14: PRESUMPTION

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"Wieso könnt ihr nicht einmal das machen, was man euch sagt?" Chan klang ziemlich verzweifelt, als er zusammen mit Jeongin wieder ins Haus gegangen war und erfahren hatte, was geschehen war. Und dass gerade der Zweitälteste nicht das tat, was man von ihm verlangte, war für ihn selbst unerklärlich gewesen. Vor allem weil das ganze Drama dadurch hätte umgangen werden können. Aber wie hieß es so schön? Dummheit verlangt bestraft zu werden. Und manchmal war eben die Strafe der Tod. 

"Man, Minho... Was machst du nur für Sachen?", quiekte Jeongin leise vor sich hin und spürte weder einen Puls, noch eine Atmung, was ein klares Indiz dafür war, dass er nicht mehr lebte. Sie hatten Jisung und Felix in ihre Zimmer eingeschlossen, aus Verzweiflung und der Angst, dass sie auf sie losgehen würden, wenn dieser wieder aufwachten. Aber sobald Jisung wieder bei Besinnung und kerngesund war, mussten sie ihm erklären, was er getan hatte. Vielleicht würde Chan auch die Wahrheit verfälschen, um ihn zu schützen. Dafür müsste Jisung jedoch an Gedächtnisschwund leiden, damit die Lügen gefressen werden.

Die Stimmung war noch immer erdrückend gewesen und keiner traute sich so wirklich zu reden. Auch wenn es nur noch Changbin und Seungmin waren, die das ganze Geschehen mit schweren Herzen verfolgten, sich aber sträubten irgendwelche Emotionen herauszulassen. Der Jüngere der Beiden konnte es so gar nicht. Es staute sich so viel in ihm an, dass er nicht einmal wusste, wohin damit und am Ende war er überfordert damit, was er fühlen sollte und starrte stattdessen mit matten Augen auf Jeongin, der so halb auf Minho saß. Immer und immer wieder schluckte er, hatte das Gefühl, dass er an dem Knoten in seinem Hals zu ersticken drohte, weil er diesen nicht loswurde. Sanft streichelte ihm Changbin über den Rücken, doch das bekam er nicht einmal mehr mit. Gerade dachte er, dass er nicht mehr ein Teil seines eigenen Körpers war, sondern viel eher schaute er dem ganzen Drama zu, wie auf einer Kinoleinwand. 

"Ich will diese Scheiße nicht mehr mitmachen...", brachte der Australier heiser heraus, brach dann in Tränen aus und hockte sich auf den Boden. "Ich will nicht noch mehr verlieren... Wer ist morgen dran? Felix? Jisung? Am besten noch Jeongin? Nein..."
"Wir wollen uns alle nicht verlieren, Channie... Wir müssen lernen mehr aufzupassen. Die letzten zwei Wochen hat es super geklappt und jetzt schaffen wir es wieder..." Jeongins Worte sollten eigentlich aufmunternd sein, brachten den Ältesten jedoch umso mehr Tränen zu vergießen und die Wände mit seinen Schluchzern zu füllen. Am liebsten wollte er alle beschützen, obwohl er begriff, was das mit den Gruppen auf sich hatte: Sie sollten sich gegenseitig den anderen schützen, denn irgendwann würde es kein Zurück mehr geben. - Falls es überhaupt noch ein Zurück gab. - Irgendwann würden alle verrückt werden und doch mussten sie auf sich selbst aufpassen, denn auch der Partner konnte zur eigenen Gefahr werden, weil man sich auf diesen auch nicht immer zu hundert Prozent verlassen konnte. 

"Jisung hat die ganze Zeit geschrien, dass Minho ihn nicht liebt...", seufzte Seungmin leise und ließ das Paar hellhörig werden. 
"Meinst du..."
"Ich hab die Befürchtung, dass Jisung, wenn er nicht zur Besinnung kommt, als nächstes auf Felix losgeht, weil er damals so eifersüchtig auf ihn war. Immerhin haben Minho und er sich so gut verstanden haben und er damals dachte, dass er nie eine Chance bei Minho deswegen haben würde..." Eigentlich wollte Seungmin diese Information nicht loswerden und doch wollte er nicht, dass der Blonde starb. Immerhin war es in seinen Augen sehr plausibel und doch war es nur eine reine Spekulation. "Ich weiß nicht mehr, wer Jisung damals gesagt hat, dass sie zusammen geschlafen haben bei dieser Party, aber ich bin echt überrascht, dass Jisung das bis heute noch mit sich herumschleppt, obwohl sie damals nicht zusammen waren."

Dann herrschte wieder Ruhe. Keiner von ihnen wusste so recht, was er sagen sollte. Auch wenn Seungmin dachte ein gewisses Muster aus dem ganzen Wirrwarr der Tabletten heraussehen zu können, war er sich dennoch nicht so ganz sicher, ob das stimmte. In seinen Augen war es eindeutig gewesen, dass die Tabletten Jisungs Ängste verschlimmert hatten und ihn mit Sachen aus der Vergangenheit quälten, die heute nicht mehr der Wahrheit entsprachen. 

"Wir sollten Minho begraben...", meinte Chan nach einigen Minuten der Stille und zog seinen Freund wieder auf die Beine, der ihn besorgt musterte. Dann schaute der Australier den Kleineren an, der ihn nur schweigend zu nickte und so trugen sie den Verstorbenen nach draußen, während die beiden Jüngsten an Ort und Stelle blieben. Ein leises Seufzen entwich Jeongin. 

"Aber wieso haben die Tabletten Hyunjin damals nicht geholfen... Ich war mir sicher, dass er es hätte schaffen können, hätten sie gewirkt."
"Ich hab so eine Vermutung... Aber ich möchte sie noch nicht äußeren... Ich beobachte weiterhin und irgendwann werde ich es dir sagen. Haben die Tabletten eine Packungsbeilage?" Jeongin wusste nicht so recht, worauf Seungmin hinauswollte und schüttelte daher leicht seinen Kopf. In den Verpackungen war seltsamerweise nie ein Beipackzettel dabei gewesen, auf denen all erdenklicher Müll stand und man ihn normalerweise aus diesem Grund wegschmiss, beziehungsweise ignorierte und als nicht wichtig empfand. Für Seungmin war es jedoch ziemlich plausibel und bestätigte nur einmal mehr seine Vermutung. 

Diese Menschen wollten einfach vertuschen, dass etwas mit den Tabletten nicht stimmte und daher hatten sie die Zettel auch einfach verschwinden lassen, sodass man auf ihre Worte vertrauen musste. 

"Seungmin! Sag mir, was willst du mir sagen? Was hat das zu bedeuten?"
"Du bist der, der im Krankenhaus arbeitet. Kannst du eins und eins nicht zusammenzählen? Ist das nicht so offensichtlich?"

Somit verschwand der Koreaner in seinem Zimmer und schloss sich in diesem ein. Er wollte für einen kurzen Moment seine Ruhe haben, seine Gedanken sortieren und sich wirklich sicher sein, dass er recht hatte. Er wollte keine Unwahrheiten verbreiten, die alle in Aufregung brachten und wenn er seine Gedanken sagen würde, was würde dann passieren? Dann würden sie alle erst recht in Schwierigkeiten geraten und das wollte Seungmin noch viel weniger. 

"Seungmin! Rede mit mir, verdammt! Es geht nicht nur um dich, sondern um uns alle!" Doch dass dieser die Tür aufmachte, geschweigedenn darüber redete, war eine reine Wunschvorstellung gewesen. Die machte Jeongin wütend, mehr als nur das. Verzweifelt schlug er immer wieder gegen die Tür, in der Hoffnung, dass sie aufgemacht wurde.

"Verschwinde, Jeongin!"

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Entscheidungsfrage;

➳ Soll Seungmin seine Vermutung Jeongin mitteilen?

➳ Oder soll Seungmin weiterhin schweigen und sich seltsam verhalten?

Entscheidet weise, beides könnte nicht so toll enden, hehe :3

Abstimmung: geschlossen! 

𝗣𝗹𝗮𝗰𝗲𝗯𝗼 ✧ STRAY KIDSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt