» sometimes two people have to fall apart

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» sometimes two people have to fall apart to realize how much the need to fall back together«


Fünf beinahe schlaflose Nächte, sieben entgangene Anrufe, einige Nachrichten sowie ein Autorennen von Lando später, hatte ich das rationale Denken wiedererlangt und so fühlte ich mich auch im Stande abzuheben, als mein Handy erneut klingelte. "Hey", ich wusste wie reserviert ich klang. Ich wusste, dass mich der Rennfahrer so nicht kannte. "Danke fürs Abheben", erklang Landos Stimme. Auch er klang verändert. "Wie geht es dir?" Ich spürte die Unsicherheit als er mir diese Frage stellte. Stumm seufzend ließ ich mich an meinem Schrank hinab auf den Boden gleiten. Mein Kinn auf meinem Knie abgestützt. Ich bemerkte, dass sich etwas verändert hatte. Ich war nicht mehr nervös wie noch vor einigen Tagen, wenn er mich anrief. Ich war aber auch nicht voller Hass auf das, was er getan hatte. Es war beinahe Gleichgültigkeit in mir, was ein gefährliches Zeichen war. Die mittlerweile dreiwöchige Trennung von Lando und sein Verhalten hatten mich verändert. "Fragst du mich das ernsthaft?", stellte ich ihm die Gegenfrage und meine Stimme tropfte vor Hohn. Es raschelte am anderen Ende der Leitung. Ich wusste nicht, dass auch Lando in diesem Moment in seinem Hotelzimmer auf den Boden gesunken war. "Glaubst du, dass du mir verzeihen kannst?", überging er meine Frage und überrumpelte mich total. Ich antwortete nichts, weil es genau diese Frage war, die ich mir in den letzten Tagen, die seit seiner Beichte vergangen waren, immer wieder selbst gestellt hatte. Tief in mir, versteckt unter meinem Ärger und meiner Gleichgültigkeit wusste ich nach wie vor, dass ich Lando unglaublich gern hatte. Ich wusste, dass diese Gefühle, die ich für den Rennfahrer hatte, alles verzeihen konnten. Ich wusste auch, dass ich meine Gefühle mittlerweile als Liebe betiteln könnte. Und dennoch wollte und konnte ich einfach nicht darüber hinwegsehen, was er getan hatte. Vielleicht brauchte ich Zeit, vielleicht Abstand oder auch Nähe zu ihm. Ich wusste nur, dass ich ihn hinter all meinem Groll unglaublich fest vermisste. Seine Tat hatte nichts daran geändert, dass ich mich unglaublich nach ihm sehnte und ihm nah sein wollte. Dies sollte er jedoch nicht erfahren. "Ich wünschte, das was du getan hast würde etwas daran ändern wie sehr ich dich mag", gab ich ihm zu verstehen und ich hörte ihn seufzen. Komischerweise wusste ich auch wie sehr es ihm leid tat, ohne dass er es aussprach. Ich presste meine freie Hand an meine Schläfe als ich spürte, wie sehr mein Kopf schmerzte. Seit Tagen hatte ich Kopfschmerzen vom weinen. Seit Tagen dröhnten die Gedanken in meinem Kopf, was ein unangenehmes Ziehen hinterließ. Und seit Tagen war da nur Lando der Tag und Nacht in meinem Kopf umherspuckte. "Ich will nur dass du weißt, dass ich mich durch solche Aktionen nicht manipulieren lasse", schob ich dann noch hinterher. Meine Fingernägel kratzten an der großen Narbe an der Innenseite meines Oberschenkel. Sie war von meinem Unfall und Lando liebkoste sie jedes Mal sanft bei unserem Vorspiel. Er hatte mir in Österreich erzählt, dass er diese Narbe kannte. Ich wusste nun, dass er nicht nur die Innenseite meiner Oberschenkel küsste, sondern das Andenken an meine Vergangenheit. Doch ich spürte keinen Schmerz am abgestorbenen Gewebe. Ich wünschte, ich könnte auch dieses schmerzhafte Stechen in meiner Brust, wahrscheinlich war es mein Herz, nicht fühlen. Dieses Ziehen welches ich ab dem Moment fühlte, als Lando mir vor einigen Tagen gestanden hatte, dass er mit einer anderen Frau geschlafen hatte. Würde auch dieses Brennen beim Gedanken an Lando irgendwann nur mehr ein Andenken an die Vergangenheit sein? „Ich werde nie so sein wie diese Frau" Ich stellte es ein für alle Mal klar, dass auch diese Aktion nichts an meiner Einstellung ändern würde. Natürlich wusste ich, dass ich einen Schritt auf Lando zugehen musste, doch dies tat ich nicht unter diesen Umständen. "Ich will dich nicht manipulieren", widersprach er mir sofort was dieses Mal mich seufzen ließ. Mein Blick fiel auf ein Polaroid Bild von uns, das an einer Schnur über meiner Kommode hing. Finn hatte es von uns geschossen und ich hatte es nach einigen Diskussionen mit Lando behalten dürfen. Er hatte es mittlerweile als Hintergrundbild bei seinem Handy eingestellt. Ich erinnerte mich wie nervös er gewesen war, als ich es das erste Mal bemerkt hatte. Er hatte sein Handy regelrecht von mir versteckt und offenbarte mir nach einer spielerischen Rangelei dann mit geröteten Wangen und verlegenem Lächeln auf den Lippen, dass er ein Foto von uns beiden als Hintergrundbild eingestellt hatte. Alleine diese Geste hätte mir verdeutlichen können, wie ernst es zwischen uns schon einmal gewesen war. Doch ich wollte es getrieben von meiner Beziehungsangst nicht wahrhaben. Immer noch lag mein Blick auf dem Foto. Lando schwieg am anderen Ende der Leitung. Ich lächelte stumm, wenn ich an die Unbeschwertheit dieser Tage zurückdachte. Es war ein warmer Mittwochabend gewesen, als ich den Rennfahrer zu einem unserer Spieleabende eingeladen hatte. Damals als alles noch so unbeschwert und leicht,  jedoch auch ungeklärt zwischen uns gewesen war. Und nun wusste ich, dass er sein Handy und somit unser Bild bei sich gehabt hatte, als er eine andere Frau küsste. "Ich habe das nicht getan um dich zu manipulieren", bestätigte Lando erneut und riss mich aus meinen Gedanken an ihn. "Ich fühlte mich allein, weil du mich immer wieder weggestoßen hast, immer dann nachdem du mich einen großen Schritt in dein Leben gelassen hast. Es war ein scheiß-verdammt schwacher Moment. Ich hatte in diesem Augenblick einfach an allem zwischen uns gezweifelt", erzählte Lando und meine Hand wanderte an meinen Mund. Fest presste ich sie gegen meine Lippen um ein Schluchzen zu unterdrücken. "Aber du bist nicht Schuld daran", schob er mit fester Stimme dann noch hinterher. "Lando, ich habe dich nie mit Absicht weggestoßen", flüsterte ich. Meine Stimme bebte. "Ich weiß, ich hatte es nur einen kurzen Moment vergessen" Ich hörte, dass auch er kurz davor war zu weinen. "Rose?", fragte Lando dann. Ich summte was ihm signalisierte, dass ich ihm zuhörte. "Hast du Angst?", seine Frage überraschte mich. "Wovor?" meine Gegenfrage klang harsch. Harscher als ich es eigentlich wollte. "Hast du Angst wenn ich fahre? Willst du deshalb keine Details dazu wissen oder sehen? Hast du Angst davor, dass auch ich bei einem Unfall wie deine Eltern sterben könnte?" Seine Frage überwältigte mich. Ich spürte mein Herz in meiner Brust rasen. Er sprach etwas aus, dass ich niemals auch nicht nur annähernd in meinen Gedanken zugelassen hatte. Er sprach das aus, was ich getarnt durch meine Angst vor der Presse unterdrückte. Er hatte mich in dem halben Jahr in dem wir uns dateten kennen- und verstehen gelernt, wie nie jemand jemals vor ihm. Er kannte somit den wahren Grund. Ich hatte panische Angst den Menschen zu verlieren, der mir so sehr an mein Herz gewachsen war. Doch ich hatte diesen Gedanken nie zugelassen. Ich hatte selbst nie verstanden wieso ich so Angst vor einer Beziehung mit ihm gehabt hatte. Nun wusste ich, dass ich getrieben vor der Angst meinen Partner zu verlieren, handelte ohne die Konsequenzen zu begreifen. Die Konsequenz, dass ich zu wenig ehrlich mit Lando sprach und ihn somit in die Arme einer anderen Frau trieb. Ich schluchzte leise, antwortete jedoch nicht auf die intimste Frage, die mir Lando jemals gestellt hatte. "Es ist okay, Rose", flüsterte dieser beruhigend. Er wusste, dass er mir seiner Vermutung recht behielt. "Glaubst du, dass du es ertragen kannst mich zu sehen?", hörte ich ihn plötzlich fragen als wir beide geschwiegen hatten. Mein leises Weinen war verklungen und seine beruhigenden Worte verstummt. Und nun stellte er mir erneut eine Frage, die ich nicht beantworten konnte. Alles was ich wusste war, dass er mir fehlte. Er fehlte mir so sehr, dass sich mein ohnehin gebrochenes Herz noch schwerer anfühlte. "Ich weiß nicht", gestand ich ihm. Meine Stimme drohte zu brechen. "Lass und einige Tage wegfahren" Sein Vorschlag haute mich um. Wie zum Teufel, kam er auf solche Ideen fragte ich mich. "Was?", meine Stimme überschlug sich fast und ich hörte ein verhaltenes Kichern am anderen Ende der Leitung. Ein kleines Indiz auf den wahren Lando, der anders war als dieser, mit dem ich eben telefonierte. Er zeigte mir durch seinen Vorschlag wieder einmal, wie unbeschwert und leichtsinnig er eigentlich war. "Rose, kann es noch schlimmer werden als es ohnehin schon ist?", fragte er verhalten. Meine Gedanken rasten, drehten sich im Kreis und stürzten wie in Wasserfall auf mich ein. Hatte er recht? Hatten wie es ohnehin schon so an die Wand gefahren, dass es nur ein Zurück gab? "Wie stellst du dir das vor? Soll ich so tun als ob nie etwas gewesen wäre und wir machen zusammen Honeymoon?", meine Stimme war schneidend so aufgebracht war ich über seinen Vorschlag. Meine Finger die mein Handy an mein Ohr pressten zitterten. Meine freie Hand war zu einer Faust geballt. "Wenn ich dir etwas bedeute, wenn dir das zwischen uns auch nur annähernd so viel bedeutet wie mir, musst du mir versuchen zu verzeihen", versuchte mich der Rennfahrer zu überreden was mich bloß noch wütender machte. Ich erlebte seit dem Beginn unseres Telefonat ein Wechselbad der Gefühle. Er verlangte Unmögliches von mir. Ich fühlte mich als müsste ich seinen Ausrutscher leichtfertig hinnehmen. Ich fühlte mich plötzlich wieder klein und naiv. "Wenn ich dir etwas bedeute, wenn dir das zwischen uns auch nur annähernd so viel bedeutet wie mir", gab ich seine Worte mit spöttischem Ton wieder "hättest du nie eine andere Frau gefickt" Ich spuckte meine Worte regelrecht auf ihn und bemerkte wie wir uns im Kreis drehten. Es drohte wieder einmal in eine gefährliche Richtung abzudriften. Wie so oft bei unseren Streits lenkten uns unsere aufbrausenden Emotionen. Doch dieses Mal war es Lando, der klaren Kopf behielt. "Ich kann verstehen wie unendlich wütend du bist. Und oh Gott, du hast allen Grund der Welt dazu mich zu hassen. Ich mache es selbst", begann Lando erneut. Und dann, gerade als ich dachte alles was er aussprach würde mich noch mehr provozieren sagte er etwas, dass  meinen Ärger verpuffen ließ. Plötzlich wusste ich, dass ich "uns" noch eine Chance geben musste. Plötzlich wusste ich, dass meine Gefühle, versteckt unter meiner Verachtung auf seine Tat, alles überstiegen. "Bitte lass es nicht du gegen mich sein. Sondern du und ich zusammen gegen das Problem" Seine Stimme war leise und unsicher. "Und wenn du mir nach diesen Tagen weg von London immer noch nicht verzeihen kannst, dann werde ich es hinnehmen", beendete er seine eingehende Rede und es entstand eine kurze Stille zwischen uns. "Auch wenn es sich anfühlt als müsste ich sterben, wenn ich daran denke, dass ich dich verliere", hörte ich ihn dann noch leise flüstern. Ich lächelte bei seinen Worten. Dann verstand ich, dass Lando gleich wie ich fühlte. "Wo willst du hin?", fragte ich ihn und gab ihm damit insgeheim meine Zustimmung für seinen Plan. Es ertönte ein erleichtertes Seufzen am anderen Ende der Leitung. "Lass dich überraschen. Ich schicke dir eine Nachricht wann unser Flug geht und welche Kleidung du mitnehmen sollst. Soll ich dich abholen?", er klang regelrecht hoffnungsvoll. Dennoch hörte ich die Nervosität, die seine Stimme zittern ließ. "Nein ich komme zum Flughafen", zerschlug ich seine Hoffnung innerhalb von Sekunden. Ich war ohnehin schon weit über meinen Schatten gesprungen. "Heathrow? Gatwick?", frage ich dann noch und war zu überrumpelt und perplex einen richtigen Satz zu formen. Lando verstand dennoch. "Heathrow", bestätigte er leise. "Danke Rose. Ich freue mich auf dich", flüsterte er dann und ich wusste, dass er es absolut so meinte wie er es sagte. Dennoch war ich nicht fähig gleiches zu erwidern auch wenn ich trotz alledem ähnlich fühlte. "Bis dann", damit legte ich auf und komischerweise fiel mir ein tonnenschwerer Stein von meinem Herzen. Ich konnte Lando nicht verlieren. Nicht nachdem ich endlich realisiert hatte, wie sehr ich ihn brauchte um glücklich zu sein. 

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