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Leise seufzend stehen wir vor der mit Schnörkeln verzierten alten Holztür des Hauses, in der sich meine WG befindet und starren uns gegenseitig an. Es ist erst kurz nach 9 an einem Samstagabend, aber trotzdem müssen wir uns schon voneinander verabschieden.

Leider.

Keiner von uns will das, denn der Tag war wirklich wunderschön. Aber dadurch, dass Harry in der Bäckerei seines Onkels arbeitet - beziehungsweise sogar Juniorpartner ist - muss er am morgigen Sonntagmorgen früh raus. Sein Wecker geht um 3 Uhr morgens und ich weiß nicht, wie er es um diese Uhrzeit aus dem Bett schafft. Normalerweise ist das die Uhrzeit um die ich ins Bett gehe. Ich gebe zu, mein Schlafrhythmus ist eventuell etwas... ungesund.

An der Hand zieht er mich noch einmal näher, sodass er seine Arme um meine Taille schlingen kann. Von oben sieht er mich an und lächelt sanft. "Ich will nicht gehen." flüstert er traurig. "Dann geh nicht..." grinse ich und wickle mir die Locke um den Finger, die aus seinem Dutt gefallen ist. "Wenn ich nicht am andere Ende von London arbeiten würde..." murmelt er und lässt den Kopf gegen meine Stirn fallen. "Ich weiß, mach dir bitte keinen Kopf. Wir sehen uns ja wieder..." sage ich. Vorsichtig fahre ich mit einem ziemlich zittrigen Finger über seinen Kieferknochen. "Tun wir das?" Ein Grinsen schleicht sich auf sein Gesicht. "Ich... denke schon?" Ich versuche, die Unsicherheit in meiner Stimme zu verstecken.

"Ich wäre sehr traurig, wenn nicht..." gesteht er und mir fällt ein ganzes Gebirge vom Herzen. Auch wenn es nach dem Verlauf des bisherigen Tages absolut keinen Sinn ergeben hätte, wenn er mich nicht hätte wieder sehen wollen, ist es schön, es nochmal direkt aus seinem Mund zu hören.

Wir haben uns stundenlang unterhalten, gelacht, gekuschelt und... geknutscht. Ja, irgendwann war es mir sogar egal, dass ich mir beobachtet vorkam. Denn ich bin süchtig danach, ihn zu küssen. Man könnte meinen, es liegt bloß an den flatternden Tierchen in meiner Magengegend, aber auch unabhängig davon muss ich zugeben, dass er darin einfach unfassbar gut ist. Ernsthaft. Und ich darf das sagen, denn ich habe in meinem Leben schon viele Menschen - oder viel mehr Frauen -  geküsst. Vielleicht ist das nichts, das man stolz rumposaunen sollte, denn es klingt, als wäre ich ziemlich sprunghaft... aber leider war ich das in meinen jungen Teenagerjahren wirklich. Ich weiß nicht genau, was ich kompensieren wollte, aber ich hatte... sagen wir eine Menge Sozialkontakte.

Gottseidank habe ich diese Phase hinter mir.

Ein weiteres Mal seufzt er leise und jammert "Ich will niiiiiicht..." was mich schmunzeln lässt. Ich ziehe ihn noch einmal zu mir runter und drücke meine Lippen auf seine. Kurz erschrecke ich mich, als er daraufhin mit seiner Hand in meinen Nacken packt, mich gegen die Wand drückt und anders als bei allen anderen Küssen zuvor offenbar seine Hormone nicht mehr unter Kontrolle hat. Es ist das erste Mal, dass er mir seine Zunge zwischen die Lippen schiebt und ich muss gestehen, dass ich kurz überfordert bin, WIE schnell er auf einmal an die Sache rangeht.

Dann übermannen mich allerdings ebenfalls meine Hormone und ich lasse es einfach zu. Er vernebelt meine Sinne und ich vergesse komplett, wie sehr ich gerade noch gefroren habe. Eine kribbelige Hitze breitet sich in mir aus und mir wird erst wieder bewusst, wo wir sind, als meine Jacke ein Stück nach oben rutscht und die Haut an meinem unteren Rücken das eisige Gestein hinter mir berührt. Erschrocken ziehe ich Luft ein und stoße reflexartig mit meinem Becken nach vorn - gegen seins. Ich zucke zurück, als ich merke, wogegen ich da grade gestoßen bin.

Oh... offenbar hat ihn das gerade ziemlich angemacht.

Er löst sich von mir, räuspert sich leise und stammelt "S-Sorry, ich..." Deutlich höre ich ihn schlucken. "T-Tut mir leid, ich hab kurz... ich w-wollte dich nicht so bedrängen." Beruhigend lege ich ihm die Hand auf die Brust. "Hey, es ist alles gut." Mit gesenktem Kopf blickt er mich von unten an. "Wirklich." versichere ich ihm. Ein kleines Lächeln bildet sich auf seinen Lippen. "Tut mir trotzdem leid, ich will nicht dass du denkst, ich würde nur... das Eine wollen." Ich schüttle leicht den Kopf. "Tue ich nicht, versprochen." Ich beuge mich vor und hauche ihm einen federleichten Kuss auf die Lippen. Nervös beißt er sich auf seine und stößt sanft mit seiner Fußspitze gegen meine. "...irgendwas brennt bei mir wohl durch, wenn du mich küsst." sagt er verlegen. "Ich nehme das als Kompliment." grinse ich und stupse ihm gegen die Nasenspitze.

Sahnehäubchen ✧*。|| L.S. [christmas]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt