3.

56 3 0
                                    

„Danke für's Bier."

Thiel deutete auf seine Flasche und stieß mit Boerne an, der inzwischen wieder zu Wein übergegangen war.

„Haben Sie schon diese Mango-Avocado-Spieße probiert?", fragte Boerne völlig aus dem Kontext gerissen.

„Äh, nein. Ich hab's nicht so mit Hasenfutter."

Thiel war sich vollkommen sicher, dass Boerne diese Steilvorlage direkt dazu benutzen würde, um ihn, wie früher, auf sein Übergewicht anzusprechen.

„Dann wird es aber höchste Zeit!"

Ehe sich der Kommissar versah, hielt Boerne ihm den Spieß vor den Mund und lächelte erwartungsvoll. Ohne darüber nachzudenken, öffnete er seinen Mund und angelte diese wilde Obst-Gemüse-und noch irgendwas anderes -Kombination von dem Stäbchen und musste überrascht feststellen, dass es besser schmeckte als klang.

„Na? Was sagen Sie?"
Boerne sah wirklich ungeduldig aus, weshalb Thiel vermutete, dass Boerne die gemacht haben könnte.

„Mja, gar nicht schlecht. Lecker."

Das Wort lecker hatte Thiel bewusst gewählt, denn er wusste ja, wie sehr er Boerne damit auf die Palme bringen konnte.

„Na sag ich ja."

Irgendwas stimmte heute nicht mit ihm. Einerseits wirkte der Professor so, als hätte er sich nicht im Geringsten verändert, doch im nächsten Moment war er doch irgendwie anders. Weicher oder so. Thiel konnte es nicht beschreiben.

Kaum dass Thiel den undefinierbaren Belag des Spießes geschluckt hatte, hatte Boerne bereits den Nächsten parat.

„Und was ist das?", fragte Thiel und zog eine Augenbraue nach oben. Warum Boerne hier Anstalten machte ihn zu füttern, blendete er dabei gekonnt aus. Wahrscheinlich wollte er es auch einfach nur ausblenden.

„Dieser liebreizende kleine Spieß ist von meiner liebreizenden kleinen Assistentin. Das dürfte eher nach Ihrem Geschmack sein. Eigentlich recht einfallslos, aber die großen Ideen haben halt andere", erklärte Boerne und wackelte dabei selbstgefällig grinsend mit dem Kopf.

„Ich zum Beispiel, aber ich muss zugeben, dass Alberich damit sogar meinen Gaumen schmeicheln konnte."

Zack und schon nutzte Boerne die Gelegenheit, als Thiel etwas sagen wollte, um ihm den nächsten Spieß in den Mund zu schieben.

„Mmmm, ist das 'ne Currywurst?", schmatze der Hauptkommissar begeistert, woraufhin Boerne eifrig nickte.

„Eine sehr kleine Currywurst, ja."

Thiel konnte nicht anders als laut zu lachen, nachdem er geschluckt hatte und fühlte sich dabei unheimlich wohl. Wohl wie schon lange nicht mehr. Nicht das er sich in Hamburg und bei Thorsten unwohl fühlen würde, aber mit Boerne Zeit zu verbringen war einfach eine ganz andere Liga.

So hatte Thiel auch gar nichts mehr dagegen, dass Boerne abwechselnd nun ihn mit dem ein oder anderen Spieß fütterte und sich selbst ab und zu auch eins genehmigte.

Fast wie früher, nur anders. Schlechter war das wirklich nicht, aber halt anders.

„Haben Sie das vorhin eigentlich ernst gemeint?", fragte Boerne eine Weile später und legte seine Hand zwischen Thiels Schulterblätter.

„Was? Das ich Sie vermisst hab? Logisch."

Warum hätte er auch lügen sollen? Da war ja wohl auch gar nichts dabei. Heute zumindest nicht. Früher hätte Thiel das niemals zugegeben. Die Beziehung mit Thorsten hatte ihn verändert. Im positiven Sinne. Zumindest empfand er es so.

Wie früher nur andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt