Es musste ein Zaubertrank sein, ja, das war die einzige logische Erklärung.
Schon seit Stunden saß Hermine in der Bibliothek und durchblätterte ein Buch nach dem anderen auf der Suche nach einem Zauberspruch, der ihren „Zustand" erklärte.
Alles in ihr sträubte sich dagegen, ihren „Zustand" näher zu definieren und andere Worte dafür zu finden, denn dann wäre sie nicht um Worte wie Herzklopfen, Anziehung und Sehnsucht herumgekommen. Aber dies waren alles Worte, die sich Hermine für Ron aufgehoben hatte, und die sie in keiner Weise mit demjenigen in Verbindung bringen wollte, der sie momentan hervorrief: Draco Malfoy, dem Slytherin.
Zuerst waren ihr die Veränderungen an sich nicht aufgefallen, bis Snape sie gestern im Tränkeunterricht darauf Aufmerksam gemacht hatte.
Unbewusst blickte sie immer wieder in Dracos Richtung und manchmal lächelte sie dabei ganz schüchtern, sodass man genau hinsehen musste, um ihr Lächeln als solches zu erkennen.
„Miss Granger, wenn sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Trank vor ihnen richten könnten, anstatt bei Mr. Malfoy abzuschauen, wäre ich Ihnen sehr dankbar", ätzte Snape in dem für ihn typischen verächtlichen Tonfall. Und während er sich schon wieder Neville zuwandte, dessen Trank eine unerwünschte braune Farbe angenommen hatte, fügte er noch hinzu: „Sechs Punkte von Gryffindor für Unachtsamkeit"
Von Snape aus ihren Tagträumereien gerissen, fiel Hermine zum ersten Mal auf, wie sehr sie in Dracos Richtung gestarrt haben musste, ohne es zu bemerken. Danach analysierte die junge Gryffindor ihr Verhalten letzter Zeit und stellte fest, wie oft sie schon in Malfoys Richtung geschaut und mehr als einmal gedacht hatte, dass er attraktiv war mit seinen blonden Haaren, dem ebenmäßigen Gesicht und einem schlanken wohlproportionierten Körper.
Wie konnte ihr das nur entgangen sein?
Das schlimmste an ihrem „Zustand" aber war, dass ihr Verstand weiterhin funktionierte. Sie sah Malfoy nicht plötzlich durch eine rosafarbene Brille, die alles an ihm großartig erscheinen ließ. Er war im Wesentlichen immer noch das gleiche Arschloch wie in den letzten Schuljahren, nur mit dem kleinen Unterschied, dass dieser Idiot ihr Herz nun zum Klopfen brachte.
Und nun saß Hermine in der Bibliothek und suchte nach einer Erklärung, wie sich ihre Gefühle für diesen blonden Slytherin in so kurzer Zeit so stark verändern konnten.
„Na, Granger", begrüßte Draco Hermine abschätzig, „und in welches Buch steckst du deine spitze Nase diesmal?"
Mit einem wegwerfenden Wink seines Zauberstabes, ließ Malfoy das Buch vor ihr zuschlagen und klemmte ihre Finger in den dicken Band ein.
„Malfoy!", spie Hermine wütend hervor. Der Blonde schaffte es immer noch, sie innerhalb kürzester Zeit auf 180 zu bringen.
„So, So 'Aphrodites Elixiere', jetzt versuchst du es schon mit billigen Sprüchen, um auch endlich einen Kerl abzubekommen. Oder hat selbst das Wiesel jetzt endlich bemerkt, dass du selbst für einen Blutsverräter wie ihn nicht gut genug bist?", ätzte Draco.
Sprachlos starrte Hermine in Malfoys Richtung, während sie krampfhaft nach einer Ausrede suchte
„Wenn du in Zaubertränke besser aufgepasst hättest, wüsstest du, dass wir die Eigenschaften und Wirkungsweise der „Radix Amoris" recherchieren sollen und genau das mache ich.", rettete sich Hermine in eine Halbwahrheit, denn besagte Wurzel wurde in dem Buch mit keinem Wort erwähnt.
Währenddessen hatte Hermine das Buch schützend vor ihre Brust genommen und drehte sich um, um die Bibliothek fluchtartig zu verlassen. Die junge Gryffindor konnte nicht länger in einem Raum mit Draco sein, nicht nachdem er sie so verletzt hatte.