Milena
Ich tue das, was ich schon immer am besten konnte: ich renne davon. Unterdessen schwitzen und zittern meine Hände, während ich befürchte, dass ich bald ausrutsche, wenn ich weiter in dieser Geschwindigkeit die Treppen herunterstürze, wie ich es, bis eben getan habe. Ich weiß nicht was in mich gefahren ist. Ich weiß nicht warum mein Fluchtinstinkt, den ich so lange unterdrückt habe, mich auf einmal eingeholt hat.
Ich weiß nicht, wieso es jedes Mal Harrison anwesend sein muss, wenn ich mich vergesse. Jedes Mal ist es Diamond mit ihrem unschuldigen Blick, unter dem sich so viel mehr zu verstecken schient als sie zugeben will. Ihre Augen, dieses tiefdunkle Braun, verbergen Geheimnisse, die tief in ihr verankert sind und die sie vor der Welt bewahren will, wie auch ich die meinen verstecken will, die schon so nahe an der Oberfläche klopfen und aus dem Wasser zu springen drohen, in dem ich sie in weiter Tiefe versteckt habe, nur damit ich sie vor der Außenwelt fernhalten kann.
„Milena!", höre ich sie vom anderen Ende des Gangs rufen.
Und für einen Moment verharre ich tatsächlich und drehe mich zu mir um, wobei ich sehr deutlich merke, dass uns der gesamte Flur anstarrt. Die Augenpaare, die dutzenden, unzähligen, brennen mir auf meiner bleichen Haut, als ich meinen Blick Diamond zuwende und schlicht den Kopf schüttle, bevor ich keife: „Lass mich einfach in Ruhe, Harrison!"
Sie zuckt zusammen, als ich ihr mein Gift entgegenspritze, doch trotzdem folgt sie mir weiter, wenn auch ihre Schritte langsamer geworden sind und sie schließlich in eine andere Richtung abhaut. In welche, weiß ich nicht.
Jede Minute, die ich in diesem elendig quietschbunten Gebäude verbringen muss, ist eindeutig eine zu viel und eine auf die ich verzichten kann, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
Das Verlangen nach einer Zigarette brennt tief in mir und ich sehne mich danach mir den Stressreduzierer zwischen die Lippen zu schieben und mit Flynn und Asher zu lästern wie Lästertanten es sonst beim Tee tun, nur damit ich wieder runterkomme und nichts tue, was ich später bereuen könnte. Vielleicht gebe ich Flynn auch mal wieder nach, nur um mich endlich beruhigen zu können.
„Milena! Jetzt bleib verdammt nochmal stehen!", höre ich jemanden rufen, auch wenn es dieses Mal nicht Diamond ist, obwohl ich ganz genau weiß, dass sie nicht einfach aufgeben wird.
So tickt Diamond Harrison nicht. So gut kenne ich sie auch noch, auch wenn es schon eine gefühlte Ewigkeit her ist, seitdem ich ein ganz normales Gespräch mit ihr geführt habe, in dem wir uns nicht durchweg gegenseitig etwas vorgeworfen haben oder uns Vorwürfe gemacht haben wie zwei Grundschüler.
„Was!?", poltert es mir lautstark über die Lippen, als ich mich zu meinem Zwillingsbruder umdrehe, mit dem ich leider nicht nur dieselben Gene teile, sondern auch noch denselben Stundenplan. Was sich das Universum dabei gedacht, weiß ich leider auch nicht so recht und eine Antwort kann ich nun wirklich nicht erwarten.
„Was ist dir denn schon wieder über die Leber gelaufen?", fragt er so ruhig, wie er es immer tut, obwohl ich seinem besorgten Gesicht ansehen kann, dass ihn etwas aufregt und ich kann mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass ich damit zu tun habe.
„Eher wer", keife ich und höre während des gesamten Gespräches nicht auf zu laufen, da ich wirklich so schnell wie möglich hier raus will. Aus diesen Mauern, die mich schon so viele Stunden am Tag für sich einnehmen, dass ich diese Zeit nicht auch noch unnötig weiter herauszögern will. Auch nicht auf die Gefahr hin, dass Diamond gleich um die Ecke biegen könnte und mich mit all diesen Fragen löchern.
Ich könnte ihr die Antworten auf all diese Fragen, die ihr wahrscheinlich auf der Zunge brennen, nicht geben, weil ich sie selbst nicht kenne. Ich weiß nicht was das ist, das sie mit mir macht, aber ich weiß, dass es nicht sein darf, ganz egal wie sehr ich mir das auch wünschen mag. Ich verliebe mich nicht erneut. Das habe ich mir vor zwei Jahren geschworen und daran halte ich mich auch.
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A Detention's Resolution (GER, Band 1)
Romantik"Ich habe mir versprochen mich nicht mehr zu verlieben, aufzuhalten, dass alles sich wie in einer unendlichen Schleife wiederholt. Es hat funktioniert, zwei Jahre lang, bis sie meine ganze Welt auf den Kopf gestellt und verändert hat und das, ohne ü...