» the midnight sky is the road I'm taking-head high up in the clouds

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» the midnight sky ist the road I'm taking. head high up in the clouds «


Es waren elf Tage seit unserer ersten Konversation vergangen und während ich in der U-Bahn auf dem Weg zu einer Party saß überlegte ich, wieder einmal, ob ich Lando vielleicht doch antworten sollte. Doch ich hatte mich vor einigen Tagen dagegen entschieden. Mittlerweile bereute ich meine Entscheidung fast ein wenig, doch ich begriff auch, dass es ohnehin sehr wahrscheinlich nur ein kleiner Spaß für den Rennfahrer gewesen war, dem er keine große Bedeutung zuschreibt. Ich holte mein Handy aus meiner vollgestopften Clutch und entsperrte den Bildschirm. Wieder las ich unseren Chat-Verlauf durch. Auf seine Offenbarung hatte ich frech „vielleicht hast du das ja ;)" geantwortet, worauf er nur mehr ein „yeeeeeah, plan aufgegangen" geschrieben hatte. Ich empfand dies zugegebenermaßen als wenig kreativ und wollte nicht diejenige sein, die die Konversation am Leben hielt. Deswegen entschied ich für mich dafür, nichts mehr zu antworten. Auch wenn ich komischerweise nichts mehr wollte, als nochmals etwas von meiner schönen Silvesternacht-Bekanntschaft zu hören. Als die Haltestelle „Leicester Square" durch die immer gleich monotone Stimme ausgerufen wurde, war ich erstaunt wie lange ich bereits in Gedanken an Lando Norris versunken war. Es waren zehn Haltestellen seit meiner Wohnung. Ganze zehn Haltestellen in denen ich mir den Kopf zerbrach, über den Mann über den ich mir sagte dass er ohnehin nur ein Hirngespinst ist. Ein sehr, sehr hartnäckiges wie ich feststelle. Augenblicke später kämpfte ich mich durch nächtliche Touristen, etwas dass ich an London hasste, durch die Rolltreppen an die Oberfläche und sah meinen Mitbewohner und besten Freund Finn mit seinem Handy in der Hand an einer Laterne gelehnt auf mich warten. Er hatte gerade seine Schicht in einer Bücherei beendet und hatte sich offenbar noch dort in eines seiner schillerndsten Outfits geworfen. Denn sein mit Pailletten besetzter Blazer funkelte mit den Leuchtreklameschildern des Leichster Square hinter ihm um die Wette. Als er mich erblickte hörte ich seine schrille Stimme augenblicklich über die Straße an mein Ohr dringen. „Ola Chicka, bereit für eine Nacht mit Tequila, Amor und Eskalation?" Er wedelte dabei dramatisch mit seiner Hand während ich einen Zebrastreifen überquerte, um zu ihm zu gelangen. Noch wusste ich nicht wie recht er behalten sollte.

Fünf Tequila und zwei Wein später an diesem Abend in der Bar Rumba, schwang ich meine Hüfte gerade im Takt zu einem Avicii-Song als mich Finn am Arm zur Bar zerrte. „Ich kann nicht noch mehr trinken, Finn", jammerte ich und kicherte dabei. Deutlich spürte ich den Alkohol in meiner Blutbahn. „Nur noch einen", mit treuherzigen Augen blickte mich mein bester Freund an und schob mich vor sich her. Ausgepowert und widerstandslos ließ ich mich auf einen Barhocker fallen und war verwundert wie schnell Finn zum Bestellen aufgefordert wurde. Vielleicht lag es daran, dass er dem Barkeeper schöne Augen machte oder sie kannten uns hier mittlerweile schon. Immerhin war der heutige Abend nicht unser erster Besuch. Während ich darauf wartete, dass wir unsere Getränke serviert bekamen und ich über die Bestellabwicklung philosophierte schweifte mein Blick auf die gegenüberliegende Seite der Bar. Und was oder besser gesagt wen ich dort sah, ließ mich augenblicklich an meinem leicht alkoholisierten Verstand zweifeln. Ich dachte, dass mir meine Träumerei zu Kopf stieg und versuchte abzuwägen wie viel ich schon getrunken hatte. Doch als ich nach einigen Augenblicken, Finns schockiertem Blick und seinen Schlag gegen meinen Oberschenkel wusste ich, dass ich absolut richtig sah. Es war keine Träumerei und natürlich war ich noch bei klarem Verstand. An der gegenüberliegenden Bar stand mein gar nicht mehr so unbekannter Bekannter aus der U-Bahn und unterhielt sich mit einem Mädchen. Einige Sekunden lang beobachtete ich das Treiben und konnte schnell erkennen dass die Beiden heftig miteinander flirteten. Selbst aus meiner Entfernung konnte ich sehen wie aufreizend sich die blonde Frau ihm präsentierte, während seine Hand immer wieder ihren Oberarm berührte. „Rose", hörte ich Finn neben mir eindringlich zischen, während meine Augen immer noch an Lando Norris klebten. Das Licht der Laser malte feine Schatten auf seine markanten Wangenknochen was ihn aus der Ferne älter wirken ließ, als er in Wirklichkeit aussah. Ich kniff meine Augen zusammen, weil ich hoffte ihn dadurch klarer sehen zu können. Und selbst aus meiner Position, auf der anderen Seite der Bar, konnte ich sein umwerfendes Lächeln erahnen. Wie konnte die schöne Frau die direkt vor ihm saß dabei so cool bleiben, fragte ich mich.
„Hör auf zu starren", wetterte mein bester Freund und zog meine Aufmerksamkeit auf sich. „Wie kann ich ihn nicht anstarren? Hast du ihn dir einmal angesehen?", fragte ich beinahe perplex. Finns und mein Blick trafen sich und er und drückte mir genau im richtigen Moment ein Shotglas in die Hand. Augenblicklich und ohne anzustoßen trank ich es in einem Zug leer. Der Tequila brannte in meinem Hals und dennoch war ich viel zu elektrisiert, um dies überhaupt zu bemerken. Den entsetzten Blick von Finn, weil ich nicht mit ihm anstieß, bemerkte ich nicht. Denn wieder flog mein Blick auf die andere Seite der Bar. Immer noch dasselbe Bild. „Fuck ist der heiß", flüsterte ich beinahe atemlos und krallte meine Finger in Finns Arm. „Bestätigt", murmelte dieser und entfernte meine Hand von seiner. Der Rennfahrer trug ein weißes etwas oversized geschnittenes Shirt, was seine schmale Figur kaschierte und dennoch konnte man seine muskulösen Oberarme erkennen. Bei unserer ersten Begegnung konnte ich seinen Körperbau dank seiner dicken Winterjacke nicht erkennen. „Was hast du jetzt vor?", rief Finn gegen die gerade einsetzende laute Musik an, während ich ihn verwirrt anstarrte. Seine Augen glitzerten verdächtig, auch er war nicht mehr ganz nüchtern. „Nichts? Du siehst doch, er ist beschäftigt", schrie ich ihm entgegen. Der Bass hämmerte aus den Lautsprechern und ich war mir nicht sicher ob mich mein bester Freund verstanden hatte. Hatte er, doch ich sah Finns zustimmendes Nicken nicht mehr, da mein Blick wieder beinahe wie von selbst auf meine Bekanntschaft flog. Dann passierte etwas mit dem ich in diesem Moment nicht gerechnet hätte. Offensichtlich hatte Lando bemerkt, dass ihn jemand seit Minuten immer wieder anstarrte. Denn seine tiefblauen Augen sahen plötzlich direkt in meine. Man konnte ihm deutlich ansehen, dass auch er gleich erschrocken war, wie ich selbst. Sein Mund war ein Stück weit geöffnet und er fuhr sich, beinahe verwirrt, mit einer Hand durch seine lockigen Haare. Ich spürte erneut Finns Hämmern gegen mein Schienbein und doch konnte ich meine Augen nicht von dem unglaublich attraktiven Mann lösen. Dieser hob nämlich gerade seine Hand und winkte etwas schüchtern, etwas halbherzig in meine Richtung. Ich erwiderte genauso wenig überzeugt wie er. Sekundenspäter sank meine Hand auf meinen Oberschenkel. Ich spürte dabei gar nicht, wie sehr sie dort zitterte. „Wow, was für eine Begrüßung", moserte Finn neben mir. „Er hat dich eindeutig so gut in Erinnerung, wie du ihn. Der flippt ja fast aus" Deutlich hörte ich den Sarkasmus in seiner Stimme. Lando hatte sich mittlerweile wieder dem unglaublich schönen Mädchen zugewandt und schien etwas zu erzählen, während sie ihm aufmerksam folgte. „Vielleicht war diese Begegnung für mich bedeutender, als für ihn", gestand ich als ich bemerkte dass mich Lando absolut nicht beachtete. Dies war dann tatsächlich auch den ganzen Abend den Fall. Oft hatte ich mich ertappt wie mein Blick immer wieder mal zu ihm wanderte, doch nach wie vor schien der Rennfahrer nur mit der blondhaarigen Frau beschäftigt zu sein. Sie verließen ihren Platz an der Bar über Stunden hinweg nicht und schienen sich angeregt zu unterhalten. Ich bemerkte dabei allerdings nicht, dass der Rennfahrer auch mich beobachtete, doch er machte dies deutlich unauffälliger als ich. So kam ich zum Entschluss, dass ich gänzlich uninteressant für Lando war. Dies war tatsächlich so lange der Fall, bis ich beschloss nach Hause zu gehen. Finn war schon vor einer Stunde mit einem Typen abgehauen und so entschied auch ich nach mehreren belanglosen Unterhaltungen mit noch belangloseren Typen zur Tube Haltestelle zu gehen. Doch gerade als ich den Club durch die Garderobe verlassen wollte, rief jemand hinter mir meinen Namen. Im ersten Moment dachte ich, ich hätte mich verhört. Es gab immerhin unzählige Rose in London. Als ich jedoch hastige Schritte hinter mir wahrnahm und mich Sekunden später jemand an der Hand festhielt, wusste ich dass eindeutig ich gemeint war. Ich schwankte ein wenig als ich so plötzlich aufgehalten wurde. Dann spürte ich eine Hand an meiner Hüfte, die mich stützte und wieder ins Gleichgewicht brachte. Es war eigenartig, ich musste mich gar nicht umdrehen um zu wissen, welche Hand so fest um meine gelegt war. Mit komischer Sicherheit wusste ich, dass es nur Lando sein konnte der hinter mir stand. Tatsächlich blickte ich ihm Sekunden später in seine schönen blauen Augen die im gedimmten Licht der Garderobe dunkler schienen, als ich sie in Erinnerung hatte.
„Rose - Hey", grüßte er mich schüchtern und es war komisch nach über vier Monaten seine Stimme wieder live und nicht verzerrt durch einen Bildschirm zu hören. Zum ersten Mal stand ich ihm gegenüber und stellte fest, dass er obwohl er selbst nicht der Größte war und ich Absatzschuhe trug, mich dennoch ein wenig überragte. Seine Hand lag immer noch an meiner Hüfte während seine andere mein Handgelenk losgelassen hatte. „Hi" Meine Stimme war plötzlich zittrig und ich hoffte dass mein Gegenüber dies nicht bemerkte. Doch Lando schenkte mir nur sein schönstes Zahnlückenlächeln, was auch mich zum grinsen brachte. Für ein paar Sekunden standen wir uns bewegungslos und perplex gegenüber. Oft hatte ich mir in meinen Gedanken ein Wiedersehen vorgestellt, doch jetzt wo wir so überraschend nochmals voreinander standen, fühlte es sich verdammt komisch an. Komisch und dennoch bemerkte ich ein klein wenig Vertrautheit, als der Rennfahrer mich so anlächelte, wie er es eben tat. Lando schien ebenfalls mit der Situation überfordert zu sein, denn ich sah deutlich, dass er nach Worten rang. „Hast du den gleichen Nachhauseweg wie zu Neujahr?", durchbrach der Braunhaarige dann schlussendlich doch die komische Situation. Dabei schloss er den Reisverschluss seiner Jacke, die er trug. Mein Blick folgte seinen Bewegungen und landete Augenblicke später wieder auf seinem Gesicht. „Willst du dir wieder einen Platz mit mir teilen?" Ich konnte bloß nicken und war überrascht wie entwaffnend Lando trotz seiner Schüchternheit wirkte. Als wir nebeneinander ins Freie traten, er mir ein verschmitztes Lachen schenkte, brachte er damit auch mich zum Lächeln und mein Herz aufgeregt zum Hüpfen. Damals wusste ich nicht, wie wenig Lando Clubs oder feiern mochte und was für ein Zufall es gewesen war, dass wir uns erneut begegnet sind. Doch unsere gemeinsame Zeit sollte von Zufällen, von denen ich noch nichts wusste, bestimmt werden.

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