✨17 - Montag✨

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Damians Sicht
Der alte Schulbus ruckelt tuckernd los und ich muss mal wieder aufpassen, dass mein Kopf nicht an die Decke schlägt, wenn wir über ein Schlagloch brettern. Ich sitze nämlich auf meinem Stammplatz, ganz hinten, wo die Sitze besonders nah unter der Decke sind und sehe den dunklen Schopf unserer neuen Mitschülerin von hinten, denn sie hat sich etwa fünf Plätze vor mir niedergelassen.

Sonnenlicht fällt durch das von Kinderfingern beschmierte Busfenster auf ihr Haar und selbst von Weitem sehe ich den goldbraunen Schimmer, der von ihrem glatten Haar ausgeht. Glattes Haar ist so unglaublich wunderschön, vor allem, weil es so glänzt. Meine Locken brauchen jeden Morgen extra viel Feuchtigkeit, bis sie überhaupt erstmal gesund aussehen. Ich verdrehe die Augen. Nur selten stehe ich zufrieden mit meinen Haaren auf und schmiere mir keine Lockenpflege rein, wie es mir Daddy beigebracht hat.

Die Locken habe ich nämlich von ihm, auch wenn man es bei seinem Kurzen Haarschnitt kaum sieht. Ich hätte lieber Dads Arschglattes Haar geerbt. Denn ansonsten habe ich ja alles von ihm. Ich puste mir eine besagte, dunkle Locke aus der Stirn, um auf andere Gedanken zu kommen. Wo die Neue wohl aussteigen wird?Mich interessiert brennend, wo sie wohnt.

Bestimmt bei diesen hübschen Altbauten, beim Park mit dem großen Ententeich, wo die meisten aus diesem Bus immer aussteigen. Dort wohnen die wohlhabenden Familien. Ob sie wohl reiche Eltern hat? Vorstellen könnte ich mir das gut. Wie gern hätte ich eine dieser riesigen, alten Villen mal betreten. Wobei mittlerweile auch einige gewöhnliche Einfamilienhäuser dazwischen gequetscht wurden, in denen sie ebenfalls wohnen könnte.

Nach und nach leeren sich die Sitze um uns herum, mit jeder Station werden es weniger Leute. In meinen Ohren ballert etwas von Trick Trick, während ich abwechselnd die Landschaft und den hübschen Hinterkopf der Neuen bewundere. Langsam wird sie doch mal aussteigen müssen...? Mein Bein wippt im Takt des Liedes mit und weil fast niemand mehr im Bus ist, lipsynche ich sogar lautlos den Text mit.

Noch drei Stationen, bis ich selbst aussteigen muss. Der Ententeich und die Villen liegen schon lange hinter uns. Sie wird doch wohl nicht weiter fahren als ich? Noch zwei Haltestellen. Noch eine. Sie wird wohl weiterfahren. Schade, dann weiß ich gar nicht, wo sie aussteigt. Ich drücke die rote Stoptaste. Der Bus hält. Ich stehe auf und schultere meinen Schulrucksack, natürlich beidseitig, für den Coolness-Faktor. Denn einseitig tragen nur 0815-Luschen ihre Rucksäcke. Echte Männer tragen ihre Rucksäcke wie vorgesehen.

Zu meiner Überraschung sehe ich, dass die Neue sich ebenfalls erhebt und vor mir durch die Tür des Busses ins Freie tritt. Ich schlage mir fast gegen die Stirn, das hier ist ja auch die Endhaltestelle, ich Dummkopf! Aber wo will sie denn hier bitte wohnen? Außer dem Jugendheim ist hier doch weit und breit erstmal nichts, außer zwei etwas älteren Häusern, die aussehen, als würden sie bald zusammenkrachen. Heißt das etwa...

»Hey du!«, ich eile ihr ganz spontan hinterher. Sie wendet sich mit überraschtem Blick zu mir um. Doch im nächsten Moment kehren die Gewitterwolken in ihre Miene zurück. »Was willst du?«, ihre Stimme klingt nicht gerade erfreut. »Wohnst du etwa da in diesem Wohnheim?«, frage ich sie interessiert und deute auf das große Gelände.

Judys Sicht
Ist der wirklich so blöd oder tut er nur so? Er weiß doch ganz genau, dass ich hier wohne! Schließlich hat er mich ja in der Bibliothek gesehen und mir sogar einen Zettel geschrieben! Und im Saal beim Essen hat er mich bestimmt auch schon gesehen. »Ja.«, gebe ich bissig zurück, obwohl ich am liebsten weggelaufen wäre.

»Oh, was ein Zufall. Ich bin da sowas wie der Hausmeister.«, sagt er stolz. Ich muss fast lachen. Er? Ein Hausmeister? Putzfrau passt wohl eher! »Das weiß ich.«, rutscht es mir aus versehen heraus. Ich hätte mich lieber zurückhalten sollen, denn eigentlich habe ich gar keine Lust, mit ihm zu reden. Jetzt guckt er überrascht, ist der etwa völlig bescheuert? Der will mich doch für blöd verkaufen!

Hate Trans, Love TranceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt