Das Reich der Engel

Kapitel 1

„Mach dir keine Gedanken Amara, alles wird gut werden. Du bekommst einen netten und unkomplizierten Menschen zugeteilt." versuchte ich mir selbst in Gedanken Mut zu machen. Ich bin bald das erste Mal im Dienst und dementsprechend aufgeregt.

Zögerlich nehme ich den Brief mit dem Namen meines Schützlings in die Hand. Der Kuvert ist golden und hauchdünn. Die geschwungene schwarze Schrift, lässt ihn wunderschön aussehen.

Vorsichtig mache ich den Umschlag auf und blicke auf die geringen Informationen, die ich über meinen Schützling mitgeteilt bekomme. Weitere Details werde ich beim Bewachen bestimmt selbst herausbekommen.

Liebe Amara,

dein erster Schützling wird Dylan Carter sein. Er ist männlich, 21 Jahre alt und wohnt alleine in London. Dylan ist Jurastudent und arbeitet nebenbei als Bedienung in einem kleinen Café in der Stadt.

Wir freuen uns auf deine erste Schicht, morgen um 08:00 Uhr bis um 18:00 Uhr. 

Freundliche Grüße
protective angels KG

Ein Foto war noch im Kuvert. Er hatte dunkelbraune Haare, braune Augen und ein freundlich aussehendes Lächeln. Mehr konnte ich darauf leider nicht erkennen. Ehrlich gesagt, war ich ein wenig enttäuscht. Gerne hätte ich eine jüngere Person, wenn nicht sogar ein Baby zugeteilt haben wollen. Es wäre faszinierend gewesen, dieses heranwachsen zu sehen.

Der Dienst eines Schutzengels ist immer für die Dauer von mindestens 1 Jahr. Danach steht mir die Wahl zwischen einem neuen zufälligen Schützlings oder mein bisherigen zu behalten. Vorausgesetzt ich mache meine Arbeit gut. Bis jetzt sind nur eine Handvoll Engel zu den verdammten verbannt worden. Gerüchten zufolge, hat einer von Ihnen versucht seine Identität ausfindig zu machen, während sein Mensch sich in Lebensgefahr befunden hat. Ein anderer Engel mit kaum Berufserfahrung, war bei einer großen Menschenmenge so überfordert, dass er seinen Schützling aus den Augen verloren hat. Es gab daraufhin einen schrecklichen Unfall. Der Schützling kam ums Leben.

So etwas wird mir auf keinen Fall passieren. Ich habe alle Gesetze und Vorschriften der Engel auswendig gelernt und bin Top vorbereitet.

Den Brief faltete ich wieder zusammen und lege in zurück in den Umschlag.
Ich gebe ihn in meine Kommode, da ich den Brief als Andenken aufheben werde.

Bereits letzte Woche wurde mir eine S-Karte zugesandt. Die Karte ist ebenfalls vergolden, die Schrift ist im Gegenzug weiß und erinnert mich an einen Diamanten. Die Schützling-Karte wird in das Tor gesteckt um so zu seinem Menschen zu kommen. Das ist der einfachste und unkomplizierteste Weg, der nicht nur zur Menschenwelt, sondern auch direkt zu dem Haus seines Menschen führt.

Wie Dylan wohl lebte? Als Student mit einem zusätzlichen Job war er bestimmt sehr beschäftigt. Ich frage mich, welchen Beruf ich vor meinem Tod ausübte. Vielleicht war ich Ärztin, Krankenschwester oder eher Polizistin? Auf jeden Fall muss es ein wichtiger Beruf gewesen sein, wo ich anderen geholfen habe. Die ganzen Fragen in meinen Kopf machten mich noch verrückt. Ich werde nie erfahren, wer ich einmal gewesen bin und alleine der Gedanke daran wird zu nichts guten führen. Jetzt brauchte ich unbedingt etwas Schlaf, morgen wird ein großer Tag.