Kapitel 5

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Als ich Eleonore dabei zusah, wie sie mir gerade ein Omelette machte, fragte ich mich, wann ich das letzte Mal gegessen habe. Und es kamen immer wieder die gleichen Fragen auf, die mich seit meinem Aufwachen in der Fabrik verfolgten.
Wieso war ich dort? Wie kam ich dahin? Wo bin eigentlich? Und die wohl wichtigste Frage: Was ist passiert?
Ich konnte leider keiner meiner Fragen beantworten und beschloss, Eleonore danach auszufragen.
Meine Gedanken wurden einst wieder unterbrochen, als Eleonore mir einen Teller, mit einem vollduftenem Gericht auf dem Tisch legte und mir noch Glas Wasser rüberreichte, welches ich hastig austrank und dessen kühle Erfrischung ich genoss.
,, Nicht so hastig, mein Kind", sagte Eleonore.
Daraufhin verlangsamte ich mein Tempo so gut es ging.
,, Wann haben Sie den das letztes Mal gegessen?", fragte Eleonore und man konnte ihr die Besorgnis ansehen.
,, Ich weiß es nicht mehr", antwortete ich, bevor ich mir einen weiteren Biss gönnte.

Ich half Eleonore beim Abwasch, denn dies schien mir das Mindeste was ich hätte tun können.
Als ich ihr gerade den letzten Teller überreichte, fing sie an zu reden:
,, Woher kommen Sie den, Iris?"
,, Bin in England geboren und ab meinem dritten Lebensjahr ständig umgezogen. Ich habe an den verschiedesten Orten gewohnt."
,, Wo waren Sie den überall?"
,, Mal lebten meine Eltern und ich in Japan, Frankreich, Deutschland, Thailand und sogar in Jerusalem."
,, Was waren denn ihre Eltern?"
,, Mein Vater ist Diplomat und meine Mutter arbeitet als Ärztin in Kriegsgebieten."
,, Arbeitet?", fragte mich Eleonore ungläubisch.
,, Ja, sie ist momentan in West-Afrika. Wegen den Epidemien, Ebola", ich seufzte kurz auf, ,, Sie wissen ja sicher Bescheid."
,, Ach ja, Ebola, dieser Virus. Ja, ich kann mich daran erinnern. Das hat wirklich die Welt geschockt, aber nicht so sehr wie das Shadows-Projekt."
,, Das was?", fragte ich nun.
,, Das Shadows-Projekt. Sie wissen es bestimmt. Jeder weiß davon. Die ganze Welt wei§ es!"
,, Muss ich das kennen?"
Eleonore betrachtete mich, wie eine Mutter ihr Kind, wenn etwas sehr Schlimmes vorgefallen ist.
,, Eleonore, ihr Blick gefällt mir ganz und gar nicht."
Meine Stimme klang zittrig und mir war kalt. Ich fühlte mich unwohl.
Eine schlimme Befürchtung breitete sich in mir aus.
,, Was ist los?", fragte ich sie.
Sie seufzte: ,, Ach Liebes, das kann bei ihren Zustand bis Morgen warten. Es ist...nichts schlimmes. Machen Sie sich keine Sorgen." Ein Lächeln schmeichelte ihren Mund.
,, Wo ist denn überhaupt ihr Mann?", fragte ich sie, nachdem ich dessen Abwesenheit erst jetzt bemerkte.
,, Ach, George. Er ist im oben und schläft", sagte sie.
Ich räumte die letzten Teller in den Schrank und sah aus dem Augenwinkel, wie Eleonore mich anstarrte. Es war mir unangenehm, wenn mich jemand so anstarrte.
,, Was ist denn?", fragte ich sie vorsichtig.
,, Naja, Sie sehen, wie soll ich es sagen....interessant aus."
,, Was meinen Sie mit 'interessant'?"
,, Die jungen Frauen die ich meist sehe, haben nichts Außergewöhnliches an sich. Aber Sie, meine Liebe, sehen ungewöhnlich aus", sagte Eleonore mit einem Lächeln.
,, Was ich sehe doch normal aus? Ich bin nichts Besonderes", erklärte ich ihr und konnte mir es nicht verkneifen, meine Stirn zu runzeln.
,, Na, ihre Haare meine Liebe, und das an ihrer Nase, dieses 'Piercing', das die meisten jungen Leute früher getragen haben." Sie lächelte.
,, Ach, mein Nasenpiercing. Das ist doch nicht ungewöhnlich", ich lachte kurz auf, ,, Und meine Haare, wie bei jedem anderen."
Sie schaute mich an.
,, Ich habe selten jemanden mit blauen Haaren gesehen."
,, Was? Meine Haare sind doch nicht blau, sondern dunkelbraun."
,, Nein, nein. Sie sind blau. Ich sehe es doch", antwortete sie.
,, Das kann doch nicht sein!"
Ich tastete nach meinen Haaren, und löste den Dutt.
Meine langen Haare fielen mir über die Schulter und der Anblick der sich mir bot, schockierte mich. Diese Frau hat die Wahrheit gesagt. Eleonore hatte Recht.
Ich sah zu meinen Spitzen herunter und tatsächlich. Sie waren blau! Hellblau!
,, K-k-kann ich... ehmm... einen..einen...Spiegel b-b-bekommen?", fragte ich sie stotternd.
,, Natürlich!", antwortete sie und warf mir einen besorgten Blick zu.
Sie verließ die Küche, kam aber wenige Sekunden wieder zurück und gab mir einen Spiegel.
Ich schaute mich an. Mein Spiegelbild. Aber das kann doch nicht wahr sein...
Oder doch? Wann hatte ich sie mir denn gefärbt? Was ist passiert? Wieso kann ich mich nicht daran erinnern, meine Haare gefärbt zu haben?
Ich blickte nochmals in den Spiegel.
Ich sah mich, aber dennoch war ich es nicht.
Das Bild, das sich mir bot, zeigte ein herzförmiges Gesicht, mit runden und weichen Gesichtszügen. Meine kleine, etwas breitere Nase, zierte einen kleinen, schmalen, schwarzen Ring, um meinen rechten Nasenflügel. Die dunklen, dichten Augenbrauen waren auch noch da. Aber meine Haare waren hellblau. Hellblau! Wieso, um Gottes Willen, habe ich hellblaue Haare? Mein dunkler Haaransatz deutete mir, dass ich die Farbe schon etwas länger habe. Aber wann ist das passiert? Ich wusste es nicht. Aber es waren nicht die hellblauen Haare die mich störten. Nein. Etwas war anders an mir. Meine Augen.
Es waren zwar noch immer diese braun, grünen Augen, aber es stimmte etwas nicht. Sie sahen anders aus.
Sie leuchteten und hatten einen animalischen, wilden Ausdruck. Doch bevor ich noch etwas denken konnte, leuchteten meine Augen kurz gold auf, bevor mich die volkommenen Schwärze umhüllte und ich mein Bewusstsein verlor.

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