9. Spurensuche

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Evie's P.O.V.
Die Erinnerungen, die aufkommen, drohen mich zu überwältigen. Es ist zu viel. Sie sind so unglaublich schrecklich und ich kann das Zittern nicht verhindern.

In diesem Moment legt sich eine Hand auf meinen Arm und ich sehe zu Jay auf, dessen Augen mich mit der selben Traurigkeit anfunkeln, die ich selbst empfinde. Ich weiß, dass sich Carlos und Jay sehr nahe stehen und Carlos für Jay wie ein kleiner Bruder ist, weshalb ihn das alles besonders belasten muss.

Uma sieht Mal ziemlich verwirrt an, offensichtlich nicht sicher, was wir jetzt genau von ihr wollen. "Das tut mir ja alles sehr leid, aber was wollt ihr jetzt von mir?" Mal sieht sie direkt an. "Informationen?" Uma spielt an ihren langen Haaren und sieht uns verwirrt an.

"Welche Informationen? Warum sollte ich wissen, wer Carlos umbringen will?" Da ist was dran. "Aber wenn ihr unbedingt etwas wissen wollt, würde ich mal bei euren Eltern anfangen."

In diesem Moment hätte ich mir am Liebsten gegen die Stirn geschlagen. Warum sind wir nicht darauf gekommen? Aber würden sie wirklich so weit gehen? Und warum nur Carlos? Warum hat man nicht auch noch versucht, uns umzubringen? Die Blicke von Jay und Mal sagen, dass sie wohl das Gleiche denken.

"Danke, Uma." Mit diesen Worten rennt Mal los und wir lassen eine verwirrte Uma zurück. Mal führt uns über die Insel zu unserem alten Treffpunkt, wo wir uns auf die alte Couch sinken lassen. "Okay, was haben wir?", spricht Mal und sieht uns an. Ich weiß, dass wir an sich eigentlich nichts haben. Nichts, außer Vermutungen.

"Naja, jemand hat wohl einen ziemlichen Hass auf Carlos, da man nur versucht hat, ihn umzubringen. Und es muss jemand sein, der Kontakte nach Auradon hat. Ansonsten hätte die Person Carlos nichts antun können. Entweder hat sie jemanden, der für sie arbeitet oder sie hat es irgendwie geschafft, selbst nach Auradon zu kommen", erklärt Jay und ich finde diese Vorstellung mehr als beunruhigend.

Tränen treten in meine Augen, als meine Gedanken wieder zu dem immer fröhlichen Jungen wandern. Warum sollte man Carlos hassen? Er ist eine so reine und unschuldige Seele, die man nur lieben kann. Und warum versucht man, ihn auf diese brutale Art und Weise zu töten? "Aber wenn es unsere Eltern gewesen sein sollten, warum dann nur Carlos?", frage ich, denn irgendwie ergibt das alles keinen wirklichen Sinn. Mal seufzt.

"Ich weiß es nicht. Vielleicht, weil sie Carlos immer noch als den Schwächsten von uns allen ansehen und ihn als das 'leichteste Opfer' sahen?" Bei dieser Vorstellung schmerzt mein Herz. Carlos ist alles, aber nicht schwach. Vorallem sein Herz ist unglaublich stark und hell und für die, die er liebt, würde er kämpfen. Es ist für mich ein Trost, zu wissen, dass der weißhaarige Junge nicht einfach kampflos aufgeben wird. Dafür liebt Carlos das Leben zu sehr. Er wird sich mit aller Kraft daran festhalten und wenn er gehen wird, ist es nicht kampflos.

Bei diesem Gedanken bricht mein Herz und eine einzelne Träne läuft über meine Wange. Mal bemerkt es, steht auf und nimmt mich sanft in den Arm. Wieder bricht alles zusammen und ich beginne zu weinen.

Es ist so unfassbar schrecklich. Wir alle wissen, dass Carlos an der Schwelle zum Tod steht. Es ist möglich, dass er niemals wieder zu uns zurückkehren wird. Dass wir niemals mehr seine Stimme hören werden. Dass wir ihn niemals wieder lachen sehen werden. Dass er uns niemals wieder zum Lachen bringen wird. Dass seine wunderbare Seele bald für immer verloren sein wird. All diese Gedanken sind unerträglich und brechen mein Herz. Ich kann mit diesen Gedanken nicht umgehen. Sie sind so schmerzhaft und unwirklich.

Mal streicht mir beruhigend über den Rücken, sagt aber nichts. Und es reicht mir, einfach in den Arm genommen zu werden. Das Bild von Carlos, wie er leblos im Bett liegt, überall Verbände und Wunden, geht mir nicht mehr aus dem Kopf und erinnert mich immer wieder an die schreckliche Realität. Schließlich beruhige ich mich ein wenig und Mal lässt mich mit einem traurigen Blick los. "Was tun wir jetzt?", flüstert Jay, seine Stimme klingt brüchig. Mal sieht uns mitleidig an. "Wir besuchen eure Eltern."

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