Kapitel 8

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„Hallo! Na, wie geht es dir? Ich habe mitbekommen, was heute alles vorgefallen ist" begrüßt Frederik mich am Abend, nachdem der Schichtwechsel stattgefunden hat. Ich nicke nur leicht, bringe aber keinen Ton heraus. „Als ich das letzte mal als wir uns gesehen habe meinte, dass ich noch mit dir reden möchte, wollte ich eigentlich genau darüber reden... über deinen Vater. Aber das hat sich ja jetzt schon erledigt... es tut mir leid, was mit deiner Mutter geschehen ist! Insgesamt tut mir die komplette Situation außerordentlich leid und wenn ich könnte, würde ich dir gerne helfen!" erklärt er und setzt sich auf den Stuhl neben meinem Bett. Ich schaue nach oben an die Decke, um die Tränen in meinen Augen davon abzuhalten, sich ihren Weg nach draußen zu bahnen. „Kann ich etwas für dich tun?" fragt er, aber ich schüttle nur den Kopf. „Möchtest du alleine sein?" fragt er weiter und ich nicke. „Okay... ich untersuche dich noch schnell, dann hast du deine Ruhe. Keinen Hunger heute gehabt?" fragt er und schaut auf das Tablett vom Mittag. Ich schüttle wieder den Kopf und er seufzt. „Na gut. Komm, ich nehme dich mit ins Behandlungszimmer, dann hast du auch mal wieder etwas Bewegung und kommst aus dem Bett raus" bietet er mir an. Ich wische mir mit dem Ärmel die Tränen aus den Augen, schlage die Decke zur Seite und stelle zum ersten Mal frustriert fest, dass ich immer noch die OP Wäsche an habe. „Hast du jemanden, der dir ein paar Sachen von zuhause vorbei bringen kann?" fragt Frederik, während er meinen Blutdruck misst , aber wieder schüttle ich nur den Kopf. „Ich kümmere mich darum" lächelt er und nachdem er die Manschette um meinen Arm wieder entfernt hat, hilft er mir aufzustehen und da mein Kreislauf erst wieder in Schwung kommen muss, bleibe ich ein paar Sekunden leicht wackelig auf den Beinen stehen, bis ich mich sicher fühle. Ich folge ihm den Flur entlang in eines der Zimmer und setze mich dort auf die Trage. Mittlerweile ist auch die Schwester vom Vortag zu uns gestoßen und hilft Frederik bei der Untersuchung. „Ich denke, wir können dich in wenigen Tagen schon entlassen" beschließt Frederik am Ende seiner Untersuchung und ich nicke erleichtert. Den ganzen Tag hier nur rum zu liegen macht mich irgendwie fertig, wobei ich nicht weiß, ob Schule wirklich besser wäre. „Kann ich übermorgen wieder in die Schule?" frage ich, aber Frederik schüttelt den Kopf. „Rechne lieber mal mit Mittwoch" bittet er mich und ich nicke wieder. „Gut, du darfst jetzt zurück ins Bett. Essen müsste auch gleich kommen. Versuche bitte etwas zu essen und ruhe dich danach aus" „Ja mache ich". Ich Rutsche von der Trage runter und stolpere zurück in Richtung mein Zimmer, wobei die Schwester mir folgt, mich wieder an die Infusion anschließt nachdem ich auf dem Klo war und mein Tablett vom Mittag mitnimmt. Eine halbe Stunde später sitze ich mit einem Teller Suppe im Bett und schlucke sie gezwungenermaßen runter. Anschließend mache ich das Licht in meinem Zimmer aus, Kuschel mich so gut es geht unter meine Decke und beobachte die Sterne durch mein Fenster hindurch bis ich einschlafe.

Die nächsten 4 Tage verlaufen jeden Tag gleich: ich muss weiterhin regelmäßig durch weitere Untersuchungen durch, die Polizei und eine Jugendamt Mitarbeiterin kommen vorbei, ich Schlafe sehr viel und versuche mich von der Operation zu erholen.

„Guten Morgen! Zeit um entlassen zu werden, oder?" begrüßt mich einer der Ärzte Mittwoch morgens und ich nicke. „Deine Unterlagen geben wir gleich der Frau mit, die dich abholen wird. Dort sind sie dann gut aufgehoben. Sachen hattest du ja keine dabei?" fragt er und ich schüttle den Kopf. „Alles klar. Dann befreie ich dich mal von den ganzen Kabeln" zwinkert er und keine zehn Minuten sitze ich befreit und in den Klamotten, mit denen ich in die Klinik kam, auf meinem Bett und warte auf mein „Taxi". „Hallo Anna! Ich bin Miriam, deine neue Betreuerin" stellt sich eine Dreiviertel Stunde später eine junge Frau bei mir vor. Sie ist groß, hat blonde glatte Haare und blaue Augen - das Gegenteil von mir. Bisher bin ich relativ klein für mein alter, habe braune leicht gelockte Haare und grün-goldene Augen. Außerdem bin ich nicht so braun gebrannt wie sie. „Hallo" antworte ich schüchtern. „Bist du bereit? Ich bringe dich in dein neues Zuhause. Deine Sachen warten dort bereits auf dich" erklärt sie mir und ich nicke. Ich habe zwar keine Ahnung, wie meine Sachen dorthin kommen, letztendlich ist es mir aber auch egal. Ich Rutsche vom Bett und folge ihr zum Stationszimmer, wo sie meine Arztbriefe abholt und mich abmeldet. Ein wenig traurig darüber, dass ich Frederik nicht nochmal zum Abschied gesehen habe, verlasse ich mit ihr das Krankenhaus auf den großen Parkplatz, wo sie mich zu einem silbernen Auto bringt. „Du darfst einsteigen, wir fahren aber nicht lange" lächelt sie freundlich und geht um das Auto herum auf ihre Seite. Ich öffne die Tür, lasse mich auf den Sitz fallen und schnalle mich an. „Ab morgen darfst du dann auch wieder in die Schule" erklärt mir Miriam, als sie ebenfalls im Auto sitzt und ich nicke. Während der gesamten Fahrt sage ich kein Wort und auch sie schweigt zu meiner Erleichterung. Im Heim angekommen führt sie mich direkt in mein Zimmer - glücklicherweise habe ich eines der angeblich heiß begehrten Einzelzimmer abbekommen, wobei ich mir sicher bin, dass es nur aus Mitleid ist. Vor meinem Bett, das direkt unter dem Fenster steht, stehen zwei große Koffer, in denen meine Sachen verstaut sind. An der Gegenüberliegenden wand steht in der Ecke ein Schreibtisch mit einem Regal obendrüber, ein Kleiderschrank steht an der Wand neben der Tür. „Mach es dir bequem, um 13 Uhr gibt es essen für alle vorne im Gemeinschaftsraum" sagt Miriam zu mir und ich nicke. Sie schließt die Tür hinter sich und verschwindet. Ich gehe zu den Koffern und öffne sie. Ich finde das Bild meiner Mutter, meine Hygieneartikel, Schulsachen und zu meinem entsetzten ausschließlich neue Klamotten. Völlig verwirrt schaue ich mir ein Teil nach dem anderen an, bis ich meinen Koffer fertig ausgeräumt habe. Insgesamt zehn T-Shirts, zwei Jeans, fünf Pullover, drei Tops, zwei Blusen, zwei Hotpans, zwei Strickjacken, eine Bomberjacke, eine Daunenjacke, zwei paar sneaker und eine neue Tasche kommen zum Vorschein. Ich Rappel mich vom Boden auf und mache mich auf die Suche nach Miriam. „Ähm... du Miriam... ich glaube, ich habe den falschen Koffer bekommen" erkläre ich, während ich meine Hände vor meinem Bauch Knete, wobei ich weiß, dass das mit dem Bild meiner Mutter nicht passen kann. „Wie kommst du darauf?" sie schaut fragend auf. „Naja... die Klamotten gehören alle nicht mir" erkläre ich. „Oh, weil sie neu sind? Die hat jemand hier für dich abgegeben, dieser jemand wollte jedoch unerkannt bleiben" erklärt sie mir lächelnd und ich ziehe beide Augenbrauen hoch. „Ähm... okay..." stottere ich nur leicht und gehe zurück in mein Zimmer, wo ich die Klamotten anprobiere. Jedes einzelne Teil passt auf den Millimeter genau, als sei es maßgeschneidert. Kopfschüttelnd räume ich die Klamotten in meinen Schrank, beziehe mein Bett und lege mich dann darauf. Ich muss unbedingt herausfinden, wer mir diese Klamotten geschenkt hat!

Wenn aus Freundschaft Liebe wird (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt