Kapitel 3

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Wenn ich mir jemals in meinem Leben eine. Entführung vorgestellt habe, dann endete sie darin, dass man in einen dunklen Keller mit Schimmel gesperrt wurde und ein schmutziges Stück Stoff in den Mund geschoben bekommt.

Aber nicht das.

Definitiv nicht das.

»Mr Carter, der Boss wird Sie in wenigen Minuten empfangen. Würden Sie mir bitte folgen?«, fragt Adrian und deutet in die Richtung, in die ich ihm folgen soll. Doch ich beachte ihn gar nicht. Meine Augen hängen an der verglasten Wand im Eingangsbereich, die direkt zum türkisfarbenen Pool dahinter blicken lässt. Der dunkle Marmor des Bodens spiegelt die sanfte, aber kalte Beleuchtung wieder.

»Mr Carter?«, fragt Adrian hartnäckiger.

Mir steht nur der Mund weit offen. Die schwarzen Büsten um uns herum färben sich in das eisige Licht. Und wenn ich meinen Kopf in den Nacken lege, dann sehe ich mich in den Spiegeln, die die gesamte hohe Zimmerdecke ausmachen.

Ich glaube, ich werde verrückt..., schaffe ich es wieder einen Gedanken zu fassen. Das ist kein Haus. Das ist ein Kunstwerk. Da ist ein Pool vor meiner Nase... hinter Glas. In einem Haus. In einem schimmernden Palast...

»Beweg' deinen Hintern!«, werde ich von Elliot angeranzt und schrecke wach, wenn er mich grob an der Schulter packt und hinter sich her zerrt. Doch Adrian geht dazwischen, schlägt die starke Hand seines Kumpanen von mir. Dann teilt er einen bösen Blick aus, der Elliot die Augen verdrehen lässt. Ich streiche mir hingegen über die schmerzende Schulter. Zeitgleich wird mir wieder bewusst, warum mir der halbe Ärmel fehlt - Ein Kampf, viel, viel Blut und... die Verletzung, welche ich notgedrungen verbunden habe.

»Bitte folgen Sie mir jetzt, Mr Carter«, versucht es Adrian ein weiteres Mal. Aber durch seine feste Stimme und den strengen Augen weiß ich, dass es das letzte Mal sein würde. Also nicke ich brav und laufe im Sandwich mit den beiden Männern am verglasten Poolzimmer vorbei. Obwohl die Spiegel im schmalen Flur aufhören, fühle ich mich weiterhin von den leuchtend weißen Wänden und der dämmrigen blauen Beleuchtung eingeengt. Alles ist steril. Außer einigen abstrakten schwarz-weiß Gemälden ist der Gang vollkommen leer.

Das soll sein Haus sein...?, denke ich angestrengt nach. Nachdem ich mich dazu entschieden habe, mein Leben für die fremde, verletzte Frau bei der 19ten wegzuschmeißen, wurde ich erneut in den Van verfrachtet und hierhergebracht. Meine beiden Entführer sagten, sie würden mich zum Haus ihres Bosses bringen... Es erinnert mich eher an eine Galerie. Was bedeuten die seltsamen Vierecke und Abdrücke auf den Bildern überhaupt?

Ich werde zu einem Raum im Gang gebracht, der von außen genauso leblos wie alle anderen aussieht. Als Adrian mir die Tür aufhält, erstreckt sich allerdings ein weiteres Kunstwerk vor mir.

Ein enormes Aquarium ist der Höhepunkt des Raumes. Lila Fische, neongrüne, gelb-gepunktete, welche die leuchten, welche die aussehen, als tragen sie einen schweren Mantel und andere, die wie kleine Glühwürmchen wirken - Sie schwimmen graziös zwischen den bunten Korallen, tanzen anmutig mit ihren glitzernden Flossen.

»Der Meetingraum des Bosses«, erklärt mir Adrian, bevor ich überhaupt fragen kann. Wie von selbst setzen sich meine Beine in Bewegung und tragen mich um die lange Tafel mit den etlichen Stühlen herum. Meine Finger finden langsam an das Glas, wodurch sich eine Gruppe von Fischen versammelt und genauso neugierig nach draußen starrt, wie ich hinein.

»Bitte warten Sie hier einen Moment«, meint Adrian. Ich reiße mich los und drehe mich um. Meine Entführer, die bereits gehen wollen, bleiben stehen.

»Was passiert jetzt?«, frage ich, verfluche mich für meine ehrfürchtige Stimme.

Adrians Blick trifft genau auf meinen. »Ich weiß es nicht. Aber selbst wenn ich es wüsste, würde ich es Ihnen nicht sagen.« Dann geht er zusammen mit Elliot.
Jetzt bin ich alleine. Was soll ich nur in diesem Anwesen? Was will dieser Boss von mir? Ist er sauer, weil ich gesagt habe, dass ich die Mafia nicht fürchte?, geht es mir durch den Kopf, während ich beobachte, wie zwei der größeren Doktorfische hinter einen moosbedeckten Stein tauchen. Wenn er mich umbringen wollen würde, hätte er es auch sofort tun können. Dafür hätte er mich nicht hierhergebracht. Das ergibt einfach keinen Sinn.

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