Kapitel 7

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Als ich am nächsten Morgen erwachte, schrien meine Muskeln vor Schmerz.

Albträume klebten wie Kletten an mir und ich fühlte mich nach wie vor, als wäre ich ein Junkie auf Entzug.

Ich stöhnte und rollte mich aus dem Bett.

Mein Wecker hatte noch nicht geklingelt. Ich zog mich langsam an, putze mir die Zähne und kämmte mir unsanft durch das Haar.

Ich wollte heute am liebsten mit niemandem reden.

Wollte den Unterricht so schweigsam und unscheinbar wie möglich überstehen. Als ich am Morgen runter tappte saß Marissa am Esstisch und trank einen Kaffee.

„Guten Morgen", grüßte sie lächelnd. Ich grüßte zurück und nahm mir ebenfalls eine Tasse.

„Konntest du auch nicht mehr schlafen?", fragte ich als ich mich zu ihr an den Tisch setzte.

Sie räusperte sich „Nicht nur ich. Lucian auch, er wird warten bis wir weg sind." Ich nickte...Es war wohl für uns alle ein einprägsames Erlebnis gewesen.

Ich seufzte.

„Wieso setzt er sich nicht einfach zu uns?" Marissa stellte ihre Tasse ab und kreiste mit dem Finger über den Rand.

„Luna...Er hat sein ganzes Leben lang nie Jemanden berühren dürfen.", sie sprach leise, als fürchtete sie er könne sie hören.

„Er hat gelernt damit klar zu kommen indem er...Distanz wahrt." Wir nahmen beide einen Schluck, dann sprach sie weiter. „Menschen, die einem viel bedeuten, will man berühren. Er will nicht zulassen, dass es je soweit kommt. Selbst von uns hält er sich soweit es geht fern. Selbst nach all den Jahren. Höchstens Suzanne konnte wenigstens eine kleine Verbindung zu ihm aufbauen. Aber frag mich nicht wie."

Ich sah verlegen auf den Tisch. Ich wusste nicht was ich sagen sollte.

Es folgte betretenes Schweigen.

„Woher bekommt ihr eigentlich den Kaffee...das Essen und generell alles?", wechselte ich das Thema und machte eine Geste, die so ziemlich alles, was sich in diesem Raum befand einschloss. Marissa stellte ihre Tasse beiseite und lächelt. Vermutlich war ihr solch ein banales Thema viel lieber so früh am Morgen.

„Das hast du gut beobachtet." Ich lehnte mich zurück und rührte langsam meinen Kaffee. Ich hatte mal wieder viel zu viel Zucker hineingetan und ich spürte wie er, noch immer grob, an der Tasse schabte als ich ihn umrührte.

„Das hier ist, wie du sicherlich bemerkt hast, eine verdammt kleine Insel. Die Bewohner leben bereits seit vielen Generationen hier und ihnen entgeht nicht, wenn ständig hundert Fremde ihre Läden plündern." Sie nahm noch einen großen Schluck und stand dann auf, um ihre Tasse in die Spüle zu stellen.

„Wir können deswegen auch nicht einfach wie es uns beliebt ins Dorf rennen, dass würde auch auffallen. Deswegen gibt es sowas wie einen Zeitplan für jeden von uns. Wir dürfen jedes Jahr nur höchstens eine Woche am Stück im Dorf gesehen werden. Sie sollen uns für Touristen halten, echte verlaufen sich ohnehin sehr selten hierhin. Ein Jahr später haben sie uns dann vergessen und wir können wieder zum Dorf, wenn wir unbedingt wollen. Festland geht natürlich immer." Sie zuckte mit den Schultern.

„Ganz einfach." Ich zog die Brauen nachdenklich zusammen und kratzte leicht über den Rand der Tasse.

„Ja, aber wo bekommt ihr dann so viel Essen für alle her? Und ständig frische Sachen...?", fragte ich nochmal irritiert.

„Ach, das habe ich vergessen." Sie lachte auf und begann sich das rote Haar zu einem lockeren Knoten zusammenzudrehen während sie sich wieder setzte.

Fear Gorta - Das Lied der Schatten (Neu!)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt