Träge und unbeholfen stolpere ich über das Kopfsteinpflaster an Häusern vorbei, welche ich schon seid Jahren kenne ohne zu wissen, wer darin wohnt. Sie stehen alle recht nah bei einander. Viele sind schon an die 100 Jahre alt. Mit ihren Geschwungenen Fenstern und Stuckverzierungen wirken sie edel. Die meisten sind in einem guten Zustand. Touristen würden diesen Stadtteil, als schöne Altstadt bezeichnen. Für mich ist sie seid Jahren mein Zuhause.
Ich wohne ein wenig außerhalb der Stadtmitte. Hier ist es ruhig, da kaum Autos fahren und die meisten Häuser wider ihres Aussehens Bürogebäude sind. Eigentlich eine eher teure Wohngegend.
Keine Ahnung, was die sich dabei gedacht haben ausgerechnet hier ein Wohnheim zu errichten. Aber ich schätze mich glücklich. Hohe Decken, lichtdurchflutete Räume und alte Parkettböden haben ihren Charm.Gähnend strecke ich die Arme in die Luft und dehne meine müden Muskeln. Meine Augen fallen ständig zu. Kein Problem. Ich kenne diese Wege auswendig. Meine Orientierung ist auch recht gut, dank Halvor.
Vor lauter Aufregung habe ich kaum ein Auge zu bekommen. Dementsprechend war es schwer überhaupt aufzustehen. Wenn das Bett soviel wärmer ist, als die Raumtemperatur. Die Augenringe konnte ich leider auch nicht wirklich überschminken. Wenigestens macht der Rouge meine Haut etwas lebendiger. Na ja falls ich nach diesem Tag genommen werde, liegt es zumindest nicht an meinem Aussehen.
Ich hab daher wenigstens versucht bei meiner Kleiderwahl auf Ordentlichkeit zu achten. So langsam befürchte ich aber immer mehr, dass ich zu schick aussehe. Ob ein luftiges Kleidchen mit blickdichter Strumpfhose wirklich die richtige wahl war? Es sieht süß und ordentlich aus. Doch für Arbeit geeignet?
Etwas verunsichert, reibe ich mir die Stirn.
Ich streiche meine Haare aus dem Gesicht und atme die frische Morgenluft ein. Für Mitte April ist es doch noch recht kühl.
Es formen sich teils noch kleine Wölkchen beim ausatmen."Halvor denkst du mein Outfit ist zu viel?"
Frage ich, während ich meine Hände reibe, sodass wieder genug Blut durch sie fließt.
"Was meinst du mit zu viel?"
"Na ja overdressed halt.."
"Hm.", antwortet er zögerlich "Vielleicht? Aber du läufst ja immer recht elegant rum."
"Das mein ich nicht.. Ich will halt nicht, dass sie mich für irgendeine daher gelaufene Tusse halten, die sich zu fein ist ihre Finger schmutzig zu machen.."
Halvor bricht ins Lachen aus.
Ich bleibe abrupt stehen und schaue ihn verwirrt an."Was?"
"Na ja."
"Jetzt sag schon? Los!"
"Mach dir einfach nicht so viel Gedanken. Red mit den anderen so wie du es mit mir tust und alles wird schon laufen."
"Häää?"
"Das heißt wie bitte."
"Das heißt Idiot."
"Obwohl vielleicht solltest du dein freches Mundwerk lieber halten."
"Idiot..", erwider ich Augen verdrehend. "Sag ich ja."
Reflexartig will ich nach ihm schlagen, abef er weicht aus und rennt weg. So schnell es geht folge ich ihm. Seine Beine wirken in solchen Momenten doppelt so lang wie meine. Schritt für Schritt entfernt er sich weiter. Gerade wenn ich denke, ich hätte ihn verloren, bleibt er stehen. Dann schaut zurück und wartet bis ich außer Atem bei ihm ankomme. Erschöpft stütze ich mich auf meinen Beinen ab, bemüht darum vernünftig Luft zu bekommen.
Hal macht keinen Mucks. Trotzdem ertappe ich ihn dabei wie er sich über die Stirn streicht. Vermutlich um den Schweiß davon zu wischen.
Und der soll Anfang 40 sein?
Da passt 30 wirklich besser."Du solltest mal anfangen Sport zu machen."
"Ja ja.. Du hast leicht reden. Du bist manchmal echt -"
Ich will weiter reden, doch er unterbricht mich mit einem scharfen 'Pscht'.
"Was de -"
"Pscht"
Ich hasse es wenn Leute mich so unterbrechen. Es wirkt immer als wäre ich ein Kind. Ich fühle mich dann zu hilflos und unerwünscht. Es ist ein Laut gegen den ich nicht an komme egal wie sehr ich mich anstrenge. Ich balle meine Hände zu Fäusten. Ziehe die Luft scharf ein.
"Weißt du wenn was ist, dann kannst du es auch SAGEN!"
Mit einem mal entlasse ich all diese Worten. Laut und bestimmt.
"Was soll ich sagen?"
Verwirrt suche ich die Stimme, die mir geantwortet hat. Merkwürdig ähnlich zu Hals. Trotzdem anders.
"Wusste ich es doch.. Ein Mann und dann auch noch der.."
Halvor geht murmelnd einen Schritt zur Seite und endlich erkenne ich das Ausmaß der Situation. Na toll. Erneut so richtig ins Fettnäpfchen getreten.
Ich schlag mir die Hand gegen die Stirn."Tut mir leid.. Ich..",stammel ich irgendwie vor mir her "Ich meine ich war am Telefonieren und eh.. Es tut mir so leid. Ich wollte dich nicht anschreien oder so. Das war wirklich nicht auf dich bezogen."
Vor mir steht der Mann von neulich.
Er fängt an zu lachen und kommt auf mich zu. Meine Wangen glühen. Peinlich berührt wandern meine Augen auf den Boden."Ich hab schon auf dich gewartet."
"Wie bitte?"
"Ich bin Alric. Der Besitzer von Flowarts. Du bist hier zum Probearbeiten oder? Schön dich wieder zu sehen."
Alric wischt sich die Hände an der grünen Schürze ab und streckt mir die Rechte entgegen. Zögernd nehme ich sie an.
Er wartet auf eine Antwort, doch meine Kehle bringt keinen Laut hervor.
Erneut lacht er laut los."Ich wollte dich nicht überfordern. Muss ziemlich überraschend für dich sein, mich hier wieder zu sehen. Komm wir gehen erst mal rein."
Wie selbstverständlich zieht er mich an der Hand in den Laden. Wie ein kleines Kind, das man zurück ins Haus holt. Überfordert bleibe ich mitten im Raum regungslos stehen. Alric entlässt meine Hand und geht in einen kleinen Raum hinter dem Tresen.
Laut kramt er in den Schubladen.
In der Zwischenzeit sehe ich mich um.Alles ist so hell, in den unterschiedlichsten Erdtönen gehalten. Die Möbel sind fast ausschließlich aus Holz. Der Boden aus dunklen rostbraunen Fliesen mit rauer Oberfläche. Sicher damit man nicht so schnell ausrutscht, selbst wenn sie mal nass werden. Die grünen Pflanzen runden die warme herzlichd Atmosphäre ab. Schnell erkenne ich, dass es sich nicht um einen reinen Blumenladen handelt. Tische mit kleinen Hockern laden zum Hinsetzen ein. Eine kleine Tafel auf der Kaffee und Kuchen des Tages angeboten werden deuten an, dass es ein integriertes Café gibt.
Mit schnellen großen Schritten kommt Alric zurück und hält mir eine grüne Schürze entgegen. Die gleiche, die er trägt. Statt sie mir jedoch in die Hand zu geben, besteht er darauf sie mir zum anziehen festzuhalten.
"Danke."
Er antwortet mit einem freundlichen Lächeln. Jetzt wo ich ihn genauer betrachten kann fällt mir auf welche Tiefe seine dunkel grünen Augen haben, ein klarer Kontrast zu meinen fast grauen. Grübchen und kleine Lachfalten, die auch leicht stehen bleiben als er nicht mehr lacht, zeigen das er doch älter ist als vermutet. Wie alt kann ich nicht einschätzen. Seine Ausstrahlung verlockt einen dazu ihm zu vertrauen.
"Vielleicht sollte ich nochmal von vorn anfangen.", beginne ich recht leise. Nervös mit einem Mann zu reden. "Also ich bin Tifereth. Bitte nenn mich einfach Tifa. Und ich bin hier zum Probearbeiten. Ich freue mich schon sehr. Danke für die Chance."
Wie ein Trottel bilden sich beinahe kleine Tränen in meinen Augen. Tränen der Dankbarkeit. Weil ich mal eine Chance bekomme. Eine Möglichkeit.
"Dann zeig ich dir mal alles bevor dir ersten Kunden kommen."
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Die Schatten dieser Welt (pausiert)
FantasyIn einer Welt in der rote Fäden das Sichtbare mit dem Unsichtbaren verbinden, ist es schwer das wirklich Wichtige zu sehen. Tifa ist die einzige, die Halvor sehen kann. Er ist ihre Halluzinationen. Ihr imaginärer Freund. Ihr Verbündeter. Oder?