18.

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Nico

Mitte Juni konnte ich endlich Zeit finden, mich mit Lara zu treffen. Die vergangenen Wochen waren stressig gewesen, da wir eigentlich schon auf Tour waren, ich aber, wann immer es ging, nach Hause fuhr. Ich hatte Larissa zu mir eingeladen, um ihr endlich meine Gefühle zu gestehen unter dem Vorwand, ich würde für sie kochen. Da hatte sie natürlich nicht nein gesagt, denn laut ihr konnte sie sich das nicht entgehen lassen, dass ich mal hinter dem Herd stehen würde. Ich stand also in der Küche und machte unter Anleitung meiner Mutter Ratatouille, die ich per FaceTime angerufen hatte. Das Gemüse war schon geschnitten, ich musste es also nur noch kochen lassen. Zufrieden verabschiedete ich mich von meiner Mutter und ging ins Wohnzimmer. Mit jeder Minute, die verging, wurde ich nervöser. Larissa wollte gegen 18 Uhr da sein, es war 17:56 Uhr. Ich hatte die Noten schon auf das Klavier gelegt und den Song auch schon bestimmt 10 Mal geübt, damit alles perfekt laufen würde. Da ich langsam nicht mehr abwarten konnte, setzte ich mich erneut ans Klavier und spielte ihn ein letztes Mal, dann klingelte es auch schon an der Tür. Ich atmete einmal tief durch, bevor ich in den Gang ging und den Türöffner für die Haustür drückte. Danach öffnete ich die Wohnungstür hinter der Larissa bereits mit Snoopy an der Leine stand. Wir begrüßten uns mit einer Umarmung, bevor ich sie herein ließ. "Ich hoffe du hast Hunger.", sagte ich, während ich die Tür hinter mir schloss. "Ja! Was kochst du denn schönes?", antwortete sie, zog ihre Schuhe aus und machte dann Snoopy von der Leine. Es war nicht das erste Mal, dass der Hund mit bei mir gewesen war, ich hatte auch eine kleine Schüssel in der Küche für ihn. Snoopy lief schnurstracks ins Wohnzimmer und wir folgten ihm. "Ratatouille.", beantwortete ich ihre Frage. "Oh, ich hatte ehrlich gesagt mit Nudeln mit Soße oder so was ähnlichem gerechnet, aber das hört sich sehr gut an.", kam es frech aus ihrem Mund. Ich musste grinsen, es war so typisch, dass sie mir nicht mehr als das zutraute. Gut, ich war noch nie gut im Kochen gewesen, also verübelte ich ihr das überhaupt nicht. Ehrlich gesagt hatte ich mich selber mit der Idee überrascht. 

"Wie läuft die Tour?", wollte Lara wissen, als wir schon fertig mit dem Essen waren. "Ganz gut, ich hab's so vermisst!", antwortete ich glücklich. "Das glaub ich dir! Ich kann mich gar nicht dran erinnern, wann ich das letzte Mal auf einem Konzert war.", sagte sie darauf etwas bedrückt. "Auf welchem warst du denn als letztes?", fragte ich interessiert. "Bad Bunny.", erwiderte sie, wie aus der Pistole geschossen. Ich war überrascht, weil ich eher mit so etwas wie Taylor Swift oder so gerechnet hatte. Sie hatte früher schon immer mehr Pop und Rock gehört. "Echt jetzt?", kam es deswegen verblüfft von mir. "Ja und es war der Hammer! Die Stimmung war geisteskrank!", antwortete sie aufgeregt. "Das glaub ich dir gern, aber echt jetzt? Bad Bunny?", hakte ich amüsiert nach. "Kannst du nicht glauben, dass ich Reggaeton höre?", stellte sie schmunzelnd die Gegenfrage. "Früher fandest du's dumm.", gab ich ehrlich zu. "Menschen ändern sich und seit ich feiern gehe, find ich's geil, weil man gut drauf tanzen kann.", erwiderte sie schulterzuckend. "Interessant.", kommentierte ich das Ganze. Ich fragte mich, wie mir das nicht aufgefallen sein konnte in den ganzen Monaten, in denen wir Zeit miteinander verbracht hatten. "Und dein's? Was war dein letztes Konzert, auf dem du nicht gespielt hast?", wollte sie dann wissen. Einen Moment lang musste ich überlegen und mir fiel auf, dass ich auch schon ewig auf keinem mehr gewesen war. "Ich glaube, es war Sido, aber ganz sicher bin ich mir da nicht.", entgegnete ich nachdenklich. Sie nickte und nahm dann einen Schluck von ihrem Wasser. Dieses Gespräch ließ mich wenigstens vergessen, dass ich noch etwas tun musste, aber nach einer Weile fiel es mir wieder ein. Als ich den letzten Löffel von meinem Teller aß, wurde ich wieder nervös. Ich versuchte es so gut wie möglich zu überspielen. "Setz du dich schon mal auf die Couch, ich werd den Tisch abräumen.", sagte ich zu ihr, als sie ebenfalls aufgegessen hatte. "Nein, ich werd dir helfen!", bot sie an. "Lara, du bist hier heute Gast und wirst keinen Finger rühren.", entgegnete ich sträng, woraufhin sie langsam nickte, aufstand und ins Wohnzimmer ging. 

Etwa 10 Minuten später hatte ich die Spülmaschine eingeräumt und wischte gerade den kleinen Tisch in meiner Küche ab. Ich zögerte alles etwas hinaus, weil ich absolut Schiss davor hatte, in mein Wohnzimmer zu gehen. Mit zittrigen Händen wusch ich den Lappen aus, nahm mir ein kleines Glas aus dem Hängeschrank und holte einen Likör aus dem Kühlschrank. Das brauchte ich jetzt für meine Nerven, sonst hätte ich wahrscheinlich wieder den Schwanz eingezogen. Schon komisch, ich konnte vor tausenden Menschen ein Konzert spielen, ohne großartig nervös zu sein, aber wenn ich Lara privat etwas vorspielen sollte, bekam ich fast einen Herzinfarkt. Als ich den Shot getrunken hatte, goss ich mir noch einen ein, kippte den auch direkt hinterher, stellte das kleine Glas auf die Küchenzeile und ging dann ins Wohnzimmer. Lara lächelte mich an und ich erwiderte es unsicher. "Also, ich wollte dir eigentlich auch noch was zeigen", teilte ich ihr mit, während ich auf das Klavier zuging, "hör bitte vor allem auf den Text.", fügte ich hinzu, als ich mich auf den Stuhl davor setzte. Ich sah ihre Reaktion nicht, aber das war vielleicht auch gut so, es hätte mich nur noch nervöser gemacht. Bevor ich anfing zu spielen, sprach ich mir innerlich Mut zu und atmete einmal kurz durch. Während der ersten paar Noten zitterten meine Hände noch etwas, das legte sich allerdings, als ich anfing zu singen. Die ganze Zeit über sah ich auf meine Finger, weil ich Lara einfach nicht ansehen konnte. Je länger ich sang, desto selbstsicherer wurde ich und das hörte man sicher auch, denn am Anfang hatte meine Stimme ein wenig gezittert. Als ich meine Hände vom Klavier nahm, kam die Nervosität zurück und ich traute mich ehrlich gesagt nicht, mich zu Larissa umzudrehen. Ich atmete einmal tief durch, bevor ich mich ihr zuwandte. Sie starrte mich mit einem komischen Geschichtsausdruck an, es war eine Mischung aus Überraschung, Schock und Grübeln, so wirklich beschreiben konnte ich es nicht. "Wow, das war wirklich schön.", fing sie langsam an. Ich bedankte mich bei ihr mit zittriger Stimme. "Ich weiß ehrlich gesagt nicht so wirklich, was ich sonst noch sagen soll.", sagte sie daraufhin etwas überfordert. Es machte mich wahnsinnig, dass ich ihre Reaktion nicht wirklich deuten konnte. "Lara, ich wollte dir das jetzt schon länger sagen, wusste aber nie wirklich wie.", stotterte ich vor mich hin und sah sie dabei eindringlich an. Es schien ihr wie Schuppen von den Augen zu fallen, als sie es realisierte und ihr Gesichtsausdruck veränderte sich sofort, zu einem glücklichen. Gott sei Dank keine Wut oder Entsetzen, aber die Tatsache, dass sie nichts darauf sagte, verunsicherte mich extrem. Ich betete innerlich, dass sie wenigstens weiterhin mit mir befreundet bleiben wollen würde. 

Like I Love You. (Nico Santos)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt