Akte 31: Temari

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Shikamaru

Ich schiebe meine Hände in die Kitteltaschen. Ich spüre nur meinen Schlüssel und seufze. Mach ein Praktikum, haben sie gesagt. Das bringt dich auf andere Gedanken, haben sie gesagt. Ein Praktikum in einer Kinderklinik in Seattle. Na super.
»Und, aufgeregt?«
Sie redet mit mir, als wäre ich ein kleines Kind. Das stört mich jedes Mal, doch wie kann ich es ihr verübeln? Ich bin sechzehn. Mein Frontaler Kortex ist noch nicht vollständig entwickelt, weit entfernt davon sogar.
»Total.« antworte ich, verdrehe leicht die Augen. Dumme Leute. Stellen viel zu viele Fragen. Dabei sieht sie so nett aus. Sie hat dickes, rosanes Haar, was irgendwie aussieht, als wäre es natürlich. Ich starre auf die blaue kristallförmige Struktur auf ihrer Stirn. Ein Heilkristall? Sie ist wohl kaum Esoterikerin. Nicht in einem der renommiertesten Krankenhäuser der Welt.

»Entschuldigen Sie, Frau Doktor Haruno, wofür ist das Implantat?«
Ihre Augen werden schmal. Bösartig schmal.
»Alles an mir ist echt, Shikamaru.«
Mir steigt das Blut in den Kopf. Was für ein peinliches Missverständnis.
»Nein, ich meine den Kristall auf Ihrer Stirn.«
Ihre Gesichtszüge werden weicher. Sie lachte kurz und antwortete:
»Ich war mit Tsunade Senju eine Zeit lang in Äthiopien bei einem einheimischen Stamm, wo wir Kinder gesund gepflegt und in klassischer Medizin unterrichtet haben. Die Kultur dort verlangt es, dass Heilerinnnen diese Steine auf der Stirn tragen, sie glauben, es schützt die Heiler davor selbst zu erkranken und gibt ihnen Kraft. Es ist tatsächlich nur ein magnetisches Piercing.«
Sie nimmt den Stein von der Stirn. Zwei plattenartige Metallstücke gucken aus ihrer Haut. Irgendwie bin ich fasziniert.
»Ein Dermal Anchor.« sage ich. Da ich selber zwei Tunnel habe, für die mein Vater mich beinahe enterbt hat, kenne ich mich aus.
»Ich wollte es hier in Amerika erst wieder abnehmen. Ich glaube nicht an so einen Quatsch. Und dennoch bin ich seitdem nicht ein einziges Mal krank geworden. Eigenartig, nicht wahr?«
Sie schreibt weiter auf ihrem Zettel herum. Ich kann mit Glaube nichts anfangen. Dennoch gibt es Dinge, die die Logik nicht erklären kann. Von denen halte ich mich nur grundsätzlich fern.

Dr. Haruno steckt den Stift in ihre Kitteltasche, lächelt und steht auf. Ich folge ihr.
»Dann mal los. Es gibt viel zu tun. Viele kranke Kinder, denen wir helfen müssen. Vielleicht kann ich dich für die Kindermedizin begeistern. Wobei die meisten es nicht lange hier aushalten.«
Ich verziehe das Gesicht. Natürlich nicht. Kranke Kinder schreien nur.
Wir gehen durch das Foyer in einen Aufzug, so modern, dass es mir zuviel ist. Kognitive Überstimulation. Das Glas, das Licht, die Musik. Es geht weiter durch einen Gang, dann macht Dr. Haruno vor einer Glastür halt. Dahinter ist es nicht klinisch weiß und grell. Es ist bunt, ein Regenbogen zieht sich durch den Gang und das Licht ist warmweiß gedimmt.
»Das ist die Kinderstation von Dr. Shisui Uchiha. Die Kinder hier haben nach dem heutigen Stand der Dinge unheilbare psychische Krankheiten, die sich auf ihr Immunsystem ausgewirkt haben. Dieser Effekt ist allgemein bekannt als -«
»Psychosomatik.« sage ich. Sie nickt. Ja, damit bin ich vertraut. Es ist eine Welt, mit der ich nie etwas anfangen konnte. Wie der eigene Geist den Körper so aussaugen kann, dass er nicht mehr lebensfähig ist. Meine Gedanken verpuffen, als eine Krankenschwester auf uns zu kommt. Dr. Haruno nickt ihr zu.
»Das ist Schwester Ino. Du wirst sie unterstützen. Ihr macht Gesundheitschecks und nehmt ein paar Werte auf.«

»Es reicht, wenn du mich Ino nennst. Du bist heute der Chef. Dann zeig mal, was du drauf hast.«
Unnachgiebig drückt sie mir ein Klemmbrett in die Hand. Jetzt kriege ich doch ein wenig Panik. Ich bin doch nur Praktikant!
»Wenn dir am heutigen Tag irgendetwas zu viel ist, dann darfst du jederzeit gehen. Du bist selbst noch ein Kind, ich verlange nichts.«
Ich nicke. Immer schön gechillt bleiben. So schlimm kann es ja nicht sein. Menschen werden jeden Tag krank, sterben jeden Tag.
»Gut.« sagt Ino, tritt mit ernstem Blick durch die Tür, doch als sie das erste Krankenzimmer betritt, wandelte sich ihre Miene in ein strahlendes Lächeln um.

Die St. Konoha Klinik || Naruto & Anime OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt