Zero - Ich wünschte, ich wäre tot

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Eileen musste sich setzen. Ich übernahm ihren Teil des Mistes und fütterte die Hippaelektryonen. Sie schienen warum auch immer etwas für mich übrig zu haben, denn anders als die meisten Tiere knurrten sie mich nicht an oder versuchten, nach mir zu schnappen, wenn ich an ihnen vorbeiging, wie ich überaus irritiert feststellen musste.

Normalerweise hassten Tiere mich. Ich hatte etwas an mir, das sie abschreckte und aggressiv machte. Finn war mit vier von einer sonst handzahmen und treudoofen Katze gebissen worden und als er mit Dad spazieren gewesen war, hatte ihn einmal ein Hund angefallen. Im Nachhinein hatte er mit mir zusammen realisiert, dass es sich dabei um kein gewöhnliches Tier gehandelt hatte, doch selbst die konnten mich eigentlich nicht ausstehen.

Vielleicht lag es daran, dass ich mit Pferden zurechtkam. Vielleicht hüpften sie mir deswegen nach und wieherten zutraulich. Mit Hühnern hatte ich es noch nie versucht, also konnte es gut sein, dass es doch irgendwelche Tiere gab, die etwas für mich übrighatten. Oder es lag daran, dass ich Futter hatte. Wissen konnte ich es schlussendlich nicht. Emotionen und Wahrheiten, die keine direkten Fakten waren, waren schwierig. Gerade bei Tieren fiel es mir schwer, die Stimme agieren zu lassen. Die meisten nicht menschlichen Wesen handelten intuitiv, was es schwierig machte, ihre Wahrheiten zu lesen.

Ich tätschelte einem der Hippaelektryonen die Flanken und bemühte mich, die Futtertröge nicht zu voll zu machen. Trish half mir, doch sie musste sich immer wieder ausruhen und auch, wenn sie heftig protestierte, schob ich sie wortlos zu Eileen, bis sie wieder einsatzbereit war. Wir unterhielten uns nicht. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach und keiner schien ein reges Interesse daran zu haben, diese Gedanken zu teilen. Fand ich gut.

Als wir damit fertig waren, die Hippaelektryonen zu füttern, nahmen wir unsere Ausrüstungen und stiefelten zu den Weiden des Sonnenviehs. Im Sonnenlicht leuchtete ihr rotes Fell noch mehr als gestern Nacht. Man hätte sie bestimmt auch gut als Warnleuchten im Verkehr verwenden können. Sie waren auf eine ziemlich komische Art und Weise schön. Wenn man es schön nennen konnte, wie sie in den Wiesen herumstapften, wie übergroße Erdbeeren, und immer wieder schaumige Grasüberreste aus ihren Mäulern fielen. Wahrscheinlich lag es daran, dass sie selbst für ein Halbblut ein surrealer Anblick waren. Egal, wie viel man schon gesehen hatte, es gab immer etwas, was schlussendlich zu weiterer Verwunderung führte. Diese Lektion hatte ich inzwischen schon so oft gelernt, dass ich sie verinnerlich hatte.

Und rote Kühe gehörten für mich definitiv dazu.

An der Weide angekommen, meldete Eileen sich wieder zu Wort. „Ihr glaubt also, dass es nicht direkt meine Schuld war? Dass meine Kräfte ausgebrochen sind?" Sie klang zögerlich, als würde sie fürchten, wir würden unsere Meinung zu schnell wieder ändern, wenn sie uns danach fragte. Als ob ich etwas an diesen Tatsachen ändern könnte.

Ich hielt mich raus und lehnte die Schaufeln an den Zaun, um die großen Futtersäcke und Wassereimer besser greifen zu können. Trish drehte sich mitfühlend zu Eileen um und streifte sacht ihren Unterarm. „Natürlich glauben wir das, Eileen. Es würde Sinn ergeben. Abgesehen davon, dass du sowieso nie direkt beteiligt warst. Du hattest Angst. Du wusstest nichts von deiner Magie. Du bist einfach explodiert. Glaub mir, ich kenne das. Mir ist das früher auch oft passiert."

„Ja, aber doch nicht in so einem Ausmaß!"

„Darum geht es doch gerade gar nicht. Was ich sagen will ist, dass es nicht deine Schuld ist, dass deine Reflexe reagiert haben und deine Mutter in diesem Moment da war. Das darfst du nicht denken. Das blockiert deine Kräfte. Du denkst, dass sie nur Schaden anrichten können, habe ich recht?"

Eileen nickte verunsichert und umklammerte den Henkel ihres Eimers fester.

Wir waren inzwischen beim Unterstand angekommen, wo mehrere große Futtertröge auf die Sonnenkühe warteten. So sehr ich auch mit ungewöhnlichen Temperaturen zurechtkam, ich musste zugeben, dass Texas mir zu viel war. Zu viel von allem. Zu warm, zu stickig, zu viele Moskitos. Selbst hier im Schatten war es brütend heiß und ich trug wie immer meinen zwar dünnen, aber langärmeligen Pullover, den ich gestern Morgen übergestreift hatte. Schließlich wurde es langsam herbstlich.

The Odd one's outWo Geschichten leben. Entdecke jetzt