Kapitel 26 ✔️

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Milena

Hätte man mir gesagt, dass ich eines Tages all meine Vorurteile beiseiteschieben würde, um mit einem wunderschönen Mädchen zum Abschlussball zu gehen, hätte ich denjenigen für verrückt erklärt. Ich hätte gelacht und den Kopf geschüttelt, bevor ich damit weitergemacht hätte, wo ich eben aufgehört hatte. Selbst zu der Zeit, als ich noch mit Chelsey zusammen gewesen bin, hätte ich wahrscheinlich so reagiert.

Doch hier stehe ich nun. Ich stehe inmitten eines Abschlussballes, Diamonds Vater und meine Eltern nur Meter entfernt gemeinsam an einem Tisch plaudernd und lachend, wie sie es seit unserer Kindheit nicht mehr getan haben. Ich blicke sie an und sauge den Anblick in mich auf wie ich auch Diamonds Anblick in ihrem weinroten Vintage-Kleid mit schwarzen Highlights in mich aufgenommen habe, als sie die drei Treppenstufen in ihrer Wohnung hinabgeschritten ist. Ebenso betrachte ich nun auch grinsend Leon, Diego und Alwin, die gemeinsam so viel mehr strahlen als sie es alleine tun und dennoch noch nicht so weit sind sich dem zu stellen, das zwischen ihnen zu schweben scheint. Sie stehen noch am Anfang. Einen Anfang, den ich nur zu gut kenne.

Ich bin so in meinen Gedanken verloren, dass Diamond mich an der Schulter schütteln muss, damit ich wieder zu ihr blicke und ihr zuhöre.

„Alles okay?", fragt sie mich schmunzelnd.

Ich grinse und meine schließlich: „Alles ist perfekt."

„Hast du etwa schon vergessen, dass du durchs Abi gefallen bist?", höre ich Diego auflachen, der es zum ersten Mal seit einer ganzen Weile schafft bei uns zu stehen, natürlich nicht, ohne immer mal wieder seinen Blick Leon und Alwin zuzuwenden, die ein paar Meter entfernt beieinanderstehen und sich lachend unterhalten.

„Ihr müsst das echt mal auf die Reihe kriegen", sagt Diamond neben mir und verdreht ihre Augen, während sie zwischen meinem besten Freund und den beiden hin- und hersieht. „Ihr macht mich echt verrückt."

„Wart ihr wirklich besser?", fragt Diego uns lachend.

Darauf kann ich nur erwidern: „Er hat einen Punkt."

„Ist mir egal, ob er einen Punkt hat", spricht Diamond schmunzelnd weiter, bevor sie sich wieder Diego zuwendet. „Ihr macht euch doch nur alle drei unglücklich, Diego. Das kann doch wohl nicht wahr sein. Ich weiß, dass wir uns fast genauso dämlich angestellt haben, aber ich denke, wenn ich eines aus den letzten Monaten gelernt habe, dann, dass Gefühle zu mehr in der Lage sind als ein sterblicher Mensch zunächst glauben mag."

Diegos braune Augen scheinen glasig zu werden und er schluckt heftig, bevor er seinen Blick wieder anhebt und er auf Diamonds trifft. „Ich weiß, D und vielleicht ist es gerade das, das mir solche Angst macht."

Meine Freundin lächelt ihm aufmunternd entgegen und tritt auf meinen besten, der zugleich ihr guter, Freund ist, zu und nimmt ihn fest in die Arme, was Diego seufzend erwidert. Er schließt die Augen und scheint für einen Moment nicht mehr ganz so versteift zu sein wie noch Sekunden zuvor.



Der Abschlussball erfüllt in etwa jedes Klischee, dass ich mir hätte vorstellen können. Das heißt allerdings nicht, dass er nur auf Knutschereien, aneinanderreibende Körper und Paare, die im Dunkeln der Nacht verschwinden, beschränkt ist. Der Abschlussball ist nicht nur eine Tanzfläche oder heimlich in die Bohle geschummelter Alkohol. Der Abschlussball ist nicht nur Finns und Lexas Krönung zum Abschlussballkönigin und zur -königin, weil niemand sonst das Rampenlicht auf sich ziehen will. Der Abschlussball ist nicht nur lachende Gesichter und Mädchen, die in hohen Schuhen nicht laufen können. Der Abschlussball ist nicht nur das Bilderbuchbeispiel, das unsere Eltern und amerikanische Filme uns haben sehen lassen.

A Detention's Resolution (GER, Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt