The truth lies in darkness

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Schließlich gab er auf. „Ellie, es tut mir wirklich leid, aber ich bin an die Grenze meiner Fähigkeiten gestoßen. Wenn ich dir jetzt nicht helfen kann, werde ich dir nie helfen können", teilte er mir bedauernd mit. Ich legte meine Pfote auf sein Bein. „Gibt es noch eine andere Möglichkeit?", fragte ich vorsichtig. „Nun ja", seufzte er, „Dumbledore wüsste bestimmt was zu tun ist." Ich kräuselte meine Nase. Das wollte ich doch eigentlich vermeiden. Ich wollte zum einen niemandem mehr vertrauen und Dumbledore sollte auch noch nichts vom Animagi Geheimnis der Rumtreiber erfahren. „Ich denke drüber nach", seufzte ich also, „Aber ich bin dir sehr dankbar, dass du dir so viel Mühe gemacht hast, damit ich wieder ein Mensch werde." Er lächelte schief. Mit einem Blick auf mein Maul meinte er: „Es waren ja auch teilweise egoistische Gründe." Seine Augen wurden noch dunkler. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Der Mann hier vor mir war mir so wichtig, dass ich mir gar nicht mehr vorstellen wollte, wie es ohne ihn wäre. Zum Glück hat er sich noch vor dem Ende für die richtige Seite entschieden. Ich wusste, dass seine Moral im Kern noch gut war und er sie nicht vollkommen verloren hatte, als er ein Todesser geworden war. Immerhin hatte er damals schon Angst davor gehabt genau diesen grausamen Weg einschlagen zu müssen.

Am nächsten Tag erzählte ich Sev, dass ich die Hilfe von Dumbledore akzeptieren würde. Wir vereinbarten, dass er Dumbledore zu sich einladen würde und ich erst einmal noch im anderen Zimmer bleiben würde, bis er dem Schulleiter die Situation dargelegt hatte. Dumbledore kündigte sich zum Tee an und langsam wurde ich nervös. Hoffentlich wusste Dumbledore eine Lösung... ich wollte nicht für den Rest meines Lebens ein Hund bleiben. Mittlerweile war es Sommer und der Raum war hellgrün durch den See erleuchtet. Ich huschte ins Schlafzimmer und spähte durch den Türspalt, als es klopfte. Sev räusperte sich und öffnete. „Severus", hörte ich Dumbledores alte Stimme. „Kommen sie doch rein, Professor", begrüßte in Sev. Ich hörte die schabende Stühle über den Boden als sie sich an den Tisch setzten. Ich hatte extra dafür gesorgt, dass Sev sich nach Dumbledores Lieblingstee erkundigte, um diesen schon möglichst freundlich zu stimmen. „Was kann ich für dich tun?", fragte Professor Dumbledore direkt nach. „Ich möchte sie um einen Gefallen bitten", begann Sev. Ich nahm an, dass der schwere Teil erst noch kommen würde, aber Dumbledore hatte bereits jetzt etwas einzuwenden: „Genau genommen schulde ich dir keine Gefallen mehr. Ich habe bereits die Potters auf deinen Rat hin versteckt. Aber das allein war auch nur nötig, weil du Voldemort von der Prophezeiung erzählt hast, dass einer der Neugeborenen Voldemorts Untergang sein wird. Wenn du die Prophezeiung nicht weiter gegeben hättest, wären die Potters doch nie in einer solchen Gefahr gewesen." Das Blut rauschte in meinen Ohren. Was hatte Sev getan? Noch ganz weit weg hörte ich wie er meinte: „Und das bereue ich jeden Tag." 

Doch es drang nicht mehr richtig zu mir durch. Genauso wenig, wie seine Erklärung, dass er Dumbledore nicht für sich selbst um einen Gefallen begab und dann meine Geschichte erläuterte. Ich merkte wie meine Pfoten zitterten. Hatte ich mich so in Sev getäuscht? Ich dachte selbst in seiner schlimmsten Zeit hätte er seinen moralischen Kompass nicht vollkommen verloren. Doch bevor er wusste, dass es sich um Harry Potter handelte, schien er kein Problem damit gehabt zu haben, dass Voldemort ein Neugeborenes töten würde. Wie konnte er das nur zulassen? Lily ist seinetwegen gestorben. Ich weiß, dass er um sie trauert, aber da war auch immer noch etwas anderes und jetzt weiß ich auch was: Schuld. Das was ich da gerade gehört hatte, ließ sich nicht mit meinem Sev vereinbaren. Der Mann, der mir die letzten Monate so unendlich wichtig geworden war und den ich für immer an meiner Seite wollte, schien nun wie ein Fremder. Das war eine Grenze, von der ich gehofft hatte, er würde sie nie überschreiten. Mir war klar gewesen, dass er als Todesser Menschen getötet hatte, war aber immer der Annahme gewesen, dass er das nicht für richtig hielt und sein Gewissen ihm da nicht widersprach. Doch so vollkommen ohne nachzudenken diese Prophezeiung weiter zu geben war etwas anderes. Niemals hätte Voldemort erfahren müssen, dass er die Prophezeiung gehört hatte. Das war ja ein reiner Zufall gewesen. Und dann hatte er mich die ganze Zeit über angelogen. Sein Wechsel auf die gute Seite kam plötzlich. Erst war er noch bereit ein Neugeborenes für die endlose Herrschaft des dunklen Lords zu opfern und dann war Lily in Gefahr und er entschied sich um. War er jetzt wirklich gut? Ich erinnerte mich an all die Momente, wo er mir genau das versichert hatte. Mein Kopf brummte. Wer war er nur? In meinem Gefühlschaos verpasste ich den Moment, in dem Sev nach mir rief, damit Dumbledore sehen konnte, wie er helfen könnte. 

Ich zuckte zusammen als Sev die Tür vor mir aufstieß. Er lächelte mich an, optimistisch, dass Dumbledore mir helfen würde. „Du hast Lily erst in Gefahr gebracht?", fragte ich ihn vollkommen emotionslos. 

Ich wusste nicht wie es mir ging. Meine eine Hälfte verteidigte ihn, erinnerte mich daran, warum ich ihn immer verstanden hatte, dass er doch die Seiten gewechselt hatte und sich wirklich geändert hatte. Meine andere Hälfte wollte schreien, ihn beschuldigen und mit den Fäusten auf ihn eintrommeln. Wie konnte er nur? Mich belügen, Lily so in Gefahr bringen, es für nicht falsch halten ein Neugeborenes zu tötet, versuchen die dauerhafte Herrschaft von Voldemort stärken? Das Lächeln fiel ihm aus seinem Gesicht. 

„Wir reden später darüber", meinte er gefasst, „Jetzt wartet Dumbledore." Noch immer etwas benommen, erhob ich mich und lief zum Sofa. „Professor", nickte ich dem Schulleiter freundlich zu. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Dumbledore sprach ein paar Sprüche um den Ursprung meiner Verwandlung heraus zu finden und nickte schließlich. „Ich kann dich zurück verwandeln. Vermutlich wird es die ganze Nacht dauern und ein schleichender Prozess sein. Ich bin mir jedoch sicher, dass Severus nicht von deiner Seite weichen wird." Damit hob er seinen Zauberstab und ich spürte wie mich die Magie durch rieselte. „Vielen Dank", hechelte ich, bevor Dumbledore die Tür hinter sich schloss. Danach kehrte unangenehme Stille ein. Ich merkte, dass ich auch im Moment nicht von Severus hören wollte. Keine Erklärung könnte mir aus meinem Gefühlschaos heraus helfen. „Wir reden morgen früh", verkündete ich, bevor ich mich auf dem einen Sessel zusammen rollte und ihm den Rücken zu wandte. Ich hörte sein schweres Seufzen, doch ich konnte nicht näher darauf eingehen. Ich war zu verwirrt. Noch immer konnte ich nicht aufhören ihn gedanklich zu verteidigen.

Die Nacht verging nur schwerfällig. Ich spürte, wie es sich in meinem Körper alles hin und her zog und ich mich Stück für Stück wieder in einen Menschen verwandelte. Als ich aufwachte, war ich nackt. Über mit lag eine grün karierte Wolldecke. Sev musste mich heute morgen zugedeckt haben. Ich kuschelte mich lächelnd weiter ein, bis mir wieder einfiel, was ich gestern über ihn erfahren habe. Mit einem Mal war ich hellwach. Es hörte sich so an, als sei er in seinem Büro. Ich huschte schnell ins Schlafzimmer, schnappte mir seine Jogginghose, einen schwarzen Strickpulli und kuschelige Socken. Im Badezimmer stand ich bestimmt fünf Minuten fasziniert vorm Spiegel und betrachtete mein menschliches Gesicht. Meine roten Haare waren vollkommen zerzaust und meine Zähne fühlten sich merkwürdig an. Ich schnappte mir eine Bürste und machte mich ein wenig frisch. Meine Gedanken waren jedoch ganz wo anders. Die Freude über meine Zurückverwandlung wurde stark getrübt durch das Problem mit Sev. Ein böser Teil meines Gehirns schlug vor, dass ich ihn doch lieber Snape nennen sollte, da ich ihn ja anscheinend doch nicht kenne. Mein sowieso schon misstrauisches Wesen, lachte jetzt gehässig. Hatte ich wirklich einem ehemaligen Todesser vertraut? Doch weiter brachte mich das auch nicht. So viele Sachen wollte ich nach dieser Verwandlung machen... und nicht wenige davon hatten mit Sev zu tun gehabt. Wie oft hatte ich mir eine Umarmung und eine Kuss vorgestellt. Wie sehr hatte ich mich danach verzehrt... und jetzt wusste ich nicht einmal wie ich ihm gegenübertreten sollte. Was sollte ich schon sagen? Was konnte er sagen, dass das alles ungeschehen machen würde?  

A story of strength in the shadowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt