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Eine Bedienstete hatte ihr einmal gesagt; "Fräulein Emmanuel, ich weiß, dass Sie wohl Ihre Kontakte eng halten, doch wenn Sie je auf eine Party eingeladen werden, kommen Sie doch eine halbe Stunde zu spät. Und verlassen sie diese prompt, falls es nur blaue Becher gibt." Dolly hatte damals abgewinkt, wenn auch zwanghaft, denn ihr Vater saß damals ausnahmsweise neben ihnen, und meinte dazu nur: "Ach mein Dorothea Theodorachen ist nicht so eine Person, nicht wahr?", dann kniff er ihr einmal unangenehm in die Wange. "Aber Daddy muss jetzt wieder los, Geschäftstrip mit der neuen Sekretärin."

Und nun stand Dolly tatsächlich vor dem Tor, ausgerechnet dem der Hohensteins, und ihr stand ihre erste Party bevor. Pünktlich wie ein Alman hatte sie die exakte halbe Stunde abgemessen, und nachdem sie zögerlich geklingelt hatte, fing sie schon an sich zwischen den Menschenmassen einen Weg zu bahnen. Sie musste einfach sich zum Pool vorkämpfen, sie musste einfach Lara im Bikini sehen. Wie üblich sah sie die heterosexuellen Hauptcharaktere vor sich einen perfekt eingeübten Tanz vollführen, und die anderen hetero Sidecasts, unter denen eine farbige Quotenperson immer zu finden war, tanzten nur halb so gut, doch fiel ab und an auch ein leichter Lichtkegel auf sie. Irgendwo im weit entfernten Hintergrund sah sie exakt ein schwules Pärchen, dass sich zwar nicht küsste, allerdings dezent Händchen hielten- den Blick für die Diversität hatte man nie vergessen ins Partybudget einzuplanen, zumindest nicht bei den Hohensteins. Über diesen Vergleich, den sie sich erdacht hatte, musste Dolly herzlich lachen, denn sie war durch ihre jahrelange Einsamkeit langsam genauso komisch drauf wie der verdammte Autor war, wahrscheinlich noch auf höherem Level. Einen kleinen Haken hatte der Witz jedoch- nicht, dass sie vergessen hatte einzuberechnen, dass Charlotte im Gegensatz zu ihr keine Menschen bezahlen musste, damit sie so taten, als wäre sie gute Bekannte oder sogar Freunde, nein- jetzt bemerkte sie ein bekanntes Gesicht.

"Na, wen haben wir denn da?"

Dolly starrte dem Gesicht in die Augen, dessen genaue Konturen sie im Diskokugellicht nicht erkennen konnte, und alles in ihr zitterte.

"Was, zitterst du? Du weißt schon, dass das einfach nur erbärmlich aussieht, oder?"

Na klar wusste das Dolly. Sie wusste auch, dass der Mensch, der ihr dieses sagte sofort handgreiflich werden würde, wütend und aggressiv sich wehren würde, würde jemand ihm so etwas sagen. Aber Dolly kauerte sich nieder, denn sie konnte sich nach jahrelangen Versuchen immer noch nicht so wertschätzen lernen gelernt, dass ihre Knie ihrem Gewicht hätten Stand halten könnten. (Geilo, langsam arbeiten wir den Punkt mit den Mobbingszenen ab, falls sich jemand noch daran erinnert)

Jamie, so hieß dieser jemand, blickte nun auf sie hinunter. Er winkte ein paar andere Gesichter heran, bald war sie umgeben von fünf Köpfen, deren Füße schon am Boden nervös schabten. Sie würde sie bald treten.

"Was sitzte da so?"

Dolly antwortete nicht, sie versuchte ihren Mund aufzumachen, ihnen zu antworten, doch sie war wie erstarrt. Sie hörte nur die Stimmen über ihr;

"Antwortest du mal?!"

"Leute, um ehrlich zu sein, tut sie mir..."

"Sei leise, du Statist!"

"Hallo?"

"Yo, was geht den bei der ab?"

Dann, dort, aus dem Nichts, erschien plötzlich ihre Rettung. Im Licht schillerte sie, als sie auf sie hinzueilte, eine bescheuert kitschige Musik ertönte aus dem Hintergrund.

"Lara, bist du das?", flüsterte sie, geblendet, von dem Licht, das nun durch ihr Haar fackelte, und die ganze Szene so erschienen ließ, als wäre ihr ein Engel zur Hilfe gekommen.

"Was ist?", der eine Typ, der gerade noch über ihr stand wandte sich zu ihr ab, nur für einen Moment. Als jedoch sie nichts sagte, wandte er sich wieder Dolly zu. "Hatten wir nicht noch etwas zu klären?"

Wie ein Gewitter würde es über sie hinweg ziehen, das sagte sie sich, und schloss die Augen.

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Lara schluckte. Sie war sich nie klar gewesen, mit solchen Menschen sich immer abzugeben. Ihre moralischen Vorstellungen stiegen sozusagen gerade stonks. Ihr Kopf dröhnte einen Moment, und sie hielt inne, schloss die Augen. Als sie sich fragte wieso, tönte nur eine Stimme aus dem Off zu ihr herüber, und die Worte lauteten;

"Fürchte dich nicht, Lara, der Autor ist mit Dir. Ihm geht das hier alles viel zu langsam, deswegen hat er beschlossen dich mit neuer Ethik zu segnen. Auf das ihr schnell in Pärchen werdet, denn der Autor wird des Projektes müde!"

Als nun Lara diese Botschaft empfing, besann sie sich kurz. "Stimmt", dachte sie sich. Doch als sie die Augen wieder aufschlug, konnte sie sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, was ihr gerade widerfahren war. Doch nun sah sie sich schon aufrichten, und rufen, dass Menschen, die sie noch vor zwei Minuten Freunde genannt hätten, aufhören sollten. (Ehrlich gesagt stoße ich jetzt schon an meine Schmerzgrenze, da ich wirklich noch cringiger werden müsste, also 'let's go'.)

"Wieso hast du mich gerettet?", fragte Dolly und schaute Lara eine Sekunde zu lange in die Augen. Sie saßen im Pool und Dollys Vermutungen waren nicht falsch gewesen, das Chlorwasser des Pools schimmerte in dem Licht von den Straßenlaternen, die nicht fern vom Garten des Anwesens zu ihnen herüber schienen. "Wieso ich dich gerettet habe? Weil... weil du das einfach nicht verdienst. Als ich dich so gesehen habe... war mir klar, du bist einfach nur wunderschön, vor allem deine Augen.", dabei nahm sie ihr Kinn und zog sie damit etwas näher an sie heran. "Also, wenn ich lesbisch wäre, dann würde ich dich auch daten, aber außer meinem Celebrity- Crush auf Angelina Jolie und meine überaus große Vorliebe für Katzen, bin ich halt so hetero, ich schwöre... wäre ich lesbisch, dann hätte ich Jared- Spencer längst angesteckt."

Also dann nicht, dachte sich Dolly, die ihre Position jetzt plötzlich unangenehm geworden war. Doch da erblickte sie Jared- Spencer über Laras Schulter hinweg und ihr wurde klar, dass sie nicht recht haben konnte- dort am anderen Endes des Pools küsste sich Jared- Spencer mit Nils.

And they were roommates! | girlxgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt