DOMUS

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Kaya sah das Fenster ihrer Kammer zwei mal hell aufleuchten. Die Vorhänge flatterten im Sturmwind, der durch die vielen Bäume des Gartens gezähmt wurde. „Drei... zwo... eins..." zählte sie, als der Donner kam und das Haus erschütterte. Zeitgleich hörte man einen schrillen Schrei von nebenan. „Das Mädchen tut mir leid. Sie hat so panische Angst vor Gewitter." „wo ist denn ihre Mami?" fragte eine männliche Stimme von unter ihr. Sie lag auf einem massiven Doppelstockbett und las ein Buch. Leviathan, Thomas Hobbes. „Die Mami ist auf Geschäftsreise. Und der Papa hat soziale Fähigkeiten die seinem Stand entsprechen." sie hörte ihn rascheln und sah nach unten. Kenji hieß der Mann, er hatte kurze, schwarze Haare, einen stoppeligen Dreitagebart und war bis zum Hals tätowiert. Feuerzungen, die seinen Hals nach oben leckten. Seinen schmalen Körper hatte er in einer schwarzen Hose und einem glatten, ebenso schwarzen Seidenhemd verstaut. „Vielleicht solltest du zu ihr gehen Kaya. Du bist sowieso liebevoller als diese Frau jemals war." „ich darf nicht, Kenji." sagte Kaya niedergeschlagen. „Der Master lässt... eine wie mich... nicht an die Kinder. Ich könnte sie korrumpieren." „Du weißt dass das..." in dem Moment schrie sie wieder. „Los jetzt!" sagte er. „Ich seh doch dass du rüber willst." Zögerlich stand Kaya auf und strich ihr einfaches, weißes Kleid glatt. Sie warf Kenji einen Blick zu, doch dieser nickte nur Richtung Wand zum Nebenzimmer.

Auf dem Gang war es kühl und windig. Kein Wunder bei der Größe der Villa. Es sah aus wie im Film. Stuck zierte die Decke, der Boden war mit rotem Teppich ausgelegt. Kaya klopfte vorsichtig an die Tür des Kinderzimmers. „Anna?" fragte sie vorsichtig. „J... ja?" kam es gedämpft von drüben. „Willst du dass ich zu dir komme?" „hmm." antwortete sie. Kaya öffnete die Tür und schlüpfte in das gewaltige Kinderzimmer. Anna hatte die Decke über ihren Kopf gezogen und linste jetzt ein wenig heraus. Kaya konnte nicht mehr an sich halten und setzte sich auf das Bett neben das Mädchen. Sie schlang sofort ihre kleinen Arme um sie. Ihr Klammergriff war erstaunlich stark für eine 11- jährige. Bei jedem Donnerschlag fühlte Kaya das Mädchen zittern. Sie legte sich auf den Rücken, und Anna kuschelte sich an sie. So schlief sie langsam ein.

Kenji fühlte indes ein Ziehen in seinen Eingeweiden. Er wurde gebraucht. In Sekunden hatte sich sein Körper aufgelöst und er schwebte dekorporiert durch die Wände. Er sah Kaya neben der kleinen Tochter des Masters liegen und lächelte. Er flog blitzschnell in die Eingangshalle der Villa und sah den Master auf einem Sessel, mit seiner gewaltigen Axt im Schoß. Der Master war ein etwas dicker Mann in seinen Fünfzigern, er trug einen maßgeschneiderten Anzug und sah mit der Narbe auf der linken Wange aus wie ein Mafia- Pate. Kenji hatte die schon gesehen in seinem Leben. In einer Wolke aus schwarzem Nebel bildete Kenji seinen Körper neben dem Sessel. „Master. Sie haben gerufen?" er sah überrascht aus. „Nicht... wirklich. Ich habe nur gedacht dass ich vielleicht Unterstützung brauche." „anscheinend reicht das." lächelte Kenji. „Also. Was gibts?" „die Kameras sind ausgefallen." „das kann doch auch wegen des Gewitters sein." er warf Kenji einen schiefen Blick zu. „Kann." sein Wetzstein fuhr über die glänzende und definitiv schon genug geschärfte Schneide der Axt. „Kann ist mir nicht genug wenn es um meine Familie geht. Die drei Kinder dort oben sind das wichtigste in meinem Besitz." Kenji nickte. „Das verstehe ich natürlich." „es geht los." der Master stand auf. Sein Diener folgte seinem Blick nach vorne und sah ebenso wie er die drei schwarzen Schatten an der Haustür.

Doch dann passierte, was keiner der beiden Männer erwartete. Die Klingel schellte. „Kenji." zischte der Master und nickte Richtung Tür. Er verstand und ging langsam hin. Der Diener zog die Tür einen Spalt auf und spähte hinaus. „Wer da?" „Gott- Sucher Vladimir." erwiderte eine männliche Stimme mit starkem russischen Akzent. „Ist Master Bernn..." eine große Pranke packte Kenji und zog ihn von der Tür weg. „Gott- Sucher. Ich bitte vielmals..." der Mann öffnete die Tür und trat mit einer Entourage aus zwei hünenhaften Schlägern ein. Beide trugen Pistolen und Schlagstöcke an ihren Gürteln und Messer in Unterarmscheiden. „Bernn, mein Freund! Schön dich zu sehen. Was soll die Axt?" der Mann war klein und schmächtig, aber nicht sehr alt. Er war glatt rasiert und trug einen langen Wintermantel mit einigen braunen Lederverstärkungen. Und er war nicht weniger bewaffnet als seine Gorillas. „Entschuldige mich, Meister. Meine Nerven. Das Sicherheitssystem ist ausgefallen." „und dein Dämon ist so spät zur Stelle?" Bernn lächelte. „Er ist der beste den ich je hatte. Der Schutz meiner Familie liegt ihm ebenso am Herzen wie mir." „beeindruckend." der Gott- Sucher beäugte Kenji jetzt interessiert. Seine Grünen Augen brannten wie Feuer auf dem Dämon. „Stimmt was er sagt, Dämon?" „Ja, Sir." sagte Kenji stolz und meinte es auch so. „Gott hat diesen Weg für mich vorgesehen. Ich kann mich beweisen, weil ich meine Familie im Leben nicht beschützen konnte." er lächelte, Kenjis Antwort hatte ihm offenbar gefallen. „Gut, sehr gut. Das ehrt dich, mein Junge." er sah zu Bernn. „Auch wenn mich deine Theologie zum Schmunzeln bringt. Ist dir bewusst, dass du einem der verbissensten Atheisten dienst, die ich kennen lernen durfte?" „natürlich. Aber die Einstellung, die Master Bernn zu Gott hat, ändert nichts an meiner Loyalität." er lachte und sag Bernn an. „Mit so einem Dämon an deiner Seite fühle ich mich gar nicht mehr so schlecht, dir die Nachricht zu überbringen die ich für dich habe." Master Bernn zog eine Braue nach oben. „Ich bin ganz Ohr."

Urban AngelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt