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Meine Augenlider fühlten sich an wie Steine und immer wieder schrak ich hoch. Ich wusste nicht, wie spät es war, den Himmel konnte ich vor lauter Schneeflocken gar nicht mehr sehen. Nach dem ersten Schock hatte ich mich einfach in eine Ecke zwischen Glas und Marmor gepresst, die Beine angewinkelt und meine Arme um die Knie gelegt. Nicht einschlafen, nicht einschlafen, nicht einschlafen, doch dieses Mantra hatte längst keine Wirkung mehr.

Ich zuckte wieder zusammen, als es hinter mir klickte und der Druck der Glasscheibe verschwand. Ungeschickt fiel ich nach hinten, und direkt gegen zwei Beine. Die Spitzen zweier Schuhe bohrten sich in mein Kreuz und ich blickte auf, um direkt in zwei glänzende Obsidiane, die auf mich herabblickten. Anastasia. Es tut mir leid." Ich blinzelte, als ich die leisen Worte vernahm, doch ich bekam meinen Mund nicht auf, um etwas zu erwidern. Die Müdigkeit lähmte meine Gedanken, sogar meine zuvor lodernde Wut war verraucht.

Du wirst mir trotzdem eine Sache erklären müssen, und ich werde dieses Mal kein Herumdrucksen akzeptieren.", gab er mit harter Stimme von sich und ich senkte den Blick, da war es. Ich überlegte, was ich antworten sollte, sollte ich lügen oder mich gar weigern, zu antworten? Die Wahrheit durfte ich niemandem sagen, so hatten es meine Eltern mir eingebläut und ich klammerte mich an diesen Gedanken fest. Weshalb hatte er auch zur falschen Zeit am falschen Ort sein müssen und mich geradezu herausgefordert, es anzuwenden? Mein ganzes Leben hatte ich es gehütet und vor gierigen Augen beschützt und nun sollte ich es einfach auffliegen lassen? Ich wusste nicht, was danach passieren würde und trotzdem ließ es mich eine Gänsehaut bekommen.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als sich Hände unter meinen Rücken und Knie schoben und für kurze Zeit das Gravitätsgesetz nicht mehr zu funktionieren schien. Ich wurde an etwas Warmes, nicht gerade Weiches gedrückt und als ich die Augen öffnete, war mir sein Gesicht näher denn je. Die dunklen Augen erwiderten meinen Blick und ich hob die Augenbrauen. Du bist vollkommen ausgekühlt, Himmel, du fühlst dich wie ein Eisblock an. Ich werde dir ein heißes Bad einlassen.", meinte er und blickte ruckartig wieder nach vorne, er wollte seine Gefühle verstecken, doch ich konnte die Schuld und Reue aus seinen Gesten lesen.

Ich lehnte ausnahmsweise meinen Kopf an seine Brust. Wessen Schuld ist es, Blödmann.", zischte ich und lauschte seinem Herz, welches schneller pochte, als er es wahrscheinlich zugeben wollte. Ein warmes Gefühl erfüllte mein eigenes Herz und fast hätte ich versonnen aufgelächelt. Schnell blinzelte ich und fuhr mit einer Hand über die Augen, die Müdigkeit musste wohl zu meinem Kopf gestiegen sein. War ich nicht zuvor wütend gewesen? Heute hatte ich aber keine Lust mehr, mich mit ihm zu streiten.

꧁soundless snow꧂Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt