In dieser Nacht schlief ich nicht so viel. Ich dachte darüber nach, wie gefährlich es für mich sein würde mitzukommen. Dürfte Dumbledore erfahren, dass die Rumtreiber alle unregistrierte Animagi waren? Würde er merken, dass ich eigentlich ein Mensch war? Und falls ja, würde er mir helfen, oder mich verdächtigen? Würde er mich anhören, wenn ich erzählen würde, dass Sirius unschuldig war? Wo wäre mein Platz in einer Welt von Zauberern? Lily und die Rumtreiber hatten mir beigebracht niemandem aus der Zaubererwelt zu trauen, außer ihnen und offensichtlich hatte ich ja noch nicht einmal Peter vertrauen können. Würde Sev in Hogwarts einen Weg finden mich zurück zu verwandeln? Was wäre dann mit uns? Wenn ich wieder ein Mensch wäre, wären wir dann zusammen? Ich wusste nicht, ob ich ihn liebte. Das einzige, was ich sagen konnte, war, dass ich mich unwahrscheinlich geborgen fühlte, immer schon. Ich bewunderte den Mann, der er geworden war und ich hatte das Gefühl ihn besser zu kennen als mich selbst. Irgendwann in den frühen Morgenstunden schlief ich ein. Als ich wach wurde, waren die Koffer bereits fort und Severus tauchte gerade wieder an der Wohnungstür auf.
„Ich habe Dumbledore schon begrüßt. Ich kann jetzt mit dir nach Hogsmead apparieren und von dort aus laufen wir zum Schloss. Niemand kann innerhalb von Hogwarts apparieren", informierte er mich. Ich legte besorgt meinen Kopf schief und hoffte, dass er verstand, dass es mir darum ging, nicht gesehen werden zu wollen. Tatsächlich verstand er es und entgegnete: „Ich habe erzählt, dass ich einen Hund habe, dieser aber noch sehr menschenscheu ist und vor allem vor erwachsenen Männern Angst hat. So wird Dumbledore sich dir nicht zu nah nähern." Ich grinste mein Hundegrinsen und er lächelte schief zurück. „Dann lass uns mal aufbrechen zu meinem Neuanfang", nickte Severus entschlossen.
Die nächsten Wochen in Hogwarts wurden wirklich schön. Severus schien einen Teil seiner düsteren Vergangenheit hinter sich zu lassen. Ich wagte es gar nicht mir auszumalen, was passiert wäre, wenn ich ihm nicht nach Lilys Tod beigestanden hätte. Wie ich ihn kenne, wäre er vollkommen verbittert. So jedoch überlegte er sich neue Methoden um den Kindern die Zaubertränke möglichst nahe zu bringen. Seine Räume lagen in den Kerkern... anscheinend fühlten sich die Slytherins in dem grünlichen Licht des Seewassers, das durch die Fenster fiel, wohl. Mir war alles ein wenig kühl, aber nachdem Sev das merkte, platzierte er flauschige Felle auf die Fensterbänke, Sessel und Sofas. Außerdem brannte fast immer ein Feuer im Kamin. Direkt nebenan war der Vorbereitungsraum für Zaubertränke. Jede freie Zeit verbrachte er entweder dort, oder in der Bibliothek mit der Recherche nach Verwandlungszaubern. Nach und nach langweilte ich mich ein bisschen mehr. Mein Kopf brauchte etwas zu tun, irgendeine Beschäftigung. Wir begannen damit, dass ich ihm die Zutaten für die Tränke anreichte. Ich verstand schon bald, dass er ein außergewöhnliches Gespür dafür hatte, wie viel wovon hinzugefügt werden musste um die Wirkung zu perfektionieren. Am liebsten hätte ich selber Tränke gebraut... Chemie hatte ich auch bereits in meiner Muggelschule immer ziemlich interessant gefunden, aber leider brauchte man dann doch für manche Dinge noch den Zauberstab und Magie.
Die Zeit verging und es wurde Weihnachten. Die meisten Schüler waren nach Hause gefahren und das Schloss war fast schon unheimlich still. Ich nutzte diese Zeit und erkundete so viel, wie es mir möglich war. An Heiligabend kam ich ins Zimmer und Severus stand im Schlafzimmer, dabei sich umzuziehen. Ich spürte, wie meine Pfoten leicht vibrierten bei dem Anblick und ich setzte mich schnell. Das Spiel seiner Rückenmuskeln, während er sich das alte T-Shirt über den Kopf zog, faszinierte mich. Seine Haare wurden ein wenig zerzaust. Mir entfuhr ein sehr leises Winsel. Ruckartig drehte er sich um, nur um bei meinem Anblick verwegen zu Schmunzeln. Seine blasse Brust war ebenfalls stark und die V-Linie klar erkennbar. Als ich meinen Blick immer noch nicht abwenden konnte, zog er verschmitzt eine Augenbraue hoch. An seinem einen Arm konnte ich die blassen Umrisse vom dunklen Mal sehen. Doch anstatt, dass ich deswegen angewidert war, erinnerte ich mich, was er alles durchgestanden hatte, und wie sehr er gewachsen war. Schon als wir noch 16 waren, hatte ich diese Anziehung verspürt, doch jetzt schien ich ihr kaum noch widerstehen können. Ich wurde jedoch aus meiner Vorstellung gerissen, als mir wieder einfiel, dass ich ein Hund war. Ich konnte ihn überhaupt nicht so berühren, wie ich es gerade wollte. Mit eingezogenem Schwanz verließ ich das Schlafzimmer und legte mich auf das weiße Fell vor dem Kamin. Wenn ich gekonnte hätte, wäre ich jetzt sicher rot angelaufen. Was war nur los mit mir?
Ich dachte, dass es jetzt ja nicht schlimmer werden kann, aber ich lag falsch. Als er jetzt aus dem Schlafzimmer trat, trug er nicht mehr einen langen Mantel, sondern einen schwarzen Anzug, den er aus der Muggelwelt haben musste. Das schwarze Hemd hatte die oberen drei Knöpfe geöffnet und deutete an, was ich soeben darunter gesehen hatte. Das Jackett war an den Armen lässig nach oben geschoben. Ich wusste, dass er die Ärmel wieder runter ziehen würde, wenn andere Menschen dazu kommen würden, aber im Moment musste er sich nicht vor mir verstecken. Das wusste er. Er blinzelte langsam und seine dunklen Augen trafen einen Punkt in mir, von dem ich dachte er sei mit Lily gestorben. „Ich habe ein Weihnachtsgeschenk für dich", überraschte er mich. Seine Stimme war rauer als sonst, doch ich konnte nicht sagen, warum das so war. Er nahm sich einen grün-silbernen Seidenschal und verband mir damit die Augen. Ich konnte einfach neben seinem herben Geruch herlaufen, während er mich in den Gang führte. Wir gingen zu dem Tränkezimmer. Was wollten wir denn hier? Was war das für ein Geschenk? Ein Trank? Tatsächlich nahm ich den Geruch von einem Trank wahr, den ich zuvor noch nie gerochen hatte. Direkt davor hielten wir an und er nahm mir die Augenbinde ab. Ich neigte fragend meinen Kopf in seine Richtung. Dramatisch räusperte er sich: „Das ist ein Trank, der es Tieren ermöglicht zu sprechen. Ich habe ihn selbst entwickelt... dann kannst du dich zumindest mitteilen, solange ich noch keinen Weg gefunden haben dich zurück zu verwandeln." Wenn ich in der Lage gewesen wäre zu sprechen, wäre ich jetzt sprachlos. Stattdessen merkte ich, wie mir die Zunge aus dem offenen Maul rutschte und ich ihn verdattert ansah. Er lachte sein tiefes, brummiges Lachen, als er mich so sah. „Möchtest du ihn probieren?", bot er mir an, und schöpfte bereits etwas mit einer Kelle in eine silberne Schale. Ich nickte aufgeregt. In bester Hundemanier schlabberte ich den bläulichen Trank auf. Dann warteten wir. Sollte ich etwas merken? Oder sollte ich irgendwann einfach versuchen zu sprechen? „Versuch es einfach", ermunterte mich Severus. Hoffentlich klappte es.
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A story of strength in the shadow
FanfictionEllie wächst mit Severus Snape und Lily gemeinsam auf. Anders als die beiden besitzt sie allerdings keine magischen Fähigkeiten. Severus wählt jedoch eine Weg, auf dem er lernt Muggel zu verachten und Ellie muss lernen, dass sie vielleicht nicht nur...