✨52 - Samstag✨

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Damians Sicht
»Was geht denn hier ab?«, frage ich verwirrt in diese seltsame Menschenansammlung hinein. »Wir wolln ein Trinkspiel spieln!«, lallt mein bester Freund mir todesbesoffen entgegen und ich stelle fest, dass ich ihn jetzt in dieser Situation wohl eher nicht nach dem Foto aus dem Arbeitszimmer fragen kann. Zum einen, weil er gerade sowieso nicht weiß, wo links und rechts ist und zum anderen, weil der Junge von dem Foto direkt neben mir steht. »Spiel doch auch mit, Dammy! Biiitte!«, fleht Corby mit einem missglückten Hundeblick und stolpert auf mich zu. Ich fange ihn unbeholfen auf und ächze: »Na gut, meinetwegen. Aber nur, um aufzupassen, dass du nicht den Boden vollkotzt, den wir wohl angemerkt dann morgen putzen dürfen!« Ich lege mir seinen ungewohnt schlappen Arm über die Schultern und schleppe ihn nach drinnen ins Warme, während uns die anderen im Gänsemarsch folgen. »Du alter Spaßverderber. Du musst bestimmt auch noch kotzen heute.«, mault er mir ins Ohr. Ich antworte darauf nichts, sondern konzentriere mich darauf, dass er nicht hinfällt. Die anderen schieben uns in die Richtung der Küche, wo bereits einige Shotgläser, ein roter Würfel, eine Brille und ein Hut auf dem Boden bereitliegen. Ich weiß natürlich sofort, was mir blüht. »Frau Horst!«, jubelt Corby und ich stöhne, deutlich weniger begeistert. »Ich hasse dieses Trinkspiel.«, nuschle ich genervt.

Judys Sicht
Im Wohnzimmer tanzen noch immer alle ausgelassen, aber in Corbys Küche angekommen, ist es vergleichsweise recht ruhig, bis auf den Lärm von nebenan natürlich. Damian und Corby lassen sich neben den kleinen Gläsern, die im Kreis auf dem Küchenboden aufgestellt sind, auf die dunklen Fliesen plumpsen. Daisy setzt sich natürlich gleich direkt neben ihren Damian, den sie so sehr vergöttert, war ja klar. Mich wundert jedoch, dass Damian darüber wenig begeistert scheint. Sie ist doch seine Freundin, er soll sich mal nicht so anstellen! Sie sind schließlich zusammen. Muss mir ja jetzt nicht gefallen... aber ihm ja wohl schon, wenn sie ein Paar sind! Ich schüttle den Kopf. Cloe klebt natürlich wiederum an ihrer besten Freundin, weshalb im Kreis also nur noch Platz zwischen Corby und Cloe für Jasper und mich übrig ist. Wir setzen uns schließlich ebenfalls dazu und schließen somit den Kreis der etwas zusammengewürfelt wirkenden Zusammenkunft. Daisy holt noch zwei Shotgläser für Corby und Damian dazu, die ja ursprünglich nicht eingeplant gewesen waren.

»Wisst ihr alle, wie Frau Horst gespielt wird?« Damian und Corby bejahen, Jasper und ich schütteln beide die Köpfe. »Dann erklär ich es euch kurz. Es ist auch nicht schwer.«, behauptet Cloe, während sie die Gläser mit klarem Alkohol befüllt, ich tippe auf Wodka, auch wenn ich mich da nicht so auskenne. Auf der dicken Glasflasche ist unter dem Schriftzug Grasovka ein Bison abgebildet. Ich habe solch einen Wodka schon öfters mal gesehen, doch nie auch nur irgendwas darüber erfahren. Heute wird wohl meine Zunge Bekanntschaft mit dem klaren Zeug machen, ob's mir gefällt oder nicht. »Es ist ein Würfelspiel.«, setzt Cloe zur Erklärung an. »Für jede Zahl die fällt, gibt es eine zugeordnete Aufgabe.«, sie wechselt vielsagende Blicke mit Daisy, die niemand so recht deuten kann—Obwohl... Damian verdreht die Augen. Stimmt, er kennt ja das Spiel. »Würfelt man eine Eins oder Zwei, muss man sein eigenes Shotglas leeren. Bei einer Drei wird die Brille aufgesetzt.« Das klingt erstmal nicht so schlimm. Warum dann diese Blicke zwischen den Mädchen und das Augenverdrehen von Dam? Daisy knüpft an das Gesagte an und führt die Erklärung fort, während sie sich dabei vorbeugt, als würde sie uns etwas ganz geheimes verraten.

»Bei der Vier muss der Spieler rechts von einem und bei einer Fünf der Spieler links von einem sein Gläschen leeren. Wer die Sechs hat, hat die Arschkarte. Der muss zwei mal shotten.« Sie lacht. Damians Blick trifft meinen. Ich muss schmunzeln. Es ist nur ein kurzer Blickkontakt, doch ich habe genau verstanden, was er gedacht hat. Was soll das hier nur werden? Genau das gleiche frage ich mich nämlich auch. »Und wozu ist dann der Hut?«, fragt Jasper plötzlich interessiert von der Seite, als ihr Lachen verklungen ist. Überrascht grinse ich, da hat wohl jemand Lust auf dieses Spiel! »Wer eine Sechs gewürfelt hat, wird nach den zwei Shots zu Frau Horst und darf die Regel für die Eins ändern. Wer dann eine Eins würfelt, muss die von Frau Horst neu festgelegte Regel befolgen.«, antwortet Daisy ihm. Jasper sieht zurzeit noch etwas überfordert aus und auch ich habe mir nur die Hälfte gemerkt. »Es klingt komplizierter als es ist, lasst uns einfach anfangen!«, sagt Cloe enthusiastisch und nimmt den roten Würfel zur Hand. Sie schüttelt ihn zwischen ihren Fingern, deren Nägel mit blauem Nagellack lackiert sind. Sie wirft ihn mit Schwung in die Mitte und der Würfel kullert eine leichte Kurve. Als er liegen bleibt, sehen wir deutlich die Zahl Fünf auf der oberen Seite aufblitzen. Ich habe mir nicht gemerkt, was bei dieser Zahl passiert, doch Jasper anscheinend schon. Er stößt mich in die Seite und sagt: »Na los, runter damit! Du musst shotten!« Ach, genau... Ich sitze ja links von Cloe. Alle sehen mich erwartungsvoll an und ich greife zum etwa daumenhoch gefüllten Gläschen.

Auch Damian sieht mich unverwandt an und ich weiß nicht so recht, ob es Besorgnis ist, was ich aus seinen Augen lese. Vielleicht bilde ich mir das aber auch nur ein. Schon beim Ansetzen an meinen Mund steigt mir der beißende Geruch des Alkohols stechend in die Nase. Ich kneife meine Augen zu, zähle innerlich bis drei und kippe das Zeug meine Kehle hinunter. Wie befürchtet brennt es schrecklich im Hals, doch die Spirituose schmeckt überraschend süßlich. »Oh wow!«, staune ich und räuspere mich. In meinem Bauch wird es ganz warm, ob das normal ist? Auch mein Hals, der eben noch brannte, scheint nun zu glühen. Die anderen schmunzeln oder lachen kurz, dann schiebt mir Cloe den Würfel zu. »Jetzt du!« Ich nicke und nehme das kleine rote Ding selbst in die Hand, während meine Zunge noch immer kribbelt. Ich lasse das Schütteln weg und werfe den Würfel einfach sofort in die Mitte. Vielleicht hätte ich doch schütteln sollen, denn es ist wieder eine Fünf und bevor ich Jasper mitteilen kann, was ihm blüht, hat er seinen Shot schon längst vernichtet. »Jasper!«, mir bleibt der Mund offen stehen. »Der hat das Spiel verstanden!«, lallt Corby neben ihm.

»Ich bin dran! Gib schon her!« Ich gebe ihm völlig perplex den Würfel. Ich weiß noch nicht so recht, ob es mir gefällt, wie engagiert er hier mitmacht. Er schüttelt den Würfel kräftig und wirft. Der Würfel rollt bis zu Damians Knie, bleibt aber liegen und zeigt deutlich drei Augen. Warum nur brauche ich einige Sekunden, um meine Augen von seinem verdammten Knie zu lösen? Es ist doch nur ein Knie, Judy. Es ist nicht einmal nackt, krieg dich wieder ein! »Her mit der Brille!«, lacht Jasper, lässt sich das bunte Teil von Daisy reichen und setzt sie sich auf die Nase. »Sehr stylisch.«, sage ich und muss lachen. Jasper mit einer schnellen Brille ist einfach ein sehenswürdiges Ereignis. Der Würfel wandert weiter zu Corby, der eine Vier würfelt. Das ist schon Jaspers zweiter Shot! Ich zittere, warum ist er auf einmal so selbstsicher? Damian ist nun an der Reihe. Er muss selbst sein Gläschen leeren, ebenso wie Daisy danach. Doch bei Damian sieht es im Vergleich verboten sexy aus, als er den Shot in einem Schluck hinunterkippt, sodass mein Bauch sich auch ohne Alkohol ganz warm anfühlt. Cloe würfelt nach ihrer Freundin eine Drei, weshalb die Sonnenbrille von Jaspers Nase auf ihre wandert. Mein Herz pocht wie wild. Noch ist nicht viel passiert, noch sind alle außer Corby halbwegs nüchtern. Noch ist keine neue Regel festgelegt worden. Noch.

Hate Trans, Love TranceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt