Prolog

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Show me an open door
Then you go and slam it on me
I can't take anymore
I'm saying baby...

Please have mercy on me

Wütend verschränkte ich meine Arme vor der Brust und starrte ihn an. Sein Blick durchbohrte mich. Seine grünen Augen waren so kühl, als wären sie wirklich aus Stein und seine fast schon femininen Lippen so zusammen gepresst, als müsse er sich wirklich davon abhalten, noch mehr fiese Dinge zu sagen. Und irgendwie hatte ich es von Anfang an gewusst. Ab dem Moment, wo ich damals meinen Koffer die Treppen hochgetragen hatte und er nur mit gesenkten Blick und einen gemurmelten ‚excuse me' an mir vorbei gegangen war, hatte ich es einfach gespürt. Dass ich nie, aber wirklich niemals mit ihm als Person klarkommen könnte. Dass uns nicht nur Ozeane, sondern mehrere Welten trennten. Vermutlich gleich hunderte von Galaxien!

Und es wäre okay gewesen. Wir hätten bei dem neutralen ‚hallo' bleiben können und den typischen britischen Smalltalk, wenn nicht Gemma gewesen wäre. Normalerweise würde ich eine Person nicht wie ein Ereignis beschreiben, aber irgendwie hatte mich diese Vielzahl an Ereignisse erst an diesen Punkt gebracht und diese Ereignisse wären niemals passiert, wenn mir damals nicht diese beschissene Tüte gerissen wäre.

Das war es.

Eine verdammte Plastiktüte war daran schuld, dass ich jetzt hier stand und Harry Styles am liebsten den Kopf abreißen würde. Oder ihm eine reinhauen würde, aber ich hatte noch nie einen Menschen geschlagen. Wer wusste schon, ob ich dazu überhaupt in der Lage wäre. Aber wenn, dann wäre er es gewesen, der es verdient hätte.

„Also stimmt es?", fragte er, schaute mich dabei so herausfordernd und misstrauisch an, dass ich das Gefühl hatte nur eine breitgetretene Kakerlake unter seinen riesigen Designerschuhen zu sein.

Mein Inneres versuchte zu verstehen, was er von mir wollte. Dass seine Frage mehr wie eine Aussage geklungen hatte, trieb mir das Blut in den Kopf. Wie konnte er es wagen so zu sein? Was gab ihm das Recht mich zu verurteilen? Ich glaube es hat noch nie einen Menschen gegeben, der mich hatte so wütend machen können, wie er es binnen weniger Sekunden schaffte. Es war als wäre ich eine blöde Colaflasche, in der man eine ganze Packung Mentos stopfte, sie anschließend mit dem Flaschenhals auf den Boden warf und sie einfach nur hemmungslos explodierte.

„Weißt du was?" Ich hoffte, dass man Stimme fest genug klang und nicht so zittrig wie meine Hände, welche ich nun angestrengt zusammenballte. „Fick dich, Styles!"

Ich sah wie sich seine Gesichtszüge verdüsterten, wie er dicht machte und seine übliche desinteressierte Fassade hochzog. Wie auf einmal so viel älter aussah, als er eigentlich war. Aber das war mir gerade egal. Ich ließ mich doch nicht von jemand wie ihm in meiner eigenen Wohnung so herunterputzen. „Dass du ernsthaft die Dreistigkeit besitzt hier her zu kommen und mir so etwas an den Kopf zu knallen, ist wirklich das allerletzte! Gerade du solltest doch wissen, dass man nicht jedem Gerücht Glauben schenken sollte! Aber dass du wirklich glaubst, ich könnte so sein... beweist doch, dass du kein Deut besser als die anderen Lügner und Idioten auf der Welt bist. Ich bin... argh, ich bin so wütend, dass ich sogar die Hälfte vergesse von dem was ich eigentlich sagen will. Aber im Grunde ist es auch egal! Weil es mich nicht interessiert ob du weißt was ich denke. Es ist mir scheißegal was du von mir hältst und ich will nichts mit dir zu tun haben. Meinetwegen geh zurück zu deinen ach so tollen Freunden, die dir solche Geschichten über mich erzählen. Mach doch! Aber komm nicht nochmal hier her, um mich derartig zu beleidigen und bloß zustellen."

„Es war Olivia...", unterbrach er mich leise und sah dabei an einen Punkt irgendwo hinter mir.

Es war als hätte er mir ins Gesicht geschlagen. Mir einen Eimer mit eiskalten Wasser über meinen Kopf entleert oder mir einen brennenden Dolch in meine Bauchdecke gestoßen. „Du bist das Allerletzte", flüsterte ich. Konnte nicht fassen, dass er wirklich das gesagt hatte... Ich sah wie er etwas erwidern wollte, aber ich konnte nicht noch mehr ertragen. Wenn auch nur ein weiteres Wort seine Lippen verlassen würde, dann würde ich vermutlich in Tränen ausbrechen, vor Wut, Scham, Enttäuschung und Schmerz. Diese Blöße wollte ich mir nicht auch noch geben. Wenigstens eine Prise Stolz hatte ich, nach dem verbalen Niedergetrampel meiner Gefühle, noch. „Verschwinde." Es war weniger als ein Flüstern, eher ein Hauchen, aber er wird es schon gehört haben.

Hastig drehte ich mich herum und ließ ihn in meinem Flur stehen. Keine Sekunde länger würde ich es mit ihm in einem Raum aushalten. Ich hörte das Knallen meiner Wohnzimmertür, die ich hinter mir zugezogen hatte und dann spürte ich den dumpfen Schmerz. Fühlte, wie mein Herz sich verkrampfte und mein Bauch ebenfalls schmerzte, als hätte ich Scherben geschluckt. Als würde mein Inneres zerreißen. Es raubte mir die Luft zum Atmen.

Mit einem Keuchen schlug ich mir meine Hände vor den Mund und stürzte weiter ins Badezimmer. Einschließen. Das war das einzige, was ich jetzt noch wollte.

Einschließen und zusammenrollen.

Denn das war einfach.

mercy × Harry Styles Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt