ᴏɴᴇ - loss

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Scorpius Hyperion Malfoy hatte nie wirklich gewusst, was es bedeutete, Verlust zu erleben.

Wie denn auch? Er, der einzige Sohn eines reichen Reinblüters, hatte immer bekommen was er wollte. Scorpius hatte schon im Moment seiner Geburt mehr Galleonen besessen als viele Zauberer im berufstätigen Alter.

Dad?" Das Essen war bisher wortlos verlaufen, das Klappern von Silberbesteck und das leise Ticken der Wanduhr hallte von den Marmorwänden wider.

Draco's Hand schwebte bewegungslos über dem Glas, das er hatte nehmen wollen. „Ja?"

Der Junge zupfte am grünen Stoff seiner Serviette, blickte unsicher zu seinen Eltern. „Mary meinte, dass wir nur wegen unserem Nachnamen so reich wären. Was... was hat sie gemeint.?

Die Stille schien vom Echo verstärkt zu werden. Scorpius rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum, während Draco einen Schluck Wasser nahm. Als er das Glas zurück auf das dunkle Holz des Tisches stellte, zuckte der Junge durch das laute Geräusch zusammen.

Wegen unseres Nachnamens, Scorpius." Draco räusperte sich. „Genitiv. Und Mary und du seid beide zu jung, um das zu verstehen."

Kurz war das Ticken der Uhr das Einzige, das den Raum erfüllte. Dann wandte sich Astoria, die bisher nur still das Essen auf ihrem Teller herumgeschoben hatte, an Draco. „Wie ist das Treffen mit McTewyn gelaufen?"

Dracos Schultern entspannten sich sichtlich, als er sich mit einem warmen Lächeln an seine Frau wandte. „Gut. Er hat am Donnerstag Veronica getroffen, sie ist für den Monat in London."

Wirklich? Gott, durch diese ständigen Arzttermine habe ich sie bestimmt schon ein halbes Jahr nicht gesehen... Hast du ihm meine Grüße ausgerichtet?"

Scorpius fragte nicht nochmal.

Natürlich fragte er sich manchmal, wenn er in den großen, leeren Marmorhallen seines Zuhauses stand, ob es das war, was es bedeutete, glücklich zu sein. Geld. Ein hoher sozialer Status. Reines Blut. Doch das waren nicht die Dinge, die etwas im Kopf eines Malfoys verloren hatten, und so ignorierte Scorpius sie.

Ignorierte, dass er einfach nicht verstehen konnte, warum das Geld seiner Vorfahren und der Blutstatus seiner Familie ihn glücklicher machen sollte als er war. Ignorierte, dass etwas nicht zu stimmen schien. Mit ihm.

Weil er die Worte seines Vaters hören, aber nicht verstehen konnte.

Es wurde um einiges einfacher, als er den Brief bekam. Seinen Brief. Die Einladung in ein neues Kapitel seines Lebens. Der Windhauch, der die Seiten umblätterte.

Scorpius hatte von Hogwarts gehört – natürlich hatte er das – und er stellte es sich gleichermaßen beeindruckend und beängstigend vor.

Es hätte wirklich keine Überraschung sein sollen, als er im Sommer das Schreiben der Schulleiterin bekam; trotzdem war sich Scorpius nicht sicher gewesen, ob der Brief für ihn war. Er schien so vieles einfach nicht zu begreifen, was für seinen Vater selbstverständlich war; warum also sollte ausgerechnet er die Chance bekommen, an diesen Ort zu gehen?

Doch das Gewicht des Vogels auf seinem Arm hatte keine Einbildung sein können. Die Eule war eine Schleiereule, winzig, und das Schönste, was der elfjährige Scorpius je gesehen hatte. Vielleicht, weil sie Veränderung auf ihren leichten Flügeln trug.

„Willst du sie behalten?", hatte Draco gefragt, während er seinen Sohn gemustert hatte. „Ich kann sie denen abkaufen, wenn du sie willst. Du wirst eine Eule brauchen." Der Junge wollte nicht. Er ließ den Vogel frei und sah ihm nach, als er davonflog.

IMMORTAL ᵃ ˢᶜᵒʳᵇᵘˢ ˢᵗᵒʳʸWo Geschichten leben. Entdecke jetzt