P L A N S

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Es ist nicht dringend. Also nicht so dringend. Der Tumor ist mit Medikamenten unter Kontrolle zu haltenund Fiasco geht es gut auf der Koppel. Aber ewig warten und sparen geht auch nicht. Irgendwann werden Medikamente nicht mehr anschlagen, irgendwann wird Fiasco einfach auf der Koppel zusammenbrechen und dann wars das. 

Die Zeitung liegt vor mir auf dem Tisch. Ausgebreitet, mit gelben Textemarker sind manche Zeilen markiert. 

JORVIK RANGERS DEPARTMENT SUCHT:

Wir suchen eine/einen Jorvik Ranger für Wildwoods! Anforderungen: min 18 jahre und sattelfest. bei Interesse und für weiter Auskünfte rufen sie an oder schreiben sie dieser Nummer... 

Es tutet. Die Nummer habe ich schon tausendmal gewählt, doch bisher nie auf den grünen Hörer gedrückt. Jetzt hab ich es getan. 

Lange tutet es und ich bin gewillt einfach aufzulegen. Ist ja auch ne Schnapsidee. Kellnern wäre einfacher. Aber die angegeben Bezahlung des JRD ist zu gut um 'nein' zu sagen. Wahrscheinlich haben sich schon tausende Mädchen wie ich dafür gemeldet. 

"Jorvik Rangers Department, Abteilung Dundull hier. Was kann ich für sie tun?" 

Ich räusper mich. "Hi, ich rufe an wegen der Zeitungsannonce" 

Die Stimme am anderen Ende der Leitung ist kurz still. Dann: "Ah, richtig" 


Dreißig Minuten später hab ich den Job und ein Zugticket bis nach Dundull für morgen Abend. Kraftlos lasse ich das Handy sinken und starre auf die Zeitung mit dem gelben Textmarker. Ein leichter Wind weht durch das Zimmer und die heiße Sonne Südhufs scheint auf den Tisch. 
Nach gefühlten Stunden stehe ich auf und strecke meine müden Glieder. Es ist schon spät, doch die sommerliche Sonne macht kaum Anstalten unterzugehen. 

Im Flur treffe ich auf Arbeitskollegen und Freunde von mir. Alles wie gewohnt.

Auch sie wohnen auf der Ranch. Im Gegensatz zu mir sind sie nur den Sommer über hier um zu helfen. Ich lebe hier schon seit Jahren. Es ist Zeit die Pferde zu füttern und alles sicher für die Nacht zu machen. Das letzte Mal für mich. Die Anderen wissen noch nichts von meinen Plänen.
Wir sind ein eingespieltes Team, die Arbeit geht schnell. Auch die Dunkelheit kommt nun immer schneller.
Ich stehe an Fiascos Box. Das Pony mümmelt sein Abendbrot und ich genieße die Ruhe. Er ist ruhiger. Er scheint zu spüren, dass ich nun einen Ausweg für uns gefunden habe. 

"Anouk?"

Die Stimme meiner Chefin und guten Freundin Christina ertönt. Die fressenden Pferde heben die Köpfe und ich richte mich auf, als ich sie näherkommen sehe. Auch sie weiß noch nichts von meinen Plänen, doch sie schlug mir vor die Zeitung nach Jobs zu durchsuchen. 

Weitere 30 Minuten später habe ich zwar kein Zugticket mehr für Dundull aber ein persönliches Taxi und ein Pferd für meinen neuen Job.
Daran habe ich nicht gedacht. Fiasco kann ich ja natürlich nicht nehmen für die Arbeit im Wald. Er braucht Ruhe und medizinische Versorgung. 
Aber wie immer hat Christina sich um alles gekümmert, an was ich in der Hektik nicht gedacht habe. Seit ich mit vierzehn Jahren mit dem Pony auf ihrer Türschwelle aufgetaucht bin, kümmert sie sich um mich. Sie ist mittlerweile so etwas wie große Schwester und Mutter in einem- was würde ich nur ohne Christie machen? 

Ich liege im Bett. 

Morgen ist es soweit, morgen Abend fahre ich nach Dundull. 

Wildwoods - First WatchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt