random short story (wirklich short)

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Nathan
Kannst du die Sterne sehen, Sophie? Sie sehen aus wie kleine Diamanten und funkeln so hell, dass die Nacht nicht ganz dunkel erscheint. So haben deine Augen meinen Blick auch immer gestreift. Und jetzt bist du einfach weg, Baby. Einfach so.
Ich zünde mir meine selbstgedrehte Zigarette an und ziehe ordentlich. Endlich. Ich merke, wie der Rauch meine Lungen durchwandert und ich stoße einen Seufzer aus. Wie lange ist es her, dass ich dich nicht mehr gesehen habe, Babydoll? Zwei, drei Monate? Ich kann mit Zeiten nichts anfangen. Alles wirkt so, als wäre es gestern gewesen und eigentlich ist es doch schon so lange her. Das fuckt mich verdammt ab. Du fuckst mich ab, Sophie.

Weißt du, wie spät es ist? Mitten in der Nacht, so sagen es mir zumindest die Sterne. Sie sind immer da. Manchmal kann man sie nicht sehen, aber auch bei Tag sind sie immer da. Du bist es nicht, Babydoll. Du bist immer noch weg und mich macht es wahnsinnig, nicht bei dir sein zu können. Nicht in dir zu sein. Dich zu ficken, deinen Höhepunkt so lange hinauszuzögern, dass du mich mit deinen verrückten Augen immer zerrissen hast. Jetzt tust du es nicht mehr. Kein Funkeln in den Augen. Kein Stöhnen meines Namens. Du hast ihn immer gerne gesagt, Babydoll. Hat es dir die Sprache verschlagen?

Nicht lange, und die Nachtluft ist geschwängert mit meinem Zigarettenduft. Du mochtest es immer sie einzuatmen. Die Luft, die ich auch atme. Aber jetzt bist du fort. Für immer. Für mich zumindest. Natürlich, ich bin nicht ganz unschuldig daran. Du hattest es aber verdient, du kleine Schlampe. Du hast mein Leben gefickt. Und hast mich dich ficken lassen. Aber so läuft das nicht in meiner Welt. Das hast du immer gewusst, Babydoll. Wer weiß, ob du es jetzt auch weißt. Ich weiß es jedenfalls nicht.

Ich sehe mir noch einige Minuten den Sternenhimmel an, bevor ich meine Zigarette austrete und wieder in die Villa gehe. Was ist das für ein Leben, Sophie? Eine große, weiße Villa. Mit fucking Säulen vor der riesigen Flügeltür, die den Eingang bildet. Das Foyer ist wie eines dieser typisch amerikanischen Häuser. Weiß glänzender Marmor durchfließt den Raum bis zu einer zweiseitigen Treppe, deren Stufen mit bordeauxrotem Teppich bedeckt sind. So scheiß viel Geld, Babydoll. Mehr, als dass es für ein Leben ausreichen würde. Ich stapfe grimmig jede einzelne Stufe hoch, weil ich jeden Schritt in diesem Haus hasse. Ich muss zum Boss. Das muss ich immer, bevor ich losfahre und meinen Auftrag erledige. Der glatte, schwarze Handlauf der Treppe schmiegt sich an meine raue Hand an. Er ist kalt, Sophie. Nicht nur der Handlauf, sondern auch mein Boss. Deswegen bist du ja auch fort. Ich hätte es nicht ertragen, wäre er dir auf irgendeine Art und Weise nahe gekommen. Dann wäre es mir egal gewesen, Baby. Egal, dass er mein Boss ist. Egal, dass ich diese Aufträge erfüllen muss. Egal, obwohl der Boss mein Vater ist.

Aber du bist ja auch weg und alles hat keinen Sinn mehr. Nicht für mich, jedenfalls. Das weißt du aber nicht, Sophie-Ann. Gott, wie nervig ich deinen eigentlichen Namen finde. Mich macht er aber auch an. Fuck, ich darf nicht an deine vollen, perfekten Lippen denken, Babydoll. Ich bin keine Minute im Haus ohne nicht an dich denken zu können und vielleicht einen Ständer zu kriegen. Vor dem Boss kann ich einfach keinen Ständer haben. Also zügle ich meine verruchten Gedanken an dich, Sophie.
Vor dem Treppenabsatz der scheinbar endlos langen Treppe bleibe ich stehen und sauge die Luft ein. Ich nehme den Geruch von Gras, Nutten und Zigarren wahr. Das mache ich jedes Mal. Alles so wie immer. Beim Boss sehe ich zwar nie eine Hure, aber ich weiß, dass er welche hat. Aber ich kann noch nicht zuordnen welche es wirklich sind. Deshalb ficke ich hier auch keine, Sophie. Sie sind alle nicht wie du und der Gedanke daran, wo mein Vater schon überall war, macht mich etwas wuschig. Darüber denke ich jetzt lieber nicht nach. Aber die Gefahr eines Ständers ist ja ohnehin schon vorüber. Die letzte Stufe kostet mich immer ein Stück weit Überwindung, Babydoll. Wenn ich jetzt da reingehe, werde ich den Ring meines Bosses küssen, den durchdringenden Blick meines Vaters ertragen und gleich mit meinem schwarzen Zerouno Duerta losspreschen, um wieder jemanden zu killen. Aber es ist ja auch jedes Mal dasselbe Prinzip. Wovor also Angst haben, Soph?
Die massive Mahagonitür zum Geschäftsraum meines Vaters ist genau in der Mitte des ersten Stocks der Treppe. Als wäre er der Mittelpunkt. Alles ist auf ihn eingerichtet, so wie es für ihn passt. Er ist die Sonne unter all den schwarzen Löchern. Aber er ist auch in seiner Art so. Ohne Sonne gibt es keine Wärme, keine Helligkeit. Während ein schwarzes Loch alles in sich aufsaugt und verschwinden lässt, was ihm auch nur zu nah kommt. Ich bin auch ein schwarzes Loch, Sophie-Ann. Das hast du nur im letzten Moment aber erst bemerkt, als ich dir mein wahres Gesicht gezeigt habe. Aufgesogen habe ich dich, während du dir an meinem Boss die Finger verbrannt hättest.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 05, 2020 ⏰

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