Desperate kisses

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 Irgendwann mussten wir uns jedoch sowieso begegnen. Ich atmete einmal tief ein und aus und ging zurück ins Wohnzimmer. Dort saß Severus mittlerweile und starrte aus dem Fenster in den See. Ich setzte mich ihm gegenüber auf die Fensterbank und schwieg. Weder er noch ich fanden Worte. Schließlich fragte ich: „Was war das für eine Prophezeiung, und wie ist es danach abgelaufen?"

Er erzählte mir, wie er Trewlawney und Dumbledore belauscht hatte. Selbst als Todesser hatte er noch immer nicht die Anerkennung bekommen, die er suchte. Er hatte einen Weg gefunden Kontrolle über sein Leben zu haben und sich nicht mehr hilflos zu fühlen, aber er war dennoch nicht vollkommen akzeptiert. Immerhin war er nur ein Halbblut. Wenn er nun die Prophezeiung an Voldemort weiter geben würde und dieser dadurch seinen gefährlichsten Widersacher rechtzeitig ausschalten würde, wäre das vielleicht sein letzter Schritt zur vollständigen Akzeptanz. Mit dieser Vermutung hatte er auch richtig gelegen. Danach war er im engsten Beraterkreis, trotz seines jungen Alters. Nur so bekam er überhaupt mit, auf welche Weise Voldemort die Prophezeiung interpretierte und sobald klar war, dass Lily in Gefahr schwebte, wurde ihm klar, auf welchem Weg er sich gerade befand. Er war nicht mehr geblendet von seinem Ehrgeiz und wollte jetzt nichts mehr als Lily zu retten. Sie hatte ihn immer an das Gute in ihm erinnert. Zu diesem Zeitpunkt fand er es. Diese innere Quelle der Stärke machte es ihm möglich seine Gedanken vor Voldemort zu verbergen und zu Dumbledore zu gehen. Er sollte sie beschützen und dafür würde er als Spion für Dumbledore und den Orden des Phönix arbeiten. Direkt danach ist er zu mir gekommen, stand vor meiner Tür und ich habe die Veränderung gesehen, anstatt wirklich zu hinterfragen, wodurch sie gekommen ist. Da haben wir uns das erste Mal geküsst und uns ist beiden klar geworden, dass das mehr als Freundschaft ist. Am nächsten Morgen erzählte mir James, dass Dumbledore für sie ein Safehouse einrichtete. In den darauffolgenden Monate hat Severus durch seine Warnungen viele Ordensmitglieder vor einem Überfall verschont. Seine Identität wurde dem Orden nie offenbart, aber er wusste, dass es einen Verräter gab, der auch die neuen Verstecke an den dunklen Lord verriet. Im Prinzip war es ein Spiel zwischen ihm und dem Verräter (der laut der offiziellen Meinung ja Sirius war, von dem ich aber wusste, dass uns Peter Pettigrew verraten hatte). Und dann kam der Tag als der Geheimniswahrer von Lilys und James Versteck Voldemort verriet wo sie sich aufhielten und er sich aufmachte sie und Harry zu töten. Kurz danach war ich dann ja zu ihm gestoßen.

Ich wartete kurz, bevor ich reagierte. Ich konnte ihn noch immer irgendwie verstehen, wie ich es schon immer gekonnt hatte. Doch die Tatsache, dass Lily ohne seinen Ehrgeiz und sein Vertrauen in die dunklen Zauberer noch am Leben wäre, ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Lange Zeit hatte ich sein tragisches Schicksal betrachtet und darüber nachgedacht, dass niemand hätte sagen können, wie er unter diesen schlimmen Umständen gehandelt hätte, aber jetzt sah ich das Ausmaß seiner Fehler... die Konsequenzen, die Menschen, die wir beide liebten, hatten tragen müssen. Und ich konnte es einfach nicht mehr ignorieren. Eine Träne rollte mir über die Wange. Ich wollte ihm keine Vorwürfe machen. Ich wusste, dass er sich selbst bereits genug davon machte, aber eine gemeinsame Zukunft, in der ich ihm das alles einfach verzieh, war ebenfalls nicht mehr möglich. Weitere Tränen tropften auf das Fell zwischen uns. Sein schmerzerfüllter Blick fand meinen und sie verhakten sich in einander. Er hatte verstanden, wie ich mich entschieden hatte. Ich sah meinen Schmerz in seinen Augen gespiegelt. „Verlass mich nicht", murmelte er, „Ich werde alles dafür tun, um meine Fehler wieder gut zu machen. Ich schwöre dir, dass ich mich verändert habe." Den letzten Teil sagte er so energisch, dass ich ihm einfach glauben musste. Im Moment änderte es jedoch nichts. Hilflos schüttelte ich den Kopf. Er rückte ein Stück nach vorne, sodass ich jetzt nach oben sehen musste. Seine großen Hände legten sich an beide Seiten meines Gesichts. Seine eben noch starke Stimme war jetzt ganz rau: „Ich brauche dich doch." Noch immer liefen mir Tränen über die Wangen, die er jetzt sanft mit seinen Daumen weg wischte. Für eine Sekunde huschten meine Augen zu seinen Lippen, die sich jetzt langsam näherten. Ich hätte ihn weg stoßen sollen. Ich hätte aufstehen und gehen sollen, aber mein gequältes Herz sorgte dafür, dass ich sitzen blieb. Ich brauchte das jetzt. So lang hatte ich auf diesen Moment gewartet und jetzt war alles ganz anders gekommen. Ganz sanft legten sich seine Lippen auf meine, wie als wäre ich etwas zerbrechliches, dass er verlieren konnte. Ich schloss meine Augen und erwiderte den sanften Druck. Nur für einen Moment wollte ich alles vergessen. Der Kuss wurde drängender, verzweifelter. Ich legte meine Arme um seinen Hals und zog mich auf seinen Schoß. Wir küssten uns, als würde uns die Luft zum Atmen fehlen. Seine Hände fuhren suchend über meinen Rücken, zogen mich so eng an ihn heran, dass nichts mehr zwischen uns gepasst hätte. Er umklammerte mich, wie ein Ertrinkender. Ich hörte nicht auf zu weinen und schmeckte das Salz an unseren Lippen. Ich wollte nicht aufhören. Das hier hatte ich mir so lange gewünscht. Sev war mein Zuhause geworden in der letzten Zeit. Doch ich konnte nicht bleiben, ich musste mir erst einmal über einiges klar werden. Vorsichtig löste ich mich von ihm, rutschte von seinem Schoß und stand schwer atmend auf. Er blickte zu mir auf und seine Augen wirkten leer. „Wo gehst du hin?", wollte er wissen und ich hörte die ehrliche Sorge darin. Ich zuckte mit den Achseln: „Erst einmal zu Dumbledore... vielleicht hat er ja eine Idee." Sev nickte langsam. Ich hatte ja keine Sachen mit mir, also ging ich zur Tür. Als ich mich ein letztes Mal umdrehen wollte, stand er direkt hinter mir. Er sagte kein Wort. Er hob seine Hand an mein Kinn und legte ein letztes Mal seine Lippen auf meine. So hauchzart, dass ich es kaum spürte. Ich hatte noch nicht einmal Zeit meine Augen zu schließen, da trat er schon zurück und ich verließ das Zimmer. Zitternd schloss ich die Tür hinter mir. Jetzt war ich allein in einer fremden Welt. Hoffentlich hatte Dumbledore eine Idee.

A story of strength in the shadowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt