Milena
Sie zu sehen und zu sehen, wie sie mich von sich stößt, schmerzt so viel mehr als all die Dinge, die mein Körper derzeit durchmacht. Es schmerzt mehr als das Ziehen in meinen Gliedern, die durchgängigen Kopfschmerzen, die sich immer wieder schnell zu einer massiven Migräne wandeln, oder auch das Zittern meiner Hände, das manchmal so stark wird, dass ich nicht mal einen Kugelschreiber in Händen halten kann.
Es schmerzt so sehr und dabei habe ich weitaus andere Probleme, über die ich nachdenken muss. Es gibt hunderte von Dingen, über die ich nachdenken sollte und keines davon beinhaltet meine verräterischen Gefühle für Diamond Giselle Harrison.
So viele Dinge scheinen keinen Sinn mehr zu ergeben und alles scheint unwichtig zu werden, wenn ihre Augen auf dem Gang die meinen treffen oder ich sie aus sicherer Entfernung über den Schulhof laufen sehe. Ich fühle mich idiotisch, kaputt und versuche diese Tatsachen aus meinen Gedanken zu verdrängen, aber auf einmal sind sie so deutlich vorhanden, ganz egal was ich auch tue, um sie unter die Oberfläche zu drängen, wo sie dann vergessen werden können. So hat es jahrelang funktioniert und doch scheint nun all das wiederzukommen, das ich verdrängt habe, all das ich so tief in meinem Inneren vergraben habe, dass ich es nie wieder sehen muss und dass sich die Dinge nicht wiederholen.
Ich habe mir versprochen mich nicht mehr zu verlieben, aufzuhalten, dass alles sich wie in einer unendlichen Schleife wiederholt. Es hat funktioniert, zwei Jahre lang, bis sie meine ganze Welt auf den Kopf gestellt und verändert hat und das, ohne überhaupt mit der Wimper zu zucken. Und hier sind wir jetzt wohl: mitten im Chaos, das sich mein Leben schimpft. Ich verliere mich in einem Strudel, der mich unter Wasser gedrückt hält, bis ich nicht atmen kann und dem Schmerz endlich nachgebe, den ich schon so lange Zeit mit mir herumtrage. Ein Strudel, dem ich nicht entkommen kann, so gerne ich mich auch daraus hervorkämpfen würde, wie gerne ich auch endlich wieder die Schönheit der Welt vor mir sehen wollen würde und die Liebe akzeptieren wollen würde, die man mir schenkt.
Doch so einfach ist das nicht. Wie schrieb Stephen Chosky einst? Wir akzeptieren die Liebe, die wir zu verdienen glauben. Und welche glaube ich denn zu verdienen? Keine, nicht, wenn die unendliche Schleife sich noch weiter um mein Herz schnallt und mich an einem Punkt in meinem Leben festhält, den ich so gerne vergessen würde, wenn ich auch weiß, dass ich mich ihm stellen muss. Doch wie stellst du dich den Dingen, die du am allermeisten auf der ganzen Welt fürchtest, ohne dadurch zu zerbrechen? Und was tust du, wenn sie dich nicht mehr sieht, wenn sie dich meidet wie die Pest? Wie sollst du dich denn dann fühlen?
Ich drehe die schwarze Spraydose mit meinen Initialen in Händen und denke gedankenverloren daran zurück, wie Diamond sie, ohne ein Wort dabei zu sprechen, vor mich auf den Tisch gestellt hat; damals bei unserer ersten Stunde Nachsitzen, als wir uns noch kaum kannten und meine Welt noch ein wenig weniger verkorkst war als sie es jetzt, mit dem zusätzlichen Chaos, ist, das in den letzten Wochen dazu gekommen ist. Dem Gefühlschaos, der Tatsache, dass ich Leo eine runtergehauen habe, während Diamond versucht hat mich zurückzuhalten und so vielen anderen Dingen, an die ich nicht einmal zu denken wage, weil sie mich in meinem Wasserstrudel nur tiefer herunterziehen, obwohl ich mich zurück an die Oberfläche kämpfen will.
Der kleine Fluss, der unter der Brücke, die schon lange Jahre mein Rückzugsort ist, entlangläuft, plätschert mit dem Wind. Es ist ironisch, dass genau das hier mein Rückzugsort ist.
Das Wasser klatscht gegen die Steine in seinem Flussbett und der Wind jagt mir durch die Haare, während ich mich gegen die Brückenwand lehne, an der ein Mädchen zu sehen ist, das keine Worte herausbringt. Ich hatte keine Ahnung wie wahr das Graffiti nur ein paar Wochen nach seiner Fertigstellung sein würde. Es drückt all das aus, das ich nicht kann und macht mich verrückt und bringt mich wahrscheinlich nur dazu noch mehr durchzuknallen. Oder habe ich mir all diese Dinge unterbewusst schon gedacht, als wir es angefertigt haben? Ich habe keine einzige Antwort auf diese Frage, so sehr ich mich auch darum bemühe eine zu finden.
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A Detention's Resolution (GER, Band 1)
Romance"Ich habe mir versprochen mich nicht mehr zu verlieben, aufzuhalten, dass alles sich wie in einer unendlichen Schleife wiederholt. Es hat funktioniert, zwei Jahre lang, bis sie meine ganze Welt auf den Kopf gestellt und verändert hat und das, ohne ü...