24 - Raf

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Endspurt Leute

Mein Lieblingskapitel kommt tatsächlich am 24. Einfach weils (zumindest für mich) irgendwie lustig ist und genau so stell ich mir eine perfekte... Naja... Seht ihr dann eh. 😅 Ich will ja nicht spoilern.

🎄🎁

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Marie veratmete eine Wehe nach der anderen. Sie tat mir so schrecklich leid, da ich ihr nichtmal helfen konnte.

Wir waren schon seit Stunden im Kreißsaal und meine Frau war mittlerweile ziehmlich erschöpft.
Dennoch hielt sie tapfer durch. Ich hielt ihre Hand, reichte ihr was zu trinken, tupfte ihr den Schweiß von der Stirn und massierte ihr den Rücken.

"Meine Schwester ist unmöglich, die hat den Jungs schon geschrieben das wir im Kreißsaal sind." schmunzelte ich als Marie ein Schmerzmittel bekommen hatte und mit mir ein wenig den Gang auf und ab lief.
"Sie freut sich riesig Tante zu werden hm?" lächelte Marie und drückte leicht meine Hand.
"Total. Sie fragt ständig nach was es neues gibt. Die macht heute bestimmt kein Auge zu." grinste ich und sah zu der Mutter meines Kindes hinunter.
Sie lächelte Seelig und strich sanft über ihren Bauch. Das klingeln meines Handys riss uns aus unserer Zweisamkeit.

"Was los John?!" grinste ich schief und stellte ihn auf laut, so das Marie mithören konnte. John würde gemeinsam mit meiner Schwester die Aufgaben des Patenokels bzw der Patentante übernehmen.
"Ich bin schon auf dem Weg. Man ich dachte wir haben noch ein paar Wochen." rief er aufgeregt.
"Was?! Du kommst her? An Weihnachten?" runzelte Marie die Stirn.
"Logo! Ich bekomme Ty über Silvester, also spielt es keine Rolle wenn ich nicht da bin." rief er und lachte dann.
"Du bist so verrückt!" stellte Marie fest und grinste schief. Sie mochte meine Freunde, wenn ihre Welt auch eine völlig andere war als die der Jungs. Manchmal überforderte sie die direkte und ungeschönte Klappe der Jungs, aber sie hatte alle ins Herz geschlossen.
Selbst als Marten in U-Haft kam hatte sie es wie selbstverständlich angesehen mit mir nach Hamburg zu fahren um ihn zu besuchen.

Auch wenn sie deutlich verunsichert war, sie kannte Marten und wusste das er nicht von Grund auf böse war. Zumindest nicht, wenn er einen mochte.
"Warte mal eben..." keuchte Marie und stützte sich an den Handlauf der links und rechts am Gang angebracht war.
Sie begann wieder damit Wehen zu veratmen.
"Digga, ich muss auflegen. Ich meld mich wenn der Kleine da ist, das kann ja nicht mehr so lange dauern." murmelte ich und beendete das Gespräch. Nun stellte ich mein Handy auf Flugmodus. Ausschalten wollte ich es nicht da ich vermutlich tausende Fotos machen wollte wenn er endlich da war.

"Lass uns zurück gehen, ich hab das Gefühl der rutscht jeden Moment unten raus." keuchte Marie und griff nach meiner Hand.
Wir waren nicht weit weg vom Kreißsaal, trotzdem mussten wir mehrere Pausen einlegen damit sie die Wehen veratmen konnten.
"Den nächsten holen wir per Kaiserschnitt." knurrte Sie während ich sie im Arm hielt und sie sich an mich krallte.
"Das sagst du jetzt... Ich kann mich noch genau erinnern wie groß deine Angst war das du nicht normal entbinden kannst." lächelte ich und streichelte ihren Rücken.

"Mh..." war das einzige das sie von sich gab.

Marie musste sich wieder ins Bett legen, sie wurde untersucht und die Hebamme gab das Okay das Marie bei den nächsten Wehen leicht mitdrücken konnte. Nicht richtig Pressen, dafür war es wohl noch zu früh, aber sie meinte es würde keine Stunde mehr dauern bis Noel endlich da sein würde.

Es war bereits nach Mitternacht, also würden wir definitiv einen kleinen Weihnachtsmann bekommen.

Marie war sehr ruhig, Atmete ihre Wehen weg und ließ sich von mir die Hand halten.
"Kann ich... Auf den Knien? Das war bei Matheo angenehm." murmelte Sie und sah zu der Hebamme. Diese nickte und half ihr. Sie drehte sich so das sie mir zugewandt war und sich an mir festhalten konnte. Das war zwar ungewöhnlich für mich aber auch irgendwie schön. So hatte ich das Gefühl nicht nur tatenlos daneben zu sitzen.

Marie hatte ihr Gesicht in meiner Halsbeuge vergraben und hielt sich an meinem Pullover fest während sie angespannt auf die nächste Wehe wartete.
"Ich liebe dich..." flüsterte ich und streichelte ihr liebevoll über den Kopf.

Marie erwiderte nichts denn sie begann leicht zu drücken. Dabei hielt sie die Luft an, krallte sich fest an mich und zitterte leicht.
Dann stieß sie scharf Luft aus.
"Super! Beim nächste mal geht schon etwas mehr!" lächelte die Hebamme zufrieden.
Ich hörte den Puls in meinen Ohren rauschen als mir bewusst war das wir uns im Endspurt befanden. Gleich würde ich Vater sein, gleich würde ich eine Familie haben und gleich würde da ein neuer Mensch geboren werden der für mich über allem stehen würde.

Dann wurde es ungewohnt ruhig um mich und auch in mir. Mein ganzer Körper kribbelte und eine Mischung aus Freude und Angst machte sich in mir breit.
Marie begann richtig zu Pressen, war dabei überraschend ruhig und konzentrierte sich einfach auf das was ihr die Hebamme sagte.

Wieder presste Marie, veratmete den Schmerz und wich wenige Zentimeter zurück um mir in die Augen zu sehen.
Sie lächelte leicht, etwas verzweifelt aber die Schmerzen die sie zu ertragen hatte... Vermutlich wäre mir selbst kaum zu einem grinsen zumute.

Marie schloss die Augen und drückte nochmal.
"Weiter weiter! Die Schultern sind gleich da, dann ist es vorbei!" rief die Hebamme und animierte Marie so noch weiter zu pressen.

Plötzlich durchfuhr den Kreißsaal ein schmerzerfüllter  Schrei seitens Marie. Erschöpft fiel sie in meine Arme die ich panisch um sie legte.

Das nächste das ich realisierte war der erste Schrei meines Sohnes.
Ich war erschrocken und sah ungläubig zur Hebamme die hinter Marie herum hantierte.
"Will Papa die Nabelschnur durchtrennen?" lächelte die Hebamme und schielte hinter Marie hervor.
"Eh..." ich war überfordert und sah zwischen meiner Frau und der Hebamme hin und her. Marie lächelte erschöpft und griff nach dem Stoffteil welches hinter ihr von der Decke hing.
Die Hebamme half Marie sich endlich hin zu legen damit wir unseren Sohn gebührend begrüßen konnten.
Als ich ihn sah schien plötzlich alles so unwichtig. Die ganze Welt könnte jetzt, in diesem Moment, niederbrennen jemand könnte meine Autos klauen oder was weiß der Teufel was könnte passieren.
Es zählte nurnoch dieses kleine Wesen.
Mein Sohn.

Irgendwann begriff ich das beide Frauen mich schmunzelnd beobachteten während ich mir fassungslos einzelte Tränen aus den Augen wischte.
"Ich..." stieß ich aus und sah zu Marie.
Diese lächelte gerührt und griff nach meiner Hand.
"Frohe Weihnachten Papa." krächzte sie vollkommen erledigt und vergoss dann auch einige Tränen.
Ich durchtrennte die Nabelschnur und beobachtete einige Minuten meinen Sohn. Er war genau so wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Er hatte unendlich viele Haare die so schwarz waren wie die Nacht die durchs Fenster zu erkennen war.

Noel wurde untersucht, Marie wurde versorgt und ich, ich wusste nicht ob ich bei ihr sein sollte oder ob ich mit argusaugen darauf achten sollte was mit meinem Sohn passierte.
Ich durfte ihn Baden und wurde dann auf einen gemütlichen Sessel verfrachtet um mit ihm zu Kuscheln.

Marie schlief während ich meinen Sohn beobachtete, der ebenso mit geschlossenen Augen auf mir lag.
"Ich werde immer für dich da sein..." hauchte ich und strich ihm über die kleine Nase die vermutlich das süßeste war das ich je gesehen hatte. Oder waren es doch seine kleinen Finger?

Erst zwei Stunden nach Noels Geburt hatte ich den Kopf dafür ein Foto zu schießen. Unfassbarer Stolz stieg in mir auf als ich das Bild betrachtete.
Dennoch schickte ich es an niemanden weiter. Ich wollte auf Marie warten. Ich wollte die Ruhe noch ein wenig genießen den in diesem Moment gab es nur uns drei. Kein Showbusiness, keine Freunde, selbst meine Familie wollte ich im Moment nicht informieren. Dieser Moment gehörte nur mir, meinem Sohn und Marie.

"Na du stolzer Papa?" lächelte diese wenig später verschlafen.
Ich sah sie einen Moment lang an. Diese Frau hatte mir nicht nur mein Leben gerettet sondern dieses dann auch noch auf den Kopf gestellt und vorallem hatte sie es vervollständigt.

Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so zufrieden und glücklich gefühlt wie in dieser Nacht.

Das WeihnachtswunderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt