13. Nachts

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Jakes Sicht
Als ich meine Augenlider aufschlage, ist es stockdunkel. Anscheinend mitten in der Nacht. Die Luft um mich fühlt sich schwer und stickig an. Mir ist noch immer schwindlig und mein Hals ist schrecklich trocken.
Schwach richte ich mich auf, wobei sich meine Augen langsam an die Finsternis gewöhnen.
So erkenne ich ein Glas Wasser am Nachttisch stehen, welches ich sofort leere. Selbst danach fühlt sich mein Hals unerträglich rau an.
Ich brauche einfach frische Luft und wirklich müde bin ich nicht mehr. Also gehe ich vorsichtig sowie auf wackeligen Beinen aus dem Raum.
Wie bereits so oft führt mich mein Weg nach draußen. Dabei trage ich lediglich eine Boxershorts.
Unter meinen Füßen fühle ich die nasse Wiese. Es nieselt leicht und ist windig.
Mir ist noch immer leicht schwindlig, weshalb ich es für keine gute Idee halte auf den Baum zu klettern. Stattdessen lasse ich mich in das feuchte Gras fallen.
Dass ich dadurch komplett durchnässt werde, ist mir egal. Ich lege mich auf die Seite und ziehe meine Knie näher zur Brust, um mich ein bisschen zu wärmen. Rein will ich nicht, obwohl ich bereits am ganzen Körper zittere und sich eine Gänsehaut auf meinen Gliedmaßen gebildet hat.
Das Gras riecht angenehm frisch und die Luft ist so herrlich klar.
Ich bleibe liegen, bis meine Zähne und Finger durch die Kälte schon leicht taub sind.
Drinnen angekommen, will ich nicht wieder ins Bett. Ich bin hellwach obwohl mir die Uhr im Wohnzimmer 03:14 Uhr in der Nacht anzeigt. Da wird die Stille von einem lauten Knurren meines Magens gebrochen. Erst jetzt fällt mir auf, dass ich hungrig bin. Alec wird hoffentlich nichts dagegen haben, wenn ich mir etwas aus der Küche hole. Doch dann habe ich ein Problem: ich habe noch nie gekocht. Mehr als ein Brot belegen war auch noch nie nötig. Ich erkunde sämtliche Regale und Laden in der Küche sowie den Kühlschrank. Dabei komme ich mir unglaublich dumm vor, weil ich den Großteil der Produkte noch nie gesehen habe.
Also nehme ich mir einen Apfel und eine Scheibe Brot. Dies verzerre ich in all Ruhe am Küchenboden im Dunklen. Währenddessen trinke ich immer wieder Wasser von der Leitung. Danach klaue ich mir noch einen Keks.
Während ich genüsslich in die kleine Leckerei beiße, fühle ich mich, als würde ich etwas streng Verbotenes machen. Noch nie zuvor habe ich einen Keks gegessen ohne jemanden davor zu fragen, was mich schelmisch lächeln lässt.

Weiterhin will ich nicht hoch ins Zimmer. Deshalb bleibt mir nur eins: hinunter zu gehen. Im Keller war ich fast noch nie und vielleicht kann ich mich dort mit irgendetwas beschäftigen.
So ergibt es sich, dass ich anscheinend mehrere Stunden Billard spiele. Ich weiß zwar nur aus meinem alten Mathe-Buch, wie es funktioniert und ich mache sicher viele Fehler, aber es ist lustig zu versuchen die Kugeln einzulochen. Bestimmt sind es über hundert Stöße, bis ich es schaffe eine einzelne Kugel mithilfe der weißen Kugel zu versenken. Dennoch ist es sehr unterhaltsam. Diesen Stock halte ich sicher auch anders als es sich gehört, jedoch funktioniert es irgendwann irgendwie. Im Heim gab es nun mal keinen Billardtisch und in Mathe aus Langeweile mit zwei fast runden Radiergummis und einem Bleistift dieses Spiel nachzuahmen, ist etwas anders. Ich juble über jede versenkte Kugel. Es ist viel schwieriger als es aussieht.
Nach dem Spiel gegen mich selber, ist mir wieder etwas wärmer geworden. Wenn auch nicht sehr, da dieser Keller deutlich kälter als Alecs Zimmer ist.
Um mich etwas zu wärmen, renne ich in dem Raum ein paar Runden. Immer um den Tischtennistisch und den Billardtisch herum. Denn den Zweiten allein habe ich schon genug umrundet.
Als ich wieder hoch gehe, ist die Sonne gerade dabei aufzugehen und ich höre Stimmen als ich das Erdgeschoss erreicht habe. Sie kommen aus der Küche. Ich denke es sind Miles und Carol.
Unbemerkt schleiche ich die Stufen hoch, um in Alecs Zimmer zu duschen.
Trotz des Laufens ist mir kalt. Außerdem hat anscheinend die staubige Luft unten meinen Hals gereizt, weshalb sich dieser unangenehm rau anfühlt und das Schlucken schmerzt.
Bestimmt geht das bald wieder weg.
Im Zimmer kann ich Alec immer noch schlafend im Bett erkennen. Aber warum liegt da so viel Gewand neben ihm herum?
Erst unter der Dusche verstehe ich, dass ich an dem Gewandchaos Schuld bin und will alles wieder wegräumen, sobald ich es schaffe die Dusche zu verlassen. Doch dies stellt sich als mühseliges Unterfangen heraus. Der Wasserstrahl ist so schön warm, wie die Sommersonne. Außerdem kann ich so immer wieder etwas Wasser trinken, um meinen Hals zu beruhigen. Zumindest ist das mein Ziel. Langsam nerven mich die Halsschmerzen richtig.
Erschrocken zucke ich zusammen, als sich schwungvoll die Tür zum Bad öffnet.
„Morgen Kleiner", begrüßt mich mein Alpha gähnend.
Ich erwidern nur ein müdes Lächeln. Warum bin ich nur schon wieder so erschöpft, dass ich schlafen könnte? Ich bin doch erst ein paar Stunden wach... glaube ich.
Obwohl ich unter der Dusche bin, wuschelt mir Alec durch die Haare und fragt anschließend: „Ist das Wasser nicht ein bisschen zu warm." „Äh... nein. Ich finde es angenehm", antworte ich und bin leicht irritiert. Bisher hatten wir immer die gleiche Empfindung für Wärme. Hat sich anscheinend geändert.
Mein Alpha zuckt mit den Schultern und beginnt sich die Zähne zu putzen. Dabei sieht er mich immer wieder an, bis ich es nervig finde und das Wasser abdrehe. Grob trockne ich mich ab und gehe danach ins Schlafzimmer. Alec hat schon die Fenster zum Lüften geöffnet und ich gehe, ohne noch irgendetwas zu machen, zum Bett. Das Gewand schmeiße ich auf den Boden. Darum kann ich mich auch noch später kümmern. Ich schnappe mir einen Kopfpolster und die Decke und kuschle mich hinein. Ich liege dabei mit dem Rücken zum Badezimmer. Glücklicherweise fühlt sich die Bettwäsche angenehmer an als gestern. Aber alles ist noch immer so rau, wie mein Hals.
„Noch müde Jake?", höre ich die Stimme meines Alphas. Der hat ja keine Ahnung wie viel ich heute schon gemacht habe, was vielleicht auch besser so ist. Deshalb nicke ich einfach. Ob es ihm möglich ist diese Geste wahrzunehmen, kann ich jedoch nicht erkennen. Hoffentlich fällt nicht auf, dass ich einen Keks geklaut habe. Wie lächerlich es auch klingen mag, dies ist gerade meine größte Sorge.
„Du hast doch sicher Hunger Kleiner oder?", kommt es von Alec und klingt dabei sehr auffordernd.
„Ich will hier bleiben", stelle ich klar. Mein Alpha seufzte, bevor er zu mir kommt und mich ohne Verwarnung aus dem Bett hebt. Dabei meint Alec: „Du hast den ganzen gestrigen Tag nichts gegessen. Deshalb werden..." Da bricht er plötzlich im Satz ab und mustert mich. Dabei hänge ich einfach nur auf seinen Armen und würdige ihm keines Blickes.
Nach einem Moment der Stille fragt mein Alpha: „Hast du Fieber?"
Woher soll ich das wissen?
„Weiß nicht", antworte ich daher.
Ich werde vorsichtig zurück ins Bett gelegt. Danach geht Alec aus dem Zimmer und kommt kurz darauf mit einem Fieberthermometer zurück.
„38,4", murmelt der ältere nachdem das Thermometer unter meiner Axel zu piepsen begonnen hat. „Hast du irgendwo Schmerzen?", will Alec, der neben dem Bett kniet und mir den Kopf streichelt, direkt wissen.
„Nicht wirklich. Mein Hals fühlt sich nur komisch rau an aber das geht bestimmt bald wieder weg", kommt meine Antwort.

MírameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt