein reden?" Flehend sah Changbin erst zu dem Australier, in der Hoffnung, dass dieser verstehen würde, was er vor hatte. Es war schon eine längere Zeit her gewesen, da hatte der Koreaner mit ihm darüber gesprochen und ihn über seine Gefühle für Seungmin aufgeklärt. Ob er sich daran auf die Schnelle erinnern würde, wusste er nicht. Und jetzt, wo Hyunjin gestorben war, hatte es ihm einerseits gezeigt, dass er es wohl bereuen würde, wenn er seine Gefühle nicht offenlegte und er war sich auch ziemlich sicher, dass Seungmin sich allein fühlte. Hyunjin war schließlich nicht da, im Gegensatz wie die Gefühle für ihn, die nicht so schnell verschwanden. Natürlich löste sein Geständnis das Problem nicht, aber er wollte ihm zeigen, dass er auch geliebt wurde. Auch wenn sie nur auf Einseitigkeit beruhen würden.
"Ehm klar, kommst du Innie?" Mit einem auffordernden Blick zog er regelrecht den Blonden mit sich mit und gab ihm keine andere Möglichkeit, dass er es sich anders überlegen konnte. Und dieses ganze Verhalten verwirrte Seungmin, der mit der Stirn runzelte und dann fragen wollte, was die ganze Sache auf sich hatte. Dazu kam es nicht, da ihn der Ältere nun ihn ihr Zimmer zog, die Tür hinter sich schloss.
"Möchtest du reden? Ist wirklich alles in Ordnung? Es muss ziemlich wehtun, wenn jemand stirbt, den man liebt..." So ganz wusste der Jüngere nach wie vor nicht, was Changbins Intuition war, es machte ihm sogar ein klein wenig Angst, wie er sich verhielt, sodass er stumm blieb und kein Wort über die Lippen brachte. "Wenn du möchtest, darfst du weinen. Es ist vollkommen okay, mir würde es nicht anders gehen." Fast rutschte ihm heraus, dass er sich genauso fühlen würde, wenn Seungmin starb. In letzter Sekunde hatte er sich retten können und brachte die Situation nicht völlig zum Ersticken. Seine Worte hatten im Größeren genau das bewirkt, was Changbin wollte: Seungmin weinte erneut, hatte sich an seinen Körper geklammert und schluchzte viel mehr, als er es allein im Bad getan hatte. Eigentlich war er nie jemand, der seine Gefühle vor anderen freien Lauf ließ,m und doch wollte er gerade nichts anderes und dass der Ältere ihm in seinen Armen wog, ihm ein Gefühl der Sicherheit gab, machte ihn für den Augenblick glücklich. So geht es eben ging.
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𝗣𝗹𝗮𝗰𝗲𝗯𝗼 ✧ STRAY KIDS
FanfictionAlbträume sind etwas schlimmes, aber was passiert, wenn es kein Traum mehr ist, sondern Realität? DU entscheidest mit, was als nächstes passiert! © chandorable, 2020