Kapitel 5
Schwarze Ritter
„Er war echt.", flüsterte Lou. Tränen der Verzweiflung machten sich in ihren blauen Augen breit. „Und er hat meine Bücher gefressen!". Sonntagnachmittag. Lou und ihre Tiergeist- Freundin versteckten sich auf dem Heuboden des Ponyhofes. Noch bis spät in die Nacht hatte sie ihre Bücher sortiert. Kaputte, angefressene wurden aussortiert, einige von ihnen wurden sofort neu bestellt, andere zogen für immer aus. Ihr letztes Erspartes ging für die Ersetzungen drauf. Zu ihrer Arbeit kam sie dann auch noch zu spät. Herr Ustermann gab ihr dafür natürlich einen Einlauf. Keine zehn Minuten später folgten aufmunternde Worte von Greta. „Eine wirklich seltsame Familie.", wie Lou dachte. Es war das erste Mal das sie wirklich zu spät kam, daher wurde noch einmal ein Auge zu gedrückt. Aber kaum hatte sie ihre Schicht begonnen, lugten kleine Ohren und Hörner aus ihrer Tasche. Offensichtlich war Q wieder wach. Das Mädchen konnte das wehrlose, erschöpfte Tier nicht alleine zurück lassen, nicht in dem Zustand, in dem es sich befand.
„Ein echter Stegosaurier?", flüsterte Q zurück. Niemand durfte sie hören oder sehen, doch manche Informationen konnte man einfach nicht länger zurück halten, sie wollten raus. Lou nickte, zeigte dem Schweinchen das Bild auf dem Handy, von der Echse. Wie sie da saß und genüsslich in einen Thriller biss. „Wie aus dem Buch.", flüsterte das Meerie wieder. Lou nickte: „Genau.".
„Vielleicht ist das deine Kraft.", ergänzte Lou.
„Nicht meine,", korrigierte Q: „Unsere!".
Schon viele Bücher haben die beiden zusammen begonnen, gelesen und beendet. Aber nie hatten sich beide gedanklich so sehr auf etwas konzentriert gehabt, wie letzte Nacht auf den kleinen Dino.
Lou grinste. „Also? Suchen wir nach meiner Arbeit Beweise für unsere Theorie?"
Q nickte.
Doch am Nachmittag tat sich nichts. Sie hatten das Buch, 'Reise der Sterne', weiter gelesen. Wieder saß Q auf Lou ihrer Schulter, nur versuchten sie sich dieses Mal bewusst auf etwas zu konzentrieren. Die Stelle mit den Raptoren hatten sie übersprungen, mittlerweile war Professor Waqt dabei, ein Eichhörnchen in einem Rad laufen zu lassen, um Strom zu erzeugen. Aber es passierte nichts. Kein Nager der flitz über den Boden huschte und kein Professor der nach Erfolg suchte. Und Q blieb bei vollen Kräften. Aber es musste doch möglich sein die Geschehnisse zu wiederholen. Lag es am Gewitter? War es doch nur Zufall? Fragen über Fragen machten sich in den beiden breit. Für alles gab es Antworten im Internet, in der bunten Suchmaschine, nur nicht für das heraus locken der Kräfte eines Cuerno Cobaya. Nicht einmal die Geisterwesen als solches waren online zu finden.
Schweigend saßen die beiden auf dem Bett, ein Stapel Bücher neben ihnen. Nicht nur das eine hatte sie probierte. Aber passten sie immer auf, das es Stellen waren, in denen keine gefährliche Wesen eine Hauptrolle hatten. Noch mehr Schäden konnten sie sich nicht leisten. Egal was sie versuchten, es half alles nichts.
Stundenlang versuchten sie ihr Glück, bis Lou sich auf ihr Bett legte, und in einem ihrer Lieblingscomic blätterte. „Vielleicht, wenn wir Bilder haben? Dann wissen wir wie das Ergebnis aussehen soll. Vielleicht klappt es dann?", klammerte sich das Mädchen an den letzen Strohhalm. „Vielleicht.", sagte Q. Emotionslos. Sie hatte sich so viele Hoffnungen gemacht. Endlich, so dachte sie, hatte sie ihre Kräfte entdeckt, nun würde sie ein vollwertiges Geisterwesen werden können. Doch sie konnte sie nicht nutzen. Das kleine Fellbündel kuschelte sich an das Bein ihrer menschlichen Freundin. Vorsichtig strich Lou ihr über den Rücken. „Wir versuchen es weiter. Morgen oder übermorgen. In ein paar Tagen oder Wochen. Aber jetzt solltest du dich erst mal wieder ausruhen. Du bist noch schwach von gestern, vielleicht liegt es daran.", sie gab sich wirklich große Mühe um Q aufzubauen. Doch wieder bekam sie nur ein niedergeschlagenes: „Vielleicht.", zu hören.
Lou begann in ihrem Comic zu blättern. Es war eine Mysterie- Geschichte, über einen jungen Mann, der mit einem Fuchsgeist an einem Schrein lebte und Seelen sammelte. Er hatte schwarze Haare, trug oft eine weiße Fuchs- Maske mit Punkten drauf, und traditionelle japanische Kleidung. Sein Name war Kuroe. Das Cover des Comics: dunkel gehalten, weiße Schrift auf der rechten Seite, und links ein Mädchen in Schuluniform und mit langen blonden Haaren. Sie zog eine Blutlinie mit ihrer Hand, von der Mitte des Covers bis zu ihr hinüber. Es war alles schlicht gehalten und doch bereitete es einem eine Gänsehaut wenn man es eine Weile ansah. So als würde das Bild einem zurück sehen.
Auch wenn Lou diesen Comic liebte, erinnerte sie sich noch kaum an die Geschichte. Es ging wohl um einen Dämonen, der Kuroe dazu zwang, ihm die Seelen zu bringen. Sie hatte den Einzelband lange nicht mehr gelesen und grade das machte es wohl so spannend, ihn wieder in den Händen zu halten, und erneut durch die Geschichte streifen zu können.
Nicht einmal eine halbe Stunde hatte es gedauert, da waren beide eingeschlafen. Das Buch lag auf Lou's Brust, stieg auf und sank nieder, immer wieder. Zwei Stunden lang schliefen sie, ehe die Türklingel sie wieder einmal weckte. Zwanzig Uhr.
Dabei war Lou doch gerade dabei den Schlaf der letzen Nacht nachzuholen. Aber nun musste sie wieder an die Tür treten. Um, wie sie dort feststellte, ihre kleine Schwester rein zu lassen, die ihren Schlüssel Zuhause vergaß. „Hast du geschlafen? So früh?", grinste sie. Lou kratze sich am Hinterkopf, während sie ihr erklärte, das es eine kurze Nacht war und sie heute arbeiten musste. Ganz automatisch folgte sie Naho, beim erzählen, mit in die Küche. Die Augen auf den Fußboden gerichtet, rannte sie in den Rücken ihrer Schwester hinein, der mitten im Türrahmen verweilte. „Was zum...", wollte Lou grade schreien, ehe sie den Kopf hob. Plötzlich waren ihre Augen weit aufgerissen und sie selbst hellwach. „Wer...", begann Naho, jedoch sah sie Lou's erschrockenes Gesicht und merkte sofort, das auch ihre große Schwester keine Antwort hatte. Ein junger Mann, in einem schlichten, schwarzen, japanischen Kimono und einer Fuchsmaske, die dank einem Band im Nacken hing, saß an ihrem Küchentisch und aß die restliche Pizza vom vor Abend. „Kuroe.", flüsterte Lou erschrocken. Der Mann sah sie an, lehnte den Kopf zur Seite und fragte: „Ja? Und ihr seid? Wo bin ich überhaupt?".
Naho starrte ihre Schwester an, offensichtlich kannte sie den Mann dort drüben doch, aber wieso kannte er sie nicht? Lou grübelte, biss sich auf die Lippe, versuchte die richtigen Worte zu finden. Noch bevor sie sie fand, trat Naho ihr vors Schienbein, und deutete mit den Augen zu Kuroe hinüber. „Lou und Naho.", begann Lou, mit zittriger Stimme, zu erklären. „Wie das Getreide?", lächelte er sie an. Ihre jüngere Schwester wurde rot.
Tatsächlich hatte ihr Name so etwas in der Richtung bedeutet. Allerdings wussten ihre Eltern das zu dem Zeitpunkt ihrer Geburt noch nicht. Sie wurde nach der zweiten Frau, ihres Urgroßvaters, Väterlicherseits, benannt. Sie kam aus Japan und hatte immer viel für die Familie getan, nachdem ihre richtige Urgroßmutter kurz nach der Geburt ihres Vaters stab. Leider stab auch sie, kurz nach Lou's Geburt, während eines Autounfalls. Aber an Gedenken an sie, wollte ihr Vater unbedingt seine letze Tochter nach ihr benennen. Nach der Frau, die ihn großzog obwohl er nicht ihr leiblicher Sohn war, und die ihm trotz ihrer Sprachprobleme immer zur Seite stand.
„Richtig. Und du bist hier in einem Traum. Einem sehr bizarren, europäischem Traum. Also solltest du dich einfach wieder hinlegen und schlafen.", erklärte Lou. „Und bis Dienstag verschwunden sein.", fügte sie noch flüsternd hinzu. Eine bessere Ausrede, wie diese, fiel ihr auf die Schnelle nicht ein. Sie konnte ihm schlecht sagen das seine Figur fiktiv war. Dass er nun in der echten Welt war, durch die Macht eines Tiergeistes. Noch immer spürte sie den Blick ihrer Schwester auf ihren Schulter. Ein verwirrter, fragender, durchbohrender Blick.
Naho packte sie am Arm, zog sie zurück zur Haustür. Weg, von der Küche. „Lou!", flüsterte sie ihre Schwester beinahe wütend an. Kuroe brauchte sie nicht zu hören. „Was geht hier vor?! Du bist schon seit Wochen so seltsam. Du ziehst dich zurück und jetzt sitzt so ein komischer Kerl hier, und... und... ach! Eigentlich es kein und mehr, aber sag mir jetzt was hier vor sich geht.", grimmig und besorgt zugleich blickte ihre Schwester sie an. Lou öffnete zwar den Mund, bekam aber keine Antwort aus ihm. Sie schwieg, zuckte mit den Schultern und sah Naho ebenfalls besorgt an. „Ich... kann nicht.", brachte sie schließlich mit einem Seufzer hervor. „Du vertraust mir nicht?", dieser Satz traf Lou wie ein Dolch ins Herz. Zusammen mit den großen Augen ihrer Schwester dazu und der Besorgnis in ihrer Stimme. Natürlich vertraute sie ihrer Schwester. Hatte einer der beiden ein Problem, ging es damit meistens zuerst zu der Schwester, zumindest seit Wolle nicht mehr da war und Kaja immer arbeiten musste. Doch in dieser Sache konnte sie ihr einfach nicht die Wahrheit sagen und alleine dies, tat ihr mehr weh als jeder Streit denn sie jemals geführt hatten. Naho blickt ihre Schwester noch einen kurzen Moment an, ehe sie den Kopf sank und zurück zur Küche spazierte. Eine der Schwestern hatte immer einen Blick zur Küchentür gehabt, niemand ging durch sie hindurch und dennoch war die Küche leer. Lediglich ein Teller, mit den Randstücken der Annanaspizza, zeugten von einem Besuch.
Ein kurzer Moment, der nur wenige Sekunden anhielt, sich aber wie Stunden anfühlte, verging. Lou dachte nach und musste sich schnell entscheiden. Ohne zu wissen ob sie die Antwort nun kannte, schnappte sie nach Nahos Handgelenk und zog sie mit in den ersten Stock. Vor ihrer Zimmertür blieb sie stehen, legte ihre Hände auf Nahos Schultern und sprach: „Ich vertraue dir jetzt. Aber bitte missbrauch es nicht.". Sie klang flehend, ein wenig weinerlich. Denn sie hatte Angst.
Naho sah sie an und nickte bloß, entschlossen und selbstsicher, ernst.
Die Tür ging auf. Lou versuchte nach erklärenden Worten für Q zu suchen, merkte aber schnell, dass dies ihr kleinstes Problem war. Denn Q schlief nicht alleine auf dem Bett. Ein rotes Fellbündel, schmal und flauschig, dunkelbraune bis schwarze Pfoten, Rute und Ohrenspitzen, ein weißer Bauch und Schwanzspitze rundeten das Bild des Fuchses ab. Er war schätzungsweise so hoch wie ein Sofakissen und hatte wie Q kleine schwarze Hörner, halb so groß wie seine Ohren. Doch das aller merkwürdigste war: er hatte Flügel. Große rotbraune Federn, farblich abgestimmt mit dem Fell, ragten aus den Schultern des Tieres.
„Was ist das?", erschrak Naho. Der Fuchs erschrak ebenfalls, hob den Kopf und blickte die Schwestern an. Für einen kurzen Moment schien er aufspringen und fliehen zu wollen, doch als sein Blick wieder zu Q fiel, sank er den Kopf wieder. „Tiergeister.", antwortete Lou und setze sich neben den Fuchs. Er hatte Blut im Fell, eine Wunde im Nacken, einige Federn des rechten Flügel fehlten, andere waren kaputt gebrochen, und eine klaffende Wunde zierte seinen rechten Schenkel.
„Ich bin Lou. Und das ist Q.", sie deutete auf das Meerie und versuchte ruhig zu sprechen: „Und wer bist du?".
„Kitsune. Ich bin ein Hōnkitsune.", antwortete er.
„Ein sprechender Fuchs!", erschrak Naho erneut, die Augen weit aufgerissen. „Ja. Und Q kann auch sprechen. Sie war mein Geheimnis, aber jetzt müssen wir Kitsune erst einmal verarzten.".
Naho nickte und lief Richtung Treppe um Verbandzeugs zu holen.
Geisterwesen hatten verschiedene Fähigkeiten. Einige von ihnen waren einzigartig, andere wieder herum gab es öfters. Kitsune war ein so genannter Schriftenwandler. Er konnte durch Bücher wandeln und Wesen mit durch die Schriften ziehen. Sein letzer Meister verband ihn in die Welt der schwarzen Tinte. Er konnte nur von Buch zu Buch reisen und wurde dadurch immer schwächer. Wie genau er in die Geschichte von Professor Waqt landete wusste er nicht mehr. Doch was er wusste war, das seine Kräfte durch seine Verletzungen verrücktspielten, dass er sie kaum kontrollieren konnte, geschweige denn ihre Handlung beeinflussen. Der Stegosaurier sollte nie in die Realität gelangen, aber durch das starke Gewitter, die dadurch entstandene Energie, war Kitsune zu keiner Kraft Unterdrückung mehr fähig. Und wie genau er es Letztendlich aus seinem Gefängnis schaffte, war ebenfalls unklar. Er war nur froh, endlich den brennenden, desinfizierenden Schmerz zu spüren, die Verbände in seinem Fell und die wärmende Decke unter ihm. Er entschuldige sich noch für alles, was passieren könnte bis er wieder fit sei, ehe er wieder in das Reich der Träume wanderte, und es schienen grauenvolle Welten zu sein, in die er dort eintrat.
Eine Weile verging. Kitsune schlief noch immer in Lou's Bett, doch die Mädchen und ihr sprechendes Meerschweinchen saßen im Familienwohnzimmer, im Erdgeschoss. Der Fernseher lief leise im Hintergrund, draußen versammelten sich wieder die schwarzen Wolken. Die ersten Tropfen machten ein Wettrennen zur Erde, prallten gegen die Scheiben, und das Jaulen des Donners unterbrach die Stille. Naho schien noch nicht ganz zu verstehen wen oder was sie vor einer Stunde kennengelernt hatte. Lou wusste nicht über was sie nun mit ihrer Schwester sprechen sollte. Und Q aß einige Blätter eines Eisbergsalates. Der Donner wurde lauter und die Blitze immer heller. Die jüngere der beiden schaltete den Fernseher aus, stand auf und lehnte sich gegen die große Glastür, die hinaus auf die Terrasse führte. Ohne ein Wort, beobachtete sie den Garten, wie er immer dunkler wurde. Mehr und mehr in einem schwarzen Meer versank und die Rosen im Wasser ertränkte.
„Es gewittert momentan ziemlich oft.", sagte sie plötzlich, ohne den Blick vom Garten zu nehmen. „Ja.", antwortete Lou, emotionslos und zugleich voller schreck, als im selben Moment erneut ein Grummeln aus dem Himmel fiel. Wieder wurde geschwiegen, ehe Naho sich flink zu ihrer Schwester umdrehte und mit dem Finger aus sie zeigte. „Wenn Kitsune es schafft einen echten Dinosaurier hier her zu... teleportieren? Ihn zu erschaffen? Und dieser deine Bücher anfrisst... Sollten wir ihn dann nicht lieber von deinen Räumen fernhalten? Wer weiß was er sonst noch hervorholt. Vielleicht einen Serienmörder aus einem deiner geliebten Psychothriller. Oder einen Drachen der unser Haus abbrennt.", Tränen kullerten aus ihren Augen. Lou sank den Kopf, auf diese Idee war sie gar nicht gekommen, aber ihre Schwester hatte recht. Nicht nur schöne Sachen verbargen sich in den Büchern, in ihren Zufluchtsorten, ihren Traumwelten. Jeder Fleck an Licht existiert nur dank einem Fleck Dunkelheit. Sie hatte schon Glück das es ein Pflanzenfresser war und dazu noch ein Jungtier. Wäre ein Raptor durch gekommen, oder der Allosaurier... Nein, das wollte Lou sich nicht einmal vorstellen.
Sie stand auf, wollte hinüber zu ihrer Schwester gehen um sie zu trösten, als sie wie angewurzelt stehen blieb, den Blick in den Garten gerichtet. Sie brauchte sich keine Horrorszenarien ausmalen, wenn sie Realität zu sein schienen. Sieben Männer standen dort. Mitten im Garten.
Mit sieben Lanzen, Sieben Flaggen mit sieben unterschiedlichen Symbolen drauf.
Siebenmal die selbe schwarze Rüstung, mit Sieben Schwertern in der Halterung.
Und Siebenmal das herunter geklappte Visier in die Richtung der Tür.
Flink, drehte auch Naho sich wieder um, schaute den Rittern entgegen. „Aus welchem Buch sind die?", fragte sie leise und betete, das es ein Kinderbuch sei. Ein freundlichen Buch, in dem sie die Guten waren. Aber schwarze Ritter waren nie die guten in Kinderbüchern. Sie waren immer weiß, oder schlicht grau. Eventuell ohne Rüstung, weil sie sich ihren Rang noch verdienen mussten. Ihren Wunsch erfüllen mussten, mehr als ein Knappe zu sein. In einer Geschichte, in der jeder alles werden kann, wenn er nur einen Traum und den Mut dazu hat. Aber dann brauchte er nicht dazu stehen und sie an zu starren. Er würde sich freundlich vorstellen und nach einer Jungfrau fragen die er Retten könne, oder einem Drachen den er erledigen wollte; bis er bemerkte das der Drache auch gut war und sie Freunde werden konnten. Aber das dort draußen waren andere Ritter. Ihr Herz gefüllt mit schwärze.
„Ich weiß es nicht.", flüsterte Lou zurück. Sie hatte viele ungelesene Bücher in ihren Regalen, viele Themen die Wild durch einander geworfen waren. Nur ein Genie ,oder ein vollkommen Verrückter, konnte dort den Überblick behalten.
Vermutlich stammten sie aus dem Buch ganz oben in ihrem Regal. Eine Mittelalter- Geschichte, grauer Einband mit einem schwarzen Kreuz drauf. Nur an den Title und den Klappentext konnte sie sich nicht mehr erinnern. Was wohl auch daran liegen konnte das sie selben Klappentexte lass. Die Ritter machten einen Schritt nach vorn, ließen die Mädchen vor Angst zittern. „Was tun wir?", fragte Naho, wieder still und leise, so als konnten die Ritter sie hören. Doch nun erfüllte Angst ihre Stimme. „Verstecken!".
„Wo?".
„Irgendwo.", Lou schnappte sich Q, rannte mit ihr auf den Flur, die Treppe hinunter in den Keller, Naho dicht hinter her. Auf der vorletzen Stufe stolperte die jüngere Schwester, schlug sie die Knie auf den Fliesen auf, und Biss sich die Unterlippe blutig. Sie wollte schreien, weinen, weg von diesem Ort, in die Arme ihrer Eltern. Aber stattdessen musste sie sich aufrappeln und den Schmerz hinunterschlucken.
Gemeinsam rannten sie in die Vorratskammer, Lou versteckte sich in einem Schrank, Naho in einer Polsterkiste. Lediglich das Pochen ihrer Herzen konnten sie wahrnehmen. Alle drei zitterten und versuchten zu lauschen. Ein lautes Scheppern und Poltern ließ ihre Herzen kurz stillstehen, es war das Geräusch von springendem Glas. Viel Glas. Durch einen kleinen Spalt zwischen den Türklappen, und dem Deckel der Box, konnten sie sich ansehen. Gegenseitig die Panik in den Augen sehen, und das zucken am ganzen Leib, als Metallstiefel auf dem Bodenfliesen schabten. Zwischendurch kam immer wieder ein mehrfaches stumpfes klirren. Lou vermutete, dass sie ihre Lanzen auf den Boden stampfen ließen. Abwechselnd schabte es, knallte es und klirrte es. Und es wurde immer lauter. „Woher wissen sie wo wir sind?", flüsterte Q plötzlich, ehe die Tür laut aufsprang. Draußen hatte sie das Gewitter bereits eingeholt. Ein heftiger Wind kam zu, es pfiff, donnerte, knallte.
Zwei der Ritter traten in den Raum, schlugen die Vorräte aus den Regalen. Gläser mit Gurken und Rotkohl schlugen auf dem Boden auf und versprangen in Milliarden von Scherben. Flaschen voller zuckerhaltiger Limonade sprangen auf, als die den Boden erreichten, und hinterließen klebrige Pfützen. Der alte Gefrierschrank klapperte und knallte, als Sachen in ihm zersprangen, während er mit offener Tür zu Boden gezwungen wurde. Mentos alter Kratzbaum wurde mit einer der Lanzen durchbohrt. Backformen sprangen auf, verbeulten, brachen und rissen ein. Verwüstung schien ihr Motto zu sein.
Der größere der Beiden wollte mit seinem Schwert die Kiste zerschlagen. Er hielt es mit beiden Händen hoch über seinem Kopf, zum Schlag bereit, wurde aber zum Glück von seinem Kollegen mit einem ziehen an der Schulter gestoppt. Ohne ein Wort oder ein anderes Geräusch zeigte er auf die Kiste, ging an seinem Partner vorbei, und öffnete sie. Naho schrie auf, weinte vor Panik und versuchte aus zu springen. Einer der Ritter packte sie, warf sie über seine Schulter und verließ den Raum. Der Andere sah sich noch kurz um, ging dann aber auch. Naho schrie und schrie und ihr Schrei schallte im ganzen Keller. Nun endlich sprang auch Lou aus ihrem Versteck, sie sprinte ebenfalls aus dem Raum.
Aber als ihr erster Fuß den Boden des Kellerflures erreichte, verstummte alles. Der Ritter der eben noch in ihrem Blickfehlt stand war verschwunden. Mit ihm die Geräusche der Zerstörung und das Schreien ihrer Schwester. Nur noch das Gewitter zog seine Runden, doch das hörte Lou auch nicht. Sie hörte auch nicht wie Q versuchte ihr zu sagen, dass sie alles geben würden ihre Schwester zu retten. Lou spürte lediglich den Schmerz in ihrer Brust, die kalten Tränen, die ihre Wange, wie ein Wasserfall, hinunterliefen, und roch die metallischen Blutflecken, kurz vor der Kellertreppe.
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Die Abenteuer von Lou & Q ( Band 1: Zwischen den Zeilen)
Teen FictionEin Ei, mit einem mysteriösen Geisterwesen, lässt den langweiligen Alltag von Lou Kopfstehen. Ohne je Erfolg gehabt zu haben, fragt sich die Achtzehnjährige, wo ihr Platz in der Welt ist. Schon immer wusste sie, das sie anders war als die Menschen u...